Bount Reiniger - Mörderspiel. Alfred Bekker

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Название Bount Reiniger - Mörderspiel
Автор произведения Alfred Bekker
Жанр Ужасы и Мистика
Серия
Издательство Ужасы и Мистика
Год выпуска 0
isbn 9783745202724



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Der Boss arbeitete für gewöhnlich durch und aß nebenbei etwas. Das war sicher nicht sein wahres Erfolgsgeheimnis, aber es zeigte die Einstellung, mit der er sein Geschäft betrieb.

      "Was gibt es?", fragte Craven, während er seine Rechte aus der weiten Hosentasche herausnahm.

      Franklin machte eine wichtige Miene. "Da war ein Anruf für Sie", berichtete er dann. "Vorhin, als Sie zum Essen weg waren."

      Craven zog die Augenbrauen in die Höhe. Er konnte sich denken, worum es ging. "Die Japaner?", fragte er.

      "Ja", nickte Franklin und beugte sich dabei etwas nach vorn. "Carla hat das Gespräch zu mir hereingelegt, aber wir standen ziemlich auf dem Schlauch. Schließlich sind Sie der einzige bei uns, der Japanisch spricht - und das Englisch von Mister Nakamura ist nicht gerade einfach zu verstehen."

      Craven zuckte die Achseln. "Tut mir leid!"

      "Sie können ja nichts dafür. Aber es wäre gut, wenn Sie langsam die Verträge vorbereiten könnten!"

      Craven legte jetzt die Mappe, die er unter dem Arm hielt, Franklin auf den Tisch. "Alles fertig", sagte er dazu und Franklin blickte erstaunt auf.

      "Alle Achtung! Wann haben Sie denn...?"

      "Ich möchte ab morgen ein paar Tage Urlaub nehmen."

      "Nun, gerade jetzt, da wir mit Nakamura ins Geschäft kommen. Japan hat 120 Millionen Einwohner. Das ist ein Buchmarkt, auf dem sich ganz ansehnliche Auflagen erzielen lassen."

      Mit anderen Worten: ein Riesengeschäft. Und Leslie Craven war derjenige, der es ans Laufen gebracht hatte. Franklin war das sehr wohl bewusst - und das war Cravens Trumpf.

      "Wie gesagt, es ist jetzt alles unter Dach und Fach", meinte Craven ziemlich gelassen.

      "Nakamura deutete an, dass man sich in seinem Haus überlegt, uns auch noch den Kim-Basinger-Band abzukaufen", erwiderte Franklin.

      "Wie schön", murmelte Craven. Aber er schien sich nicht wirklich darüber zu freuen, obwohl das auch sein Erfolg war.

      Franklin seufzte. Dann meinte er: "Na schön, Les, Sie bekommen Ihren Urlaub. Jetzt, wo Nakamura angebissen hat, wird es vielleicht auch ohne Sie laufen."

      "Das denke ich auch."

      Franklin musterte seinen Angestellten stirnrunzelnd. Er kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf und beugte sich dann etwas nach vorn.

      "Was ist los, Les?", fragte er dann in vertraulichem Tonfall.

      "Ich brauche einfach ein paar Tage, das ist alles." Leslie Craven lächelte. "Ich fühle mich ein bisschen ausgebrannt, wenn Sie wissen was ich meine."

      Franklin nickte. "An dem Punkt sind wir alle irgendwann einmal." Er lachte heiser. "Meistens zu einem ungünstigen Zeitpunkt."

      3

      "Was ist das denn?"

      "Das ist Kaffee, Bount. Und zwar so stark, dass wenigstens eine geringe Chance besteht, dass du gleich nicht wieder einschläfst, wenn du deinem Klienten gegenübersitzt!"

      Bount Reiniger, der bekannte New Yorker Privatdetektiv, verzog den Mund, nachdem er den ersten Schluck genommen hatte. Der Kaffee schmeckte bitter, aber im Moment bedeutete er wohl die einzige Chance, auf die Schnelle ein paar Lebensgeister zurückzurufen. In den letzten Nächten hatte der Privatdetektiv so gut wie überhaupt keinen Schlaf bekommen. Bount war im Auftrag eines Reeders Hafen-Piraten auf die Spur gekommen, die ganze Containerladungen verschwinden ließen. Nächtelanges Observieren hatte ihn schließlich zum Erfolg geführt und in der letzten Nacht war die Bande dann in flagranti erwischt und verhaftet worden.

      Kein angenehmer Job, aber ein sehr einträglicher.

      "Ich hoffe nur, dass dieser Klient einen Auftrag hat, der sich tagsüber erledigen lässt", murmelte Bount an seine hübsche Assistentin June gewandt, während er sich mit der flachen Hand über das Gesicht fuhr.

      June strich sich das enganliegende, dunkelblaue Kleid glatt, das ihre wohlproportionierten Formen ziemlich exakt nachzeichnete.

      "Wer weiß", erwiderte sie und warf dabei ihre blonde Mähne in den Nacken. "Vielleicht bekommst du den Auftrag gar nicht, wenn der Gentleman drüben im Büro etwas von deiner Verfassung mitkriegt. Der macht mir nämlich einen sehr dynamischen und energiegeladenen Eindruck."

      "Wer ist es denn?"

      "Er heißt Mark Franklin und leitet eine literarische Agentur, die sich auf das Vermitteln von Lizenzen sogenannter 'Bücher zum Film' spezialisiert hat. Mehr konnte ich ihm nicht aus der Nase ziehen. Er will mit dir persönlich reden."

      Reiniger zuckte die Achseln, trank den Rest des Kaffees und betrat dann sein Büro. Er versuchte dabei einen halbwegs frischen Eindruck zu machen.

      Mark Franklin unterzog Bount einer eingehenden Musterung. Der Privatdetektiv spürte deutlich, dass er in diesen drei Sekunden gewogen und eingeschätzt wurde. Bount reichte ihm die Hand und stellte sich vor.

      "Sie sollen sehr gut in Ihrem Geschäft sein, Mister Reiniger", begann Franklin.

      Er hob mit einer hilflosen Geste beide Hände und setzte dann hinzu: "Um die Wahrheit zu sagen: Es ist das erste Mal, dass ich jemanden wie Sie aufsuche. Man hat Sie mir empfohlen..."

      "Wo brennt's denn?", fragte, während er sich hinter seinen Schreibtisch setzte.

      "Es geht um einen meiner Mitarbeiter. Leslie Craven. Er ist verschwunden."

      Bount runzelte die Stirn und lehnte sich etwas zurück. "Erzählen Sie", murmelte er, während er sich eine Zigarette zwischen die Lippen steckte.

      Franklin hob die Schultern. "Letzten Mittwoch bat Leslie mich um ein paar Tage Urlaub. Gestern war Montag, da hätte er eigentlich wieder in der Agentur auftauchen müssen. Aber er ist nicht gekommen."

      "Ist er während seines Urlaubs weggefahren?"

      "Keine Ahnung, ich habe ihn nicht gefragt. Aber selbst wenn ihm etwas dazwischen gekommen wäre, so dass er am Montag nicht ins Büro hätte kommen können, dann hätte Leslie kurz durchgerufen und mir Bescheid gesagt. Da bin ich mir absolut sicher. Leslie ist ein hundertprozentig korrekter Mitarbeiter...", der Agent seufzte, "...und dazu noch ein sehr wichtiger!"

      Reiniger rieb sich die Schläfen und versuchte krampfhaft, ein Gähnen zu unterdrücken, was ihm schließlich gelang.

      "Was macht Craven bei ihnen?"

      "Er ist sehr sprachgewandt", erklärte Franklin. "Französisch, Spanisch - und sogar Japanisch. Für das Auslandsgeschäft ist das ein unschätzbarer Vorteil. Und unser Geschäft ist längst international. Wenn ein Hollywood-Streifen auch in Übersee ein wenigstens mittelmäßiger Erfolg wird, dann besteht die Chance, dort auch die entsprechenden Buchprodukte zu vermarkten: Den Roman zum Film, ein Buch mit Fotos zum Film, ein Buch über den Star des Films, in dem einen oder anderen Fall sogar eine Comic-Adaption oder ein Fotoroman." Man konnte Mark Franklin den Verdruss deutlich ansehen, den er empfand. "Wie gesagt, die Auslandsgeschäfte lagen zum großen Teil in Leslies Händen und nun stehen wir ziemlich dumm da, wie Sie sich denken können!"

      Bount nickte. Er konnte sich denken, worauf das Ganze hinauslief. Aber er war nicht sonderlich begeistert davon. "Ich soll diesen Craven für Sie auftreiben,