Die Pest der Korruption. Kent Heckenlively

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Название Die Pest der Korruption
Автор произведения Kent Heckenlively
Жанр Эзотерика
Серия
Издательство Эзотерика
Год выпуска 0
isbn 9783962571900



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oder denen meines Forschungsteams zurückerhalten.

      Wenn ich eine Kriminelle bin, warum ist dann niemals Anklage gegen mich erhoben worden? Ich bin nicht vorbestraft. Und warum war es mir in all den Jahren seit meiner fälschlichen Verhaftung und Inhaftierung nicht möglich, auch nur einen einzigen Tag vor einem Gericht zu stehen mit einem Richter und einer Jury, die meinen Aussagen zuhören, obwohl ich niemals den Versuch aufgegeben habe, ein mir rechtmäßig zustehendes Gerichtsverfahren zu bekommen?

      * * *

      Im September 2013 hielt Dr. Ian Lipkin, der Mann, der im Jahr zuvor angeblich unsere Forschungsergebnisse über einen Zusammenhang eines Retrovirus mit ME/CFS widerlegt hatte, eine ungewöhnliche öffentliche Telefonkonferenz ab. Er hatte zusammen mit Dr. José Montoya von der Stanford University weitere Forschungen durchgeführt. Montoya hatte eine Patientenkohorte untersucht, die derjenigen sehr ähnlich war, die wir für die Veröffentlichung in Science genutzt hatten (genau die Kohorte, die von Tony Fauci, dem Leiter des National Institute for Allergy and Infectious Diseases aus der Multicenter-Studie von 2012 ausgeschlossen worden war). Lipkin sagte nun:

      „Wir haben in 85 Prozent der Proben Retroviren gefunden. Nochmals, es ist zu diesem Zeitpunkt sehr schwierig zu sagen, ob dies klinisch signifikant ist oder nicht. Und angesichts der früheren Erfahrungen mit Retroviren bei chronischer Erschöpfung möchte ich Ihnen ganz klar sagen, dass, obwohl ich sage, dass diese in Professor Montoyas Proben vorhanden waren, weder er noch wir zu dem Schluss gekommen sind, dass es einen Zusammenhang mit irgendeiner Krankheit gibt.“11

      Verstanden? Obwohl er in 85 Prozent der Proben der kranken Patienten Retroviren gefunden hatte und in nur 6 Prozent der Kontrollpersonen, kann er nicht entscheiden, ob das irgendeine Bedeutung hat. Und noch schockierender – sie machten auch keine weiteren Untersuchungen.

      Das ist der Alptraum der zensierten und „gefährlichen“ Wissenschaft heute. Es gibt keine Daten, weil geeignete Studien verboten und zensiert werden.

      * * *

      Bevor ich zu weit in diese Geschichte einsteige, muss ich ein wenig Zeit dafür verwenden, etwas über meinen langjährigen Kollegen Frank Ruscetti zu sagen. Alles, was ich als Wissenschaftlerin bin, habe ich ihm zu verdanken.

      Ich vergleiche unsere beiden Persönlichkeiten immer mit Thomas Jefferson und Alexander Hamilton. Diese beiden Männer wurden als Doppelstränge der Charakter-DNA Amerikas bezeichnet. Jefferson glaubte an eine dezentralisierte Regierung, um die Freiheit zu garantieren, während Hamilton an eine starke Zentralregierung glaubte, um Chaos zu vermeiden. Jefferson scherte sich nicht um Kritik. Hamilton reagierte mit leicht zu provozierendem Temperament auf Kritik, was erklärt, warum er 1804 in einem Ehrenduell mit Jeffersons Vizepräsident Aaron Burr starb.

      Ich identifiziere mich eher mit Jefferson, weil ich zahlreiche Zentren zur Überprüfung einer Sache für nötig halte, heftige Debatten liebe und es mir nichts ausmacht, wenn jemand mich oder meine Vorstellungen kritisiert. Frank ist mehr wie Hamilton und glaubt, dass die Wissenschaft mit einer geschlossenen Stimme sprechen muss, und er bebt vor Empörung, wenn er sich unfair kritisiert fühlt.

      Das liegt vielleicht daran, dass ich eine Frau bin, die vom Netzwerk der herrschenden alten Männer in der Wissenschaft, den good ol’ boys, immer abqualifiziert wurde. Die meisten dieser Herren imponieren mir nicht besonders. So wird es Frank beispielsweise etwas ausmachen, was John Coffin über ihn denkt, obwohl Frank seit fast 40 Jahren bewiesen hat, dass Coffin in so wichtigen Fragen wie der Existenz humaner Retroviren unrecht hatte. (Ja, HIV-AIDS ist ein Retrovirus und hat mehr als 39 Millionen Menschen umgebracht!) Wenn ich mir John Coffin ansehe, erkenne ich einfach einen arroganten Frauenhasser.

      Obwohl Jefferson und Hamilton oft unterschiedliche Ansichten über eine Sache hatten, respektierte Jefferson Hamilton. In Monticello [Jeffersons Landgut] stellte Jefferson zwei Büsten von sich und Hamilton auf, die einander ansehen, als ob sie erkennen würden, dass ihre zwei Standpunkte den wesentlichen Dialog dieses neuen Landes für die nächsten Jahrhunderte begründen würden. Jefferson sprach später von Hamilton als einem „außergewöhnlichen Charakter“, der einen „scharfen Verstand“ besaß und „uneigennützig, ehrlich und ehrenwert“ war. All das und noch mehr könnte ich über Frank sagen.

      Es ist wahrscheinlich nicht überraschend, dass Franks Lieblingsmusical Hamilton ist und er gerne die Liedtexte zitiert: „Wer lebt? Wer stirbt? Wer erzählt deine Geschichte?“

      Ich komme mehr nach Jefferson, und das liegt nicht nur daran, dass ich mein Grundstudium an der University of Virginia absolviert habe, die von Jefferson gegründet wurde. Die drei Leistungen, für die Jefferson in Erinnerung bleiben wollte und die auf seinem Grabstein aufgezählt werden sollten, waren „Verfasser der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten, des Gesetzes zur Religionsfreiheit von Virginia & Gründungsvater der University of Virginia“. Unabhängigkeit, Freiheit und das Streben nach Wissen. Das beschreibt mich in etwa.

      Ich glaube, es wäre richtig, mich mehr als eine Revolutionärin und Frank mehr als einen Konservativen zu beschreiben. Aber die Wirklichkeit ist komplexer als diese Bezeichnungen. Auch wenn ich revolutionär sein mag, so erkenne ich doch die Notwendigkeit von Stabilität. Und während Frank mehr konservativ sein mag, erkennt er die Notwendigkeit von Veränderung. Wir mögen oft von verschiedenen Standpunkten ausgehen, aber nach einer ordentlichen Debatte können wir uns normalerweise auf eine vernünftige Vorgehensweise einigen.

      Aber im derzeitigen dunklen Zeitalter der Wissenschaft werden sowohl der Revolutionär als auch der Konservative verbannt. Der Revolutionär wird für seine neuen Ideen niedergeschrien, und wenn der Konservative nach den Beweisen fragt, die eine bestehende Vorgehensweise stützen, dann wird beiden gesagt, dass das Thema bereits erledigt ist. Hört auf, Fragen zu stellen! Anstelle der Revolutionäre und der Konservativen haben wir jetzt in der Wissenschaft Lügner, Söldner und Feiglinge.

      Die Wissenschaft kann ehrliche Streitigkeiten zwischen Forschern mit Integrität und Intelligenz überstehen, aber diese gegenwärtige Pest der Korruption kann sie nicht überleben.

      * * *

      Keiner meiner früheren Kollegen ruft mich an und fragt mich, ob ich bei seiner Forschung mitarbeiten möchte. Keine Hochschule oder Universität bietet mir eine Lehrtätigkeit an. Stattdessen bin ich damit gesegnet, mit meinem langjährigen Kollegen Frank in einer kleinen Beratungspraxis zu arbeiten und oft über diese Probleme zu streiten. Wir machen dort das, was wir in den vergangenen fünfunddreißig Jahren getan haben: Wir versuchen, Krankheitsprozesse zu verstehen und herauszufinden, wie man das unnötige Leiden von so vielen Menschen beenden könnte.

      In Bernard Malamuds klassischer Baseball-Novelle The Natural wird dem Helden gesagt: „Wir haben zwei Leben, Roy, das Leben, mit dem wir lernen, und das Leben, das wir danach leben.“ Man kann sagen, das Leben, mit dem ich gelernt habe, ist die Geschichte, die Kent und ich in Die Pest erzählt haben. Das Buch, das Sie jetzt lesen, handelt von dem Leben, das ich danach lebte, als wir entdeckten, dass die Korruption in vielen Bereichen der Wissenschaft weit verbreitet ist, aber auch realisierten, dass es Anlass zu großer Hoffnung gibt.

      Was wie ein Ende aussieht, ist beinahe immer in irgendeiner Weise ein neuer Anfang.

      Ich bin als Proteinchemikerin am 10. Juni 1980 in den Wissenschaftsbetrieb eingestiegen, habe am National Cancer Institute gearbeitet, um Interferon zu purifizieren, was zu dieser Zeit ein revolutionäres Mittel zur Krebsbehandlung war. Frank, mein späterer Mentor am National Cancer Institute, war Teil des Teams, welches das erste humane Retrovirus HTLV-1 (Humanes T-Zell-Leukämie-Virus 1) entdeckte. Wir waren gut darauf vorbereitet, die HIV-AIDS-Epidemie zu bekämpfen, die sich anbahnte. Ich erinnere mich, dass ich Mitte der 1980er-Jahre am National Cancer Institute arbeitete und durch Massen von zornigen AIDS-Aktivisten lief, die laut schrien, wir würden nicht genug tun, um ihre Krankheit zu heilen.

      Im Jahr 1991 verteidigte ich meine Doktorarbeit über das Thema, wie HIV sich wie ein Trojanisches Pferd vor dem Immunsystem verbirgt und wie man mit gezielten Medikamenten diese tödliche Krankheit in eine behandelbare verwandeln könnte. Eine Woche vor meiner Disputation wurde der Profi-Basketballer Magic Johnson positiv auf HIV getestet.

      Mein