Sammelband 4 Fürstenromane: Liebe, Schicksal, Schlösser. Alfred Bekker

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Название Sammelband 4 Fürstenromane: Liebe, Schicksal, Schlösser
Автор произведения Alfred Bekker
Жанр Короткие любовные романы
Серия
Издательство Короткие любовные романы
Год выпуска 0
isbn 9783745202830



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es das Abendessen.«

      »Nun, dann sehen wir uns ja um neunzehn Uhr wieder«, wandte sich Jenny an Alexander.

      »Damit habe ich nichts zu tun« widersprach dieser. »Ich esse drüben in meinem Haus, werde mir wohl ein paar Eier mit Speck in die Pfanne hauen.«

      »Ja, und wer leistet mir dann beim Essen Gesellschaft?«, erkundigte sich Jenny.

      »Da Seine Durchlaucht unterwegs ist, werden Sie heute Abend leider allein speisen müssen«, bedauerte Karl.

      »Aber das kommt doch überhaupt nicht in Frage«, rief Jenny. »Thomas, ich lade dich hiermit ein, mit mir zu Abend zu essen.«

      »Es ist nicht üblich, dass Angestellte an der fürstlichen Tafel speisen«, bemerkte Karl, dem die vertraute Anrede der jungen Leute schon aufgefallen war und der nun neue Unannehmlichkeiten auf sich zukommen sah, mit einem säuerlichen Lächeln.

      »Mir ist egal, was üblich ist« fauchte Jenny verärgert. »Ich möchte, dass Herr Wildhirt heute Abend bei mir isst. Oder ist es dir nicht recht, Thomas?«

      »Doch«, erwiderte dieser und grinste vergnügt. »Ich nehme die Einladung dankend an.«

      »Prima«, freute sich Jenny, und zu Karl gewandt, ordnete sie an: »Sorgen Sie also dafür, dass ein Gedeck für Herrn Wildhirt aufgelegt wird.«

      »Bitte sehr«, grummelte Karl und verbeugte sich leicht. »Wie die gnädige Frau wünscht.«

      Damit waren die beiden Herren entlassen. Jenny wollte, wenn man ihr das Gepäck gebracht hatte, ihre Sachen in die Schränke räumen, duschen und sich umziehen. Wenn dann noch Zeit blieb, wollte sie sich ein wenig im Schloss umsehen.

      »Bis sieben also«, entließ sie die beiden Männer, nickte ihnen mit einem freundlichen Lächeln zu und öffnete ihnen die Tür, damit sie sich zurückziehen konnten.

      »Ich sehe schwarz«, unkte Butler Karl mit besorgter Miene, als er mit Alexander allein war. »Dieses Mädchen sorgt, kaum dass es im Haus ist, bereits für Unruhe. Das geht bestimmt nicht gut mit ihr und Seiner Durchlaucht. Herr Wildhirt, ich verstehe Sie nicht, dass Sie auf dieses gewagte Spiel eingehen. Sie schaffen sich damit doch nur unnötig Ärger und Verdruss. Und mir natürlich auch, denn ich muss das alles ausbaden, weil ich ständig mit Seiner Durchlaucht zutun habe.«

      »Ich tue lediglich, was ich für richtig halte«, versetzte Alexander. »Und auf ein bisschen Ärger mehr oder weniger soll es uns beiden doch nicht ankommen, oder? Außerdem sollte der Fürst irgendwann begreifen, dass er nicht der Liebe Gott ist. Wir sind zwar bei ihm angestellt und werden von ihm bezahlt, aber deswegen muss er uns noch lange nicht wie Sklaven behandeln. Und eine enge Verwandte nicht wie einen kranken Hund.«

      »Im Prinzip pflichte ich Ihnen ja bei«, meinte der Butler. »Aber meine Nerven sind nicht mehr die Allerbesten. Manchmal kann ich abends gar nicht schlafen, wenn ich darüber nachdenke, wie sehr der Fürst mich tagsüber wieder schikaniert hat.«

      »Sehen Sie, Karl«, entgegnete Alexander und legte dem geplagten Butler freundschaftlich den Arm um die Schultern, »deshalb wird es höchste Zeit, dass dem Alten - wie ihn ja alle heimlich nennen - endlich jemand die Zähne zeigt. Sonst wird sich nie etwas ändern.«

      Es kam, wie es kommen musste. Der Fürst, der - wie Alexander vermutet hatte - eigentlich in München gar nichts erledigen musste, langweilte sich dort zu Tode. Nachdem er in einem Café eine Kellnerin und deren Geschäftsführer verschlissen hatte, entschloss er sich, doch wieder nach Hause zu fahren. Außerdem interessierte ihn brennend, wie Jenny auf ihre kleine Kammer reagiert hatte. Vielleicht hatte sie sein Schloss aus Empörung längst wieder verlassen. Das wäre ein Triumph für ihn gewesen; denn genau das hatte er ja mit seiner Zimmereinteilung beabsichtigt.

      Also setzte Fürst Boris sich in seinen Wagen und fuhr los in Richtung Hambach, das er kurz nach neunzehn Uhr erreichte. Er brachte sein Auto höchstpersönlich in die Garage, begab sich zum Hauptportal seines Schlosses und läutete.

      »O mein Gott!«, stammelte Butler Karl, der ihm öffnete, entsetzt und nahm die Farbe eines Leichentuches an. »Sie?«

      »Es genügt, wenn Sie mich Durchlaucht nennen, Karl«, tönte der Fürst gut gelaunt und trat in die Halle. »Ich möchte mir keine Titel zulegen, die mir nicht zustehen. Ist Jenny noch hier?«

      »Sie ... sie isst gerade zu Abend«, stotterte Karl, mühsam um Fassung ringend.

      »So, sie isst gerade zu Abend?«

      Die gute Laune des Fürsten war wie weggefegt. »Und ich hoffte ... ich dachte ... Lassen wir das. Wie ist sie mit ihrem Zimmer zufrieden?«

      »Sehr«, antwortete Karl und log damit nicht einmal.

      »Scheint keine großen Ansprüche zu haben, das Mädelchen«, wunderte sich der Fürst.

      »Eigentlich schon«, bemerkte Karl.

      »Ich verstehe Sie nicht, Karl?«

      »Sie ... sie ... sie hat das gewisse Zimmer nicht genommen.«

      »Ja, und?«

      »Ich ... ich ...« Butler Karl rang um jedes Wort, wäre am liebsten im Erdboden versunken. »Ich musste ihr ein anderes geben; das im Südflügel.« Endlich war es heraus! Butler Karl zog unwillkürlich den Kopf ein, als erwarte er ein Donnerwetter von oben. Zuerst kam aber noch ein Wetterleuchten, weil Fürst Boris nicht glauben konnte, was er da hörte.

      »Wiederholen Sie das bitte noch einmal!«, forderte er seinen Diener auf.

      »Ich ... ich habe die junge Dame im Südflügel einquartiert.«

      »Entgegen meiner Anweisung?« Die Stimme des Fürsten klang erstaunlich ruhig - gefährlich ruhig.

      »Der Herr Verwalter hat es strikt abgelehnt, Fräulein von Kirst in dem gewissen Zimmer wohnen zu lassen«, brachte Karl mühsam heraus. Er zitterte vor Angst am ganzen Körper und glaubte sich einem Schlaganfall nahe. »Er übernimmt auch die Verantwortung für die Umquartierung, hat er gesagt.«

      »Der Herr Verwalter wagt es, sich über meine Anweisungen hinwegzusetzen?« Jetzt endlich plärrte der Fürst, wie man es von ihm gewohnt war. »Und Sie Trottel tun auch noch, was er verlangt? Sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen, Karl? Sorgen Sie dafür, dass dieser Kerl auf der Stelle hier antanzt!«

      »Er ... er ist bereits hier!«

      »Er ist hier?« Der Fürst schaute sich um. »Wo ist er denn? Ich sehe ihn nirgendwo.«

      »Er ... er speist mit dem gnädigen Fräulein zu Abend.«

      »Er ...« Dem Fürsten schien die Luft wegzubleiben. »Wo?«

      »Im ... im ... Speisesalon selbstverständlich.«

      »Selbstverständlich?« Die Stimme des Fürsten wurde zum Orkan. »Ist es vielleicht selbstverständlich, dass ein biederer Angestellter an meinem Tisch speist? Sind denn hier alle verrückt geworden? Lebt man hier plötzlich nach dem Motto: Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch?«

      Das Geschrei des Fürsten blieb natürlich auch im Speisesalon nicht ungehört. Jenny legte den Bissen, den sie gerade in den Mund schieben wollte, auf den Teller zurück und blickte Alexander erschrocken an.

      »Was ist denn jetzt los?«, erkundigte sie sich.

      »Seine Hoheit beliebten, vorzeitig aus München zurückzukehren«, erklärte Alexander gelassen. »Karl scheint ihm berichtet zu haben, was wir zu tun gewagt haben. Und jetzt ist Seine Durchlaucht gerade am Explodieren.«

      »Und da bleibst du so ruhig?«, staunte Jenny.

      »Warum nicht?« Alexander zuckte die Schultern. »Ich musste doch von Anfang an damit rechnen, dass er so ähnlich reagieren würde. Er wird sich auch wieder beruhigen.«

      Aber soweit war es noch lange nicht. Die Tür zum Speisesalon wurde aufgerissen, und dann stürmte eine an einen