Das große Buch der Berlin-Krimis 2017 - Romane und Erzählungen auf 1000 Seiten. Alfred Bekker

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Название Das große Buch der Berlin-Krimis 2017 - Romane und Erzählungen auf 1000 Seiten
Автор произведения Alfred Bekker
Жанр Ужасы и Мистика
Серия
Издательство Ужасы и Мистика
Год выпуска 0
isbn 9783745201185



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auf den ich hinaus will.“

      „Sondern?“

      „Ich weiß nicht. Vielleicht bilde ich mir das ja auch nur ein, aber ihre Reaktion, als ich ihr eröffnete, dass ihr Bruder tot sei, war irgendwie seltsam.“

      „Hat sie dir nicht genug getrauert oder was meinst du?“

      „Nein, das nicht...“

      „Ich hatte schon den Eindruck, dass ihr das Ganze sehr nahe ging.“

      „Und ich hatte den Eindruck, dass sie es schon wusste.“

      „Das wirst du ihr schwer beweisen können.“

      „Mag sein.“

      „Und würde es irgendetwas ändern? Sie ist um ein Haar einem Mordanschlag zum Opfer gefallen und scheint jetzt zur Vernunft gekommen zu sein.“

      „Ja, Rudi, nur bin ich mir nicht sicher, ob sie uns wirklich die volle Wahrheit gesagt hat. Mich würde zum Beispiel interessieren, ob es nicht auch auf Roswithas Konto ein paar markante Bewegungen gegeben hat.“

      „Du kannst Nick ja mal vorschlagen, das zu überprüfen. Vielleicht bekommen wir dafür die Genehmigung...“ Rudi unterdrückte ein Gähnen. Ich setzte ihn an der bekannten Ecke ab.

      „Morgen ist auch noch ein Tag“, meinte er und ich nickte.

      „Also bis morgen.“

      ​ 22

      Am Morgen hatte Max Herter uns ein Dossier über den Iren zusammengestellt. Inzwischen lag auch der ballistische Bericht über die Projektile vor, mit denen auf Roswitha Delgado geschossen worden war. „Wir wissen noch nicht einmal, ob es diesen Killer mit der Bezeichnung der Ire wirklich gibt und ob all die Fälle, die in dem Dossier zusammengefasst sind, tatsächlich nur einen Täter haben. Ich habe einfach Mordfälle zusammengestellt, auf die mindestens zwei der folgenden Merkmale zutrafen: Das Opfer wurde erdrosselt, es gab einen Abdruck mit Schuhgröße 44, es wurden Projektile des Typs verwendet, mit denen auf Roswitha Delgado geschossen worden war.“

      „Die Waffe ist bei einem halben Dutzend anderer Verbrechen benutzt worden“, berichtete Max Herter. „Und was die anderen Punkte meines Rasters angeht, so kommen wir da auf insgesamt 27 Fälle, auf die zwei Merkmale zutreffen. In 20 davon wurde die Anwaltskanzlei Gümüs, Töppwall & Associates aktiv und in fünf Fällen wurde Artur Titow als Zeuge befragt.“

      „Das bedeutet, es besteht ein Zusammenhang zu Gruschenko“, stellte Bock fest.

      „Mit Indizien belegbar ist dieser Zusammenhang nur bis zu seiner rechten Hand Artur Titow.“

      „Was ist mit Rainer Gabaldi?“

      „Ist in der Fahndung. Aber ich würde nicht empfehlen, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Dann taucht er unter.“

      „Gruschenko wird die Hand über ihn halten“, meinte Jürgen. „Schon im eigenen Interesse.“

      „Jedenfalls verfolgen wir jetzt noch einen anderen Ansatz um den Iren zu fangen“, sagte Herter. „Die Zeugenaussage, die Harry und Rudi von der alten Dame bekommen haben, wonach der Ire vorgestern bei diesem unbewohnten Bungalow herumlungerte, schränkt die Zeit stark ein, in der er von Wien aus in die Vereinigten Staaten zurückgekehrt ist. So viele rothaarige Passagiere dürfte es in dem Zeitpunkt nicht gegeben haben und seit die Prozeduren bei der Einreise in die EU so stark verschärft wurden, hätten wir eigentlich genug Daten zur Verfügung, um ihn zumindest im Nachhinein zu ermitteln.“

      „Und warum ist das dann noch nicht geschehen?“, fragte Kriminaldirektor Bock.

      „Weil der Ire offenbar ein Vollprofi ist, der nicht im Traum daran denkt, es uns leicht zu machen. Dass er im fraglichen Zeitraum eingereist sein muss, wissen wir - aber offensichtlich nicht über Berlin Schönefeld.“

      “Tegel?“, hakte Kriminaldirektor Bock nach.

      „Negativ“, sagte Max. „Wir überprüfen inzwischen die Flughäfen in Deutschland und im benachbarten EU-Ausland. Das kann aber noch bis heute Mittag oder heute Nachmittag dauern. Vielleicht auch länger.“

      ​ 23

      Später waren wir auf der Beerdigung unseres Kollegen Lukas Marxheimer, der von Dima Modesta vor dem „Bordsteinschwalbennest“ erschossen worden war.

      Wie schon erwähnt war Lukas erst wenige Wochen bei uns im Präsidium beschäftigt. Vor einem halben Jahr hatte er geheiratet und seine Frau war mit ihm nach Berlin gezogen und hatte hier einen Job in der Charité angenommen.

      In der kurzen Zeit, die Lukas Marxheimer in unserem Präsidium gedient hatte, hatte sich nicht oft die Gelegenheit ergeben, über Privates zu reden. Aber er hatte mal erwähnt, dass sich seine Frau und er ein Kind wünschten. Jetzt war sie Witwe, weil ein schießwütiger Gangster sich der Verhaftung hatte entziehen wollen.

      Dass Modesta gleich darauf von der Wucht einer Explosion zerrissen worden war, wirkte in diesem Zusammenhang wie die Rache eines grausamen Schicksals.

      Kriminaldirektor Bock sowie alle Kollegen unseres Präsidium, die für die Zeit der Beisetzung abkömmlich waren, nahmen an der Zeremonie teil. Ich glaube, jeder von uns hatte ein mulmiges Gefühl dabei, der Witwe das Beileid auszusprechen. Es gibt Dinge in unserem Job, an die gewöhnt man sich einfach nicht.

      Wir hatten den Friedhof gerade verlassen, als uns ein Anruf vom Präsidium erreichte.

      Es war Max Herter.

      „Wir haben den Iren!“, sagte er. „Er ist über Frankfurt eingereist – und zwar unter dem Namen Roger Mackendorff.“

      „Sag bloß, du hast auch noch die passende Adresse dazu!“, gab ich zurück.

      „Zumindest die, die in dem Pass stand, mit dem der Ire eingereist ist. Ich geb sie euch durch.“

      Augenblicke später stiegen wir in den Sportwagen. Währenddessen waren die Kollegen der Brandenburger Polizei schon verständigt worden, um den Bereich um Roger Mackendorffs Adresse weiträumig abzuschotten.

      „Wenn er uns diesmal durch die Lappen geht, wird es sehr schwer werden, ihn fürs Erste wieder in die Finger zu bekommen“, meinte Rudi. „Der Kerl ist gerissen genug, um andernfalls unterzutauchen und sich perfekt zu tarnen.“

      Ich trat auf das Gaspedal.

      Roger Mackendorff wohnte in einem unscheinbaren Haus. Das Grundstück war von den Kollegen der Polizei bereits umstellt. Wir parkten am Straßenrand und stiegen aus dem Sportwagen.