Название | Die Halskette von Worms |
---|---|
Автор произведения | Franziska Franke |
Жанр | Языкознание |
Серия | Krimi |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783958132290 |
»Ich bin tatsächlich nicht der Einzige, der um diese Zeit noch arbeitet«, staunte mein Bruder.
Der Fleiß des Schmiedes hatte sich ausgezahlt, denn sein Haus strahlte Wohlstand und Ordnung aus. Während wir das Nachbarhaus passierten, bemerkte ich eine alte Frau, die aus dem Fenster gelehnt die Straße observierte. Ich ignorierte sie, hatte aber weiterhin das Gefühl, dass sich ihre dunklen, boshaften Augen in meinen Rücken bohrten.
Die Wände des geräumigen Ladens waren mit Regalen bedeckt, auf denen Werkzeuge, Messer und Beschläge aus Eisen gestapelt waren. Als wir eintraten, ging ein junger Bursche mit einem mürrischen Gesicht auf uns zu, der einen bäurischen Eindruck machte.
»Geht es um eine Reparatur?«, fragte er, wobei er seine Stimme heben musste, um das laute Hämmern aus dem Hof zu übertönen und starrte den Hund feindselig an. Auch mein Blick wanderte zu Ariovist, doch das träge Tier gab keinen Mucks von sich.
»Er beißt nicht«, versicherte ich, reichte Lucius mit einem entschuldigenden Lächeln die Leine und trat an ein Regalbrett heran.
»Ich hätte gern Möbelbeschläge mit der Büste des Weingottes Bacchus«, behauptete ich, da ich nichts dergleichen in den Auslagen sah.
»Spezialanfertigungen müssen Sie mit dem Meister besprechen«, entgegnete der Gehilfe und bedeutete uns, ihm zu folgen.
Wir durchschritten einen Lagerraum, dann einen Flur, hinter dem ein weiter Innenhof lag, in dem sich die Werkstatt befand. Als wir wieder ins Freie traten schlug mir ein beißender Holzkohlegeruch entgegen, der mir Tränen in die Augen trieb. Jetzt wusste ich endlich, warum es in den hinteren Räumen von Julia Marcellas Villa so schlecht roch und warum sie die Dienstboten dort untergebracht hatte.
Ein blonder junger Mann stand am Amboss und bearbeitete ein Werkstück. Er war nur wenig größer als ich, aber sehr viel stämmiger. Von seiner Arbeit hatte er muskelbepackte Arme und Schultern. Sein enormer Bauch hingegen war jedoch sicher auch einem gesunden Hunger und Durst geschuldet. Seine Füße steckten in ausgetretenen Sandalen und seine schwere Lederschürze war vom Ruß geschwärzt und mit Brandflecken übersäht. Ein Stirnband verhinderte, dass ihm der Schweiß in die Augen lief. Neben dem Amboss stand ein Ledereimer, in dem der Schmied die glühenden Werkstücke zum Abkühlen warf.
Offenbar war der junge Hüne nicht der Meister, an den der Gehilfe uns weiterreichen wollte, denn er blickte sich suchend im Innenhof um.
»Meinem Vater geht es nicht gut. Er hat sich hingelegt. Du wirst wohl mit mir vorliebnehmen müssen«, sagte der junge Schmied, der inzwischen seine Arbeit unterbrochen und den schweren Hammer an den Amboss gelehnt hatte. Gemächlich wischte der Handwerker seine Hände an der Schürze ab und verschränkte die Arme vor der muskulösen Brust.
»Er sucht Beschläge mit Bacchusdarstellungen«, verkündete der Geselle und kehrte sogleich in den Laden zurück, doch nicht ohne Ariovist einen letzten grimmigen Blick zugeworfen zu haben. Der Hund jedoch schaute treuherzig zurück und begann auch noch, mit dem Schwanz zu wedeln.
»Mir sind im Verkaufsraum die schönen Möbelbeschläge aufgefallen. Ich könnte mir gut vorstellen, meine Kleinen im Speisesaal damit zu verzieren«, sagte ich und räusperte mich. »Aber eigentlich bin ich gekommen, um mit Aulus Calpurnius zu sprechen. Er wohnt doch bei euch?«, fragte ich dann betont beiläufig.
Nicht ein Muskel regte sich im Gesicht meines Gesprächspartners. Unmöglich zu sagen, ob er sich ärgerte, dass wir keine Kunden waren.
»Du kommst zu spät. Er und seine Gattin sind vor einigen Stunden abgereist«, brummte er. Die Art wie er das Wort Gattin dehnte zeigte, dass er bezweifelte, dass die beiden verheiratet waren.
»Wie bedauerlich!«, entfuhr es mir verärgert. Mühsam unterdrückte ich einen schrofferen Ausdruck. »Du weißt nicht zufällig, wohin die beiden aufgebrochen sind?«
Höchstwahrscheinlich nach Agrippina meldete sich eine nagende Stimme in mir. Verzweifelt klammerte ich meine ganze Hoffnung an den dünnen Strohhalm, dass ich mich irrte.
Vom Nachbarhaus her klangen das Quietschen einer rostigen Türangel und das Summen einer jungen Frau, die im Freien arbeitete. Ansonsten machte sich bereits abendliche Ruhe in der Straße breit. Der Schmied blickte finster auf das Werkstück auf seinem Amboss, bevor er meine Frage beantwortete. Es war unübersehbar, dass er das Gespräch möglichst schnell beenden wollte, um seine Arbeit fortzusetzen.
»Das weiß ich nicht und um ehrlich zu sein, interessiert es mich auch nicht besonders.«
Er schien sich keine großen Gedanken über die Gäste seines Vaters gemacht zu haben und zeigte keinerlei Bereitschaft, mir zu helfen.
»Aber du hast mit ihnen unter einem Dach gewohnt. Hast du wirklich nicht mitbekommen, was sie vorhatten?«, hakte ich nach, denn womöglich empfing der kranke Werkstattinhaber an diesem Tag keinen Besuch.
»Keine Ahnung! Ich habe kaum mit ihnen gesprochen. Lucretia Calpurnia hat die meiste Zeit in ihrem Zimmer verbracht. Das war auch besser so, denn unser Gehilfe hat sie unentwegt angestarrt. Sie ist der Typ Frau, der überall nur für Ärger sorgt.«
Ich nickte mitfühlend, denn der Handwerker sprach aus, was auch ich mir bereits gedacht hatte.
»Mit ihrem Mann hat mein Vater Wein getrunken und gewürfelt. Aber mir gegenüber war Aulus Calpurnius äußerst reserviert.«
»Hattest du den Eindruck, dass es die beiden eilig hatten, die Stadt zu verlassen?«
»Nicht eilig genug, für meinen Geschmack«, antwortete der junge Schmied. Bevor ich etwas entgegnen konnte, trat er einen Schritt zurück. Sein Rücken war angespannt, sein Atem flach und auf seinem eben noch gleichmütigen Gesicht breitete sich Misstrauen aus.
»Mit wem habe ich eigentlich das Vergnügen? Ihr habt mir nicht einmal euren Namen genannt. Und warum habt ihr diesen Hund mitgebracht?«
»Mein Name ist Marcus Terentius und das ist mein Bruder Lucius. Wir sind Freunde von Julia Marcella«, stellte ich uns vor, ohne die Frage nach dem Hund zu beantworten.
Die hellen Augen unseres Gesprächspartners weiteten sich, als wären unsere Namen ein Schock für ihn.
»Du kennst doch bestimmt Julia Marcella? Schließlich ist sie eure Nachbarin«, half ich seinem Gedächtnis auf die Sprünge.
»In der Tat!«, bestätigte unser Gesprächspartner überraschend heftig. »Es spricht nicht gerade für dich, dass du mit dieser verwöhnten Person befreundet bist. Wahrscheinlich beschäftigt sie Nagelpfleger, Bademeister, Fliegenfänger und Parfummischer. Doch, wenn es um die Belange anderer geht, hat sie taube Ohren. Seit Jahren will mein Vater das für sie völlig nutzlose Brachland hinter der Villa kaufen, um unser Geschäft zu erweitern. Aber ….«
»Das Land gehört Julia Marcella?«, unterbrach ich verblüfft, denn das war mir neu.
»Ja, leider. Als es meinem Vater endlich gelungen war, Probus Marcellus umzustimmen verstarb er kurz darauf. Nun weigert sich seine Witwe, mit mir auch nur zu verhandeln. Die feine Dame fühlt sich nämlich durch den Lärm unserer Werkstatt belästigt.« Und durch die Brandgefahr, die von einer Schmiede ausgeht, ergänzte ich in Gedanken. Unwillkürlich stieg in mir das Bild der alten Frau auf, die uns so missmutig angestarrt hatte. Es hatte den Anschein, als ob der Handwerker mit sämtlichen Nachbarn verfeindet war.
»Das ist bitter«, kommentierte mein Bruder sarkastisch.
»Aber du hast mir noch nicht erzählt, was du mit Julia Marcella zu schaffen hast«, nahm der Handwerker den Gesprächsfaden wieder auf.
Mit fiel keine Ausrede ein. Daher rang ich mich schweren Herzens durch, die Wahrheit zu erzählen.
»Aulus Calpurnius und seine Gattin haben Julia Marcellas Villa besichtigt. Als sie gegangen waren, vermisste die Bankierswitwe ein wertvolles Schmuckstück und ich versuche, es wieder zu besorgen.«
»Warum hat Julia Marcella ausgerechnet dich mit dieser Aufgabe betraut?«
Die