Venedig sehen und morden - Thriller-Paket mit 7 Venedig-Krimis. Meinhard-Wilhelm Schulz

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Название Venedig sehen und morden - Thriller-Paket mit 7 Venedig-Krimis
Автор произведения Meinhard-Wilhelm Schulz
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745212631



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Kapuzenponcho war aber nicht darunter. Volpe fragte ziemlich barsch:

      »Vor einem Monat haben Sie einen Mantel mit Kapuze erworben, nachweislich. Er wurde aus schwarzer Seide gefertigt, in welche ein grauer Faden eingewebt war. Was ist aus ihm geworden?«

      Der Conte kratzte sich am Kopf und schien angestrengt nachzudenken. Unruhig trippelte er von einem Fuß auf den anderen. Schließlich murmelte er:

      »Ach, jetzt weiß ich es wieder. Ich bin kürzlich, als ich ihn das letzte Mal trug, in ein Unwetter geraten. Danach war das kostbare Stück nicht mehr zu gebrauchen.«

      »Und was haben Sie damit gemacht?«

      »Ich habe den Poncho einem Obdachlosen geschenkt.«

      »Haben Sie ihn persönlich überreicht oder durch die Schwarze geben lassen?«

      »Persönlich; niemand war dabei.«

      »Wo war es?«

      »Unmittelbar hinter der Rialtobrücke.«

      »Können Sie den Empfänger beschreiben?«

      »Nein, ich habe nicht darauf geachtet.«

      »Wann war das?«

      »Vorgestern.«

      »Zeugen?«

      »Nicht dass ich wüsste. Es war schon dämmerig.«

      »Gut, das genügt fürs Erste. Geleiten Sie uns jetzt bitte wieder ins Arbeitszimmer und rufen Sie das Mädchen!«

      »Susie! He, Susie!«, rief er, »komm her! Signore Tartini will dir ein paar Fragen stellen.«

      Die pummelige Schwarze kam eilig auf ihren dicken kurzen Beinen herein getrippelt, im allerliebsten blauen Kleidchen mit weißer Schürze darüber und brachte den Geruch der Küche mit sich, einen Hauch von Bratendunst und Gewürzen. Sie sah so arglos und harmlos aus, als hätte sie gerade erst ihre Stelle irgendwo auf dem Lande verlassen, um in die venezianische Pracht zu wechseln. Fragend sah sie auf ihren Herrn. Der Conte warf ihr einen vernichtenden Blick zu. Sie sagte:

      »Ich bin schon mit dem Zubereiten der Mahlzeit beschäftigt und kann die Küche nicht alleine lassen.«

      »Es wird rasch gehen«, antwortete Volpe, »liebe Susie, übernachtest du in der Wohnung deiner Herrschaften?«

      »Wie sollte das gehen? Ich bin nur Köchin, und für uns Diener des Hauses ist im Untergeschoss ein Schlafraum eingerichtet. Jeder hat seine Koje, und wir haben ein Gelass zum Waschen und für die unvermeidlichen Verrichtungen.«

      Ich blickte Volpe an, und er sah mir ins Gesicht. Beide dachten wir gleichzeitig, dass man mit Menschen so nicht umgehen sollte, auch wenn es sich nur um Dienstboten handelte.

      »Bist du letzte Nacht erst spät in diesen, äh, Verschlag hinunter gegangen?«

      »Es war kurz nach Sonnenuntergang, nachdem ich Geschirr gespült und die Küche aufgeräumt hatte.«

      »Wo war dein Herr zu dieser Zeit?«

      »Natürlich ist er nach dem Essen in seinem Studio untergetaucht, um zu arbeiten.«

      »Welche Kleidung trug er?«

      »Diese da, glaube ich; so ähnlich wie jetzt.«

      »Und seit wann ist der, äh, Kapuzenponcho deines Herrn, äh, abhanden gekommen?«

      Susie warf einen ängstlichen Blick auf Graf Raimondo und flüsterte dann ganz außer Atem:

      »Damit habe ich überhaupt nichts zu tun. Ich bin nur die Küchenmagd, und um seine Sachen kümmert er sich selber oder lässt es seine Frau besorgen. Ich weiß nichts, gar nichts. Gelegentlich, glaube ich, trug er ein solches Ding, aber das ist schon länger her, vielleicht ein halbes Jahr.«

      »War es ein schwarzes Gewand mit grauen Streifen?«

      »Ich weiß nicht. Ich habe es vergessen. Ich glaube nicht, aber mir ist es auch gleichgültig, was die Herrschaften tragen. Darauf achte ich nicht. Ja, vielleicht war es dunkelgrau.«

      »Danke, meine Liebe, du kannst gehen. Du hast uns sehr geholfen; vielen Dank!«

      Dann zu mir im Flüsterton:

      »Gehe rasch hinunter und hole den Tenente mit seinen Carabinieri herauf!«

      Ich eilte rasch zum Ausgang. Bereits im Gehen, sah ich den Grafen zittern und puterrot anlaufen:

      »Was … was … hat das zu bedeuten?«, fragte er.

      »Conte, wir beschuldigen Sie des vierfachen Frauenmordes, geschehen in den vergangenen vier Nächten, stets kurz nach Mitternacht. Der Mörder trug jedes Mal einen schwarzen Poncho mit hellgrauen Streifen und benutzte zum Morden ein solches Gerät wie dieses da …«

      Ich verharrte im Eingang und sah Volpe sich mit einem Riesensatz auf Raimondo stürzen und ihm mit einem gezielten Faustschlag ein Bowie Knife aus der Hand zu schlagen. Während es klirrend aufschlug, rannte ich wie verrückt hinunter, um die Carabinieri zu Hilfe zu rufen, denn oben im Penthaus war die Hölle los, eine wüste Rauferei, untermalt vom lästerlichen Fluchen des Hausherrn. Sie war freilich nur von kurzer Dauer, denn im Nu hatten die herein stürmenden Polizisten dem Wüterich Handschellen angelegt und führten ihn ab.

      Volpe rappelte sich vom Boden auf, den erbeuteten Doch in der rechten Hand, rieb sich die gerötete linke Wange mit der linken Hand, wandte sich noch einmal an den Conte und sagte:

      »Tut mir leid, Signore, aber so stehen die Dinge nun einmal. Fürs Erste genügen Ihnen Tenente di Fusco und seine Männer als Begleitung. Ich werde mich noch einmal mit Ihrer Frau unterhalten. Sie mag alles zusammenstellen, was ein Häftling so braucht, und wenn ich mir noch eine kleine Bemerkung gestatten darf:

      Sie sind ein verdammt kräftiger und geschmeidiger Bursche. Ich habe Sie ein klein Wenig unterschätzt. Dafür gelang es uns, die Tatwaffe zu erbeuten; ein echt amerikanisches Bowie Knife, die rasiermesserscharfe Schneide, wie ich vorhergesagt habe, mit einer kleinen Scharte.«

      Volpe reichte Ambrosio den Dolch, der ihn sorgsam einwickelte und in der speckigen ledernen Tasche, von der er unzertrennlich ist, verschwinden ließ:

      »Ihr Idioten! Ihr habt den Falschen verhaftet«, knirschte der Graf wütend, »und damit werdet ihr euch vor den Zeitungsleuten lächerlich machen.«

      Weder wir noch Ambrosio reagierten darauf. Ein Stein war uns vom Herzen gefallen, den Mörder so rasch überwältigt zu haben. Der Tenente rief laut nach Cornelia. Sie öffnete verstört die Tür zum Badezimmer, ein Handtuch um die Hüfte gewickelt, hob das seidene Fähnchen auf, um hinein zu schlüpfen und sah schreckensbleich auf die Szene, die sich ihr bot:

      »Verehrte, liebe, liebe Contessa Cornelia«, sagte Ambrosio, sie anzüglich musternd, »Sie sind von vornehmer Herkunft, eine Derer von Malatesta und könnten uns kleinen Staatsdienern gram sein. Bedenken Sie aber bitte, dass wir nur unsere Pflicht tun. Sollte sich die Unschuld deines Mannes herausstellen, wird er in Ehren aus der Haft entlassen. Bis dahin sollten Sie ihn fürstlich versorgen. Desweiteren erwarte ich Sie morgen früh zu einer Besprechung auf dem Revier; eine Frage aber schon jetzt:

      Besitzt Ihr Mann einen seidenen Poncho mit Kapuze?«

      »Nicht mehr. Das Unwetter, in das er geriet, hat ihn verdorben. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, hat er ihn vor einigen Tagen einem Bettler an der Rialtobrücke geschenkt.«

      »Danke! Wir werden das nachprüfen. Ich will gleich einige meiner Männer losschicken, um der Sache nachzugehen.«

      Ich sah Cornelia erbleichen und ihrem in Handschellen liegenden Mann seltsame Blicke zuwerfen. Sie sagte jetzt nichts mehr. Volpe murmelt sich etwas Unverständliches in den Stoppelbart. Mir war klar, was er dabei dachte.

      Ambrosio nickte ihr zu und ging hinaus. Die Polizisten folgten ihm und führten den in ihrem Griff sich windenden Gefangenen die Stiege hinunter und hinaus auf die Gasse, wo im roten