Название | Nestwärme, die Flügel verleiht |
---|---|
Автор произведения | Stefanie Stahl |
Жанр | Социология |
Серия | |
Издательство | Социология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783833867873 |
Ihr beide seid nicht auf Augenhöhe. Einer scheint wichtiger oder stärker zu sein. Es ist gar nicht so selten, dass in einer Partnerschaft nach einiger Zeit die Gleichberechtigung verloren geht. Besonders die Familiengründung verschiebt oftmals Aufgaben der Partner im Familienleben. Und selbst wenn man das gar nicht wollte, ändern sich nach einiger Zeit auch die Machtverhältnisse. Manchmal hat plötzlich der mehr zu sagen, der das meiste Geld nach Hause bringt. Oder der Partner mit dem schlechter bezahlten Job »darf« gar nicht mehr arbeiten gehen. Oder derjenige, der sich mehr um die Kinder kümmert, spricht dem anderen Elternteil jegliche Erziehungskompetenz ab. Was kannst du tun? Dein Ziel sollte sein, mit deinem Partner wieder auf Augenhöhe zu kommen. Das ist möglich, wenn du dich innerlich entwickelst und dich nicht mehr klein fühlst.
In späteren Kapiteln wirst du dazu in diesem Buch Anregungen und Hilfestellungen finden (vor allem dort, wo es um deine negativen Glaubenssätze und dein Schattenkind geht, ab >).
Auch wenn die genannten Konflikte recht dramatisch klingen, möchten wir dir klar sagen: Sobald du dich deinen Themen stellst, kannst du sehr oft Lösungen finden. Häufig steht uns einfach im Weg, dass wir uns so sehr eine glückliche Familie wünschen, dass wir jede Irritation erst einmal abwehren.
Mach dir klar: Kinder großzuziehen ist eine echte Herkules-Aufgabe. Und es ist völlig normal, dass du auch in deiner Partnerschaft an deine Grenzen kommst und vieles neu sortieren musst, wenn ihr Eltern werdet. Das Bedürfnis der Kinder, dass die Eltern sich doch bitte gut verstehen und lieben sollen, stellt solche, die auf der Paarebene nicht mehr miteinander klarkommen und sich deswegen trennen, vor eine besonders schwierige Aufgabe. Denn man kann zwar als Paar auseinandergehen, aber die Elternrolle ist durch eine Trennung nicht beendet. Im Gegenteil: Man muss ein neues Miteinander finden, wenn man seine Rollen als Vater und Mutter für das Kind oder die Kinder gut ausfüllen möchte. Für Kinder ist es gut, wenn sich die Eltern trotz der Trennung auf der Elternebene weiterhin gut verstehen und wenn sie zumindest in den großen Erziehungsfragen Einigkeit herstellen. Das aber erfordert von den Eltern ein sehr reifes Umgehen mit Konflikten und die Fähigkeit, die Paar- und die Elternebene bei auftretenden Problemen und Konflikten voneinander zu trennen.
Wenn Papa und Mama sich nicht mehr lieb haben, wünscht sich das Kind, dass es beide Eltern lieben darf und dass es von beiden Eltern weiterhin geliebt wird.
Gerade bei Letzteren neigen wir allerdings dazu, auf »alte« Streitmuster aus unserer Kindheit zurückzugreifen. Das betrifft getrennte Paare ebenso wie zusammenlebende. Wir holen dann unschöne Kommunikationsformen aus der untersten Schublade hervor, machen Vorwürfe, kritisieren, nörgeln, werten den anderen ab oder verfallen in eisernes Schweigen.
Verbissene und verhärtete Konflikte zwischen den Eltern sind für Kinder kaum auszuhalten. Kleinere bekommen Angst, weil sie die Spannungen und Streitereien nicht einordnen können. Ältere Kinder können eher sagen, was sie wollen. »Bitte habt euch wieder lieb!« oder »Nicht streiten« bekommen die Eltern dann zu hören. Teenager und junge Erwachsene verdrehen die Augen, wenn die Eltern zanken, und stöhnen: »Jetzt geht das schon wieder los!«
Bitte verstehe unsere Anmerkungen zur Paarbeziehung jedoch nicht falsch: Wir sind weit davon entfernt, Eltern zu raten, »den Kindern zuliebe« in unglücklichen Partnerschaften zu bleiben. Wir wollen nur darauf hinweisen, dass Kinder unabhängig davon, ob die Eltern getrennt sind oder (noch) zusammenleben, beide Eltern lieben. Und es tut ihnen gut, wenn Eltern es schaffen, dass weiterhin beide für die Kinder da sind – und man zumindest in den großen Erziehungsfragen an einem Strang zieht. Kindern tut es dagegen gar nicht gut, wenn sie auf eine Seite gezogen werden. Oder wenn ein Elternteil ständig die Augen verdreht, wenn die Kinder von ihren Erlebnissen mit dem anderen erzählen. Oder wenn man vor ihnen den anderen schlechtmacht und dergleichen. Kinder wollen, dass ihr Nest, das ursprünglich aus der Bindung zwischen Mama und Papa entstanden ist, weiter besteht.
Auch wenn sich ältere Kinder besser abgrenzen können, sind sie ebenso im tiefsten Herzen von dem Wunsch beseelt, dass ihre Eltern sich verstehen.
Natürlich gibt es noch viele weitere Aspekte der Paarbeziehung, die in die Eltern-Kind-Beziehung hineinspielen. In diesem Buch zeigen wir vor allem auf, wie du dich als Mutter oder Vater gut aufstellen kannst – wie du Verantwortung für deinen Anteil in der Eltern-Kind-Beziehung so übernehmen kannst, dass dein Kind sich sicher gebunden und frei fühlt. Wir werden dir viele Fragen stellen und dich immer wieder dazu einladen, über dich nachzudenken. Wenn du dich auf dieses Abenteuer, diese Reise nach innen einlässt, wirst du dich vielleicht hie und da verändern. Und wer weiß, vielleicht profitiert auch dein Partner oder deine Partnerin von dieser Entwicklung.
ALLEINERZIEHEND – EINE MAMMUTAUFGABE
Im vorherigen Abschnitt sind wir zwar schon darauf eingegangen, was eine Trennung für ein Kind bedeutet, aber wir haben die Situation von Alleinerziehenden noch nicht genug gewürdigt. Sie ist nämlich alles andere als einfach. Nicht selten ist es so, dass der andere Elternteil nicht präsent ist oder extrem unzuverlässig. Oft gibt es auch erhebliche Probleme in der Kommunikation oder in der Kooperation mit dem Ex-Partner oder der Ex-Partnerin. Häufig haben die beiden auch unterschiedliche Erziehungsvorstellungen. Machtkämpfe, wer wie viel Zeit mit dem Kind verbringt und wer welche Aufgaben übernimmt, sind eher die Regel als die Ausnahme. Hinzu kommen häufig noch wirtschaftliche Sorgen und eine Unzufriedenheit mit der Familiensituation.
Für viele alleinerziehende Mütter (es gibt im Verhältnis dazu relativ wenige alleinerziehende Väter) ist die Familienkonstellation »allein mit Kind oder mehreren Kindern« nicht das, was sie sich ursprünglich gewünscht haben. Sie hätten lieber einen Partner an ihrer Seite.3
Selbstverständlich ist das nicht bei allen Alleinerziehenden der Fall. Manche alleinerziehenden Eltern sind bestimmt erleichtert, dass sie vom Partner oder von der Partnerin getrennt sind. Andere sind finanziell gut abgesichert und wiederum andere finden mit ihrem Ex-Partner oder ihrer Ex-Partnerin nach der Trennung eine gute freundschaftliche Ebene.
Doch fast alle alleinerziehenden Väter und Mütter haben eine sehr enge Beziehung zu ihren Kindern. Die kleine Familie rückt, bildlich gesprochen, im Nest noch enger zusammen. Für das Kind ist der Elternteil, mit dem es überwiegend zusammenlebt, die Hauptbindungsperson und damit der wichtigste Mensch – der hellste Stern am Himmel. Das Kind ist dadurch ganz besonders darauf angewiesen, dass die Mama oder der Papa einfühlsam und ausgeglichen ist. Eine mit uns befreundete alleinerziehende Mutter hat es einmal so formuliert: »Meine Stimmung schwappt immer auf die Kinder über. Wenn ich morgens fröhlich aufstehe, stehen sie auch fröhlich auf. – If mama ain’t happy nobody ain’t happy.« Damit liegt auf den Schultern des alleinerziehenden Elternteils eine besonders große Verantwortung für die Gestaltung der Beziehung.
Die Fragen »Kann ich meinem Kind die Nestwärme geben, die es braucht?« und »Kann ich mein Kind zum richtigen Zeitpunkt loslassen?« muss die oder der Alleinerziehende oft alleine beantworten.
Viele Alleinerziehende berichten, dass sie sich müde und erschöpft fühlen. Kein Wunder. Auf ihnen lastet durchgängig der Druck, immer funktionieren zu müssen, ob Tag oder Nacht, im Job oder am Wochenende. Zu schwächeln ist nicht vorgesehen. Sogar wenn sie krank sind, müssen sie ihr Kind versorgen. Alleinerziehende sind »Mädchen für alles«. Die Wohnung putzen, zum Elternabend gehen, an den Kinderarzttermin denken – alles muss der oder die Alleinerziehende in der Regel alleine managen. Es fehlt die Zeit, die Seele baumeln zu lassen und einfach einmal abzuschalten. In solchen Belastungssituationen sind wir anfällig dafür, dass wir