Leuchtturm Geburtstag und andere Märchen. Wladimir Polenow

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Название Leuchtturm Geburtstag und andere Märchen
Автор произведения Wladimir Polenow
Жанр Учебная литература
Серия
Издательство Учебная литература
Год выпуска 0
isbn 9783347168930



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ich muss es meinem Parlamentsabgeordneten ermöglichen, dringend eine Verbindung mit dem Minister zu kriegen“.

      Und das Grüne Telefon in London verabschiedete sich eilends und schaltete sich darauf aus.

      Das Große Rote Telefon wurde infolge dessen noch mehr deprimiert, beschloss dennoch, zum dritten Mal sein Glück zu versuchen, und wählte die Nummer des Schwarzen Telefons in New York an.

      Dieses aber reagierte nicht sofort, weil es gleichzeitig Anrufe von mehreren Nummern zu beantworten hatte, die mit ihm verbunden waren.

      „Hör mal bitte, - fing das Rote Telefon das Gespräch vorsichtig an. – Es ist ja gar nicht so leicht, Dich telefonisch zu erreichen. Ich bin aber sehr froh, dass es mir jedoch gelungen ist. Denn wir, Telefone, unterhalten uns miteinander so selten im Unterschied zu Menschen… Ist alles gut bei Dir? Wie steht es mit Deiner Gesundheit?“

      „Vielen Dank. Alles ist bestens bei mir, - erwiderte das Schwarze Telefon in New York hastig, - sei unbesorgt. Ich bin gesund und munter und wünsche Dir dasselbe. Leider kann ich im Augenblick mit Dir nicht reden: mein Boss hat sich derzeit ein riesengroßes Geschäft vorgenommen und er braucht jetzt gleich eine Verbindung zu seinem ausländischen Partner“…

      „Ich verstehe“, - sagte das Rote Telefon kummervoll und schaltete sich diesmal als erster ab.

      „Meine Freunde haben wahrscheinlich Recht, - dachte es laut nach, - denn Menschen haben so viele wichtige Dinge zu erledigen. Und wenn sie keine Verbindung zueinander kriegen, so könnte, wer weiß, ein Unglück passieren oder ein anderes Leid zu erleben sein“…

      Das Große Rote Telefon hat ein bisschen länger überlegt und begann danach wieder störungsfrei Menschen mit ihren Verwandten, Freunden, Bekannten und gar nicht bekannten Personen auf deren ersten Wunsch hin zu verbinden.

      Die Menschen haben sich sehr erfreut gezeigt, nachdem sie endlich nun die Gelegenheit wiedererhalten konnten, mit Hilfe des Großen Roten Telefons jemanden anzurufen. Bis zu dem Augenblick waren sie sehr besorgt und nun fragten sie sichtlich erregt das Telefon danach, warum es eigentlich vor einiger Zeit nicht funktioniert habe.

      „Ich war wohl GESTÖRT“, - antwortete das Große Rote Telefon leise und fuhr fort, Menschen miteinander noch schneller als früher zu verbinden.

      Doch manchmal nachts, als Menschen schon schliefen, wählte das Große Rote Telefon die Nummer seiner mit ihm befreundeten Telefone an, und sie redeten daraufhin unendlich lang über ihr telefonisches Leben und Treiben.

       DER FRECHE WECKER

      Lange Zeit hat der Wecker strammen Dienst gemacht. Tagtäglich (freilich ausgenommen samstags, sonntags und feiertags) hat er um 7 Uhr morgens seinen gewohnten schrillen Triller angespielt, und der Mensch musste – nolens volens – vom Bett aufspringen.

      Das ist – klarer Fall – nicht eine sehr angenehme Übung, aber der Wecker und der Mensch haben sich ja daran gewöhnt, nach der einst eingeführten Tagesordnung zu leben und verfuhren miteinander auf durchaus freundliche Weise.

      Jedenfalls bis zu dem Tag, als beim Wecker etwas KAPUTTGEGANGEN war und er schlankweg es verweigert hat, seine Funktionen auszuüben.

      „Lass uns, wenn auch zeitweilig die Rollen tauschen, - hat er ziemlich urplötzlich dem Menschen vorgeschlagen. – Denn so viele Monate, Wochen und Tage lang habe ich Dich geweckt, und ab jetzt wirst Du mich wecken!“

      Nachdem der Wecker das alles in einem kategorischen Ton aussprach, legte er sich auf das warme Kissen, das vom Kopf des Menschen noch niedergedrückt war, und schlummerte sogleich süß ein.

      Der Mensch war gar nicht dazu gekommen, etwas darauf zu entgegnen. Er versuchte noch, den Wecker wachzurütteln, um von ihm wenn auch nur irgendwelche Erklärung über das Geschehene zu bekommen, der Wecker aber winkte schlaftrunken ab und zeigte offenkundig nicht die geringste Lust, sich vom Kissen zu trennen und vom Bett herunterzusteigen.

      Alsdann hatte der Mensch keine Zeit mehr, er hatte es eilig, zur Arbeit zu kommen, und später nach all seinen Beschäftigungen des Tages hörte er gänzlich auf, sich um den frechen Wecker zu kümmern.

      Am Abend aber entdeckte er zuhause den auf dem Kissen wieder vergnüglich schnarchenden Wecker.

      „Was nun? - beunruhigte sich der Mensch nun ernstlich. – Denn ohne den Wecker kann ich die Arbeit verschlafen, meinen Bus versäumen und überhaupt nichts rechtszeitig schaffen“!

      Geben Sie doch zu: es wäre ja schrecklich.

      Natürlich war der Mensch im Besitz einer Armbanduhr, aber diese konnte nur die genaue Zeit, das Datum und den Wochentag anzeigen…

      In der ersten Nacht konnte der Mensch schließlich doch nicht einschlafen. Vor allem deswegen, dass an seinem Ohr laut (obwohl ja im Schlaf) der Wecker tickte, und zweitens deshalb, weil der Mensch gefürchtet hat, dass er verschlafen könnte.

      Um 7 Uhr morgens als der Mensch ziemlich todmüde wurde von der Schlaflosigkeit, versuchte er anfangs den Wecker zum Frühstück zu wecken, dieser aber wollte überhaupt nicht nachgeben und setzte seinen friedlichen Schlaf fort. Er war auch nicht gewillt, gar zum Abendessen aufzustehen.

      In der zweiten Nacht schlief der Mensch, nachdem bei ihm sich fürs Erste das Seufzen ansetzte, dennoch ein und stand selbst (ohne Wecker!) genau um 7 Uhr morgens auf.

      Und auch diesmal verzichtete der Wecker auf das Frühstück. Allerdings wurde er wach zum Mittagessen, der Mensch aber war zu dem Zeitpunkt nicht zuhause, der Wecker konnte ja nicht kochen und deswegen legte er sich wieder zu Bett. Zum Abendessen hat er sich erneut verspätet und zum Frühstück eilte er nicht mit dem Aufstehen.

      So verlief eine lange, lange Woche. Der Wecker hat sich in dieser Zeit natürlich gut ausgeschlafen, aber wurde schrecklich hungrig und magerte so ab, dass nun nach seinem Ausmaß einer kleinen Armbanduhr gleichen konnte.

      Und nun einmal morgens als der Mensch wach wurde, hat er bemerkt, dass der Wecker auf seinem gewohnten Platz steht und mit leiser, schwach werdender Stimme mitteilt, dass die Uhr gerade 7 geschlagen habe.

      „Danke, - sagte der Mensch darauf gerührt, - ich habe aber mich eigentlich fast schon daran gewöhnt, von selbst aufzuwachen“…

      „Entschuldige mich bitte, lieber Mensch, - sprach der Wecker leise, - ich habe mich nicht sehr höflich verhalten. Ich habe mich aber schon VERBESSERT. Von nun an werde ich Dich wie früher punkt 7 Uhr morgens jeden Tag, freilich ausgenommen samstags, sonntags und feiertags, aufwecken“.

      „Und wir werden gemeinsam frühstücken! – rief der Mensch erfreut darauf aus.

      „Und zu Abend essen“… - hoffnungsvoll fuhr der Wecker fort.

      „Weißt Du was, - sagte der Mensch, - wenn ich auf Urlaub sein werde, so wirst Du sich auch erholen können. Ich werde sogar bereit sein, Dir ein wenig Platz auf meinem Kissen zuzuweisen. Allerdings in dem Fall, dass Du Dich selbstredend nicht zum Frühstück verspäten und im Schlaf nicht zu laut ticken würdest…“

      Seither konnten der Mensch und der Wecker wieder in bester Eintracht miteinander leben. Und niemand von beiden hat sich von da an niemals und nirgendwohin verspätet.

       DER WASSERHAHN HAT SICH ERKÄLTET

      Der Wasserhahn hat sich erkältet. Am ehesten war schuld daran die Zugluft, die am Tag zuvor in der Küche wütete, indem sie in die Wohnung hinein aus dem offenstehenden Klappenfenster und der nicht ganz zugeschlossenen Tür reinschlüpfte.

      Das Wasser tröpfelte aus der Nase des Hahns so heftig, dass es schien, wenn im Spülbecken nicht die Abflussöffnung wäre, so könnte sich ein See von gehörigen Ausmaßen formen, in dem es an einem schönen Tag wohl keine Schande wäre zu baden.

      Für den Wasserhahn aber war es natürlich ein schwacher Trost.

      Er hat alle ihm bekannten Mittel ausprobiert, um die Erkältung zu besiegen: er zog einen großen Wollschal fest um sich, trank vor dem Schlafengehen starken Tee mit Himbeerkonfitüre