Sammelband 7 Krimis: Tuch und Tod und sechs andere Thriller auf 1000 Seiten. Alfred Bekker

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Название Sammelband 7 Krimis: Tuch und Tod und sechs andere Thriller auf 1000 Seiten
Автор произведения Alfred Bekker
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745204469



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wenn er nicht eine Kevlarweste unter seiner Kleidung getragen hätte“, erklärte Dietrich.

      Berringer zuckte mit den Schultern. „Bringt uns das jetzt irgendeinen neuen Ermittlungsansatz?“

      „Nein. Nur die Bestätigung eines alten: Die Sache war so akribisch vorbereitet, dass ich inzwischen fest an einen Profi glaube.“

      „Waren Patronenhülsen auf dem Balkon zu finden?“

      „Nicht auf dem Balkon, sondern unter dem Balkon. Sie sind offenbar in die Tiefe gefallen.“

      „Das macht kein Profi.“

      „Vielleicht ein Profi, der nicht wie ein Profi erscheinen will“, schlug der Kommissar vor. „Außerdem gibt es an den Patronenhülsen keine Fingerabdrücke, was auch für einen Profi spricht. Wenn er Latexhandschuhe trug, kann man bei ihm noch nicht einmal Schmauchspuren an den Händen nachweisen.“

      „Mein Mitarbeiter hat einiges über diesen Ferdinand Commaneci und sein dubioses Firmengeflecht herausgefunden“, erklärte Berringer. „Da wird irgendetwas im Krefelder Hafen vorbereitet, das euch vielleicht die Möglichkeit geben könnte, diese Organisation auszuhebeln.“

      „Lass hören, Berry.“

      Am Nachmittag hatte Berringer seine wöchentliche Sitzung beim Psychiater. Das war eine heilige Zeit, in der ihn nichts stören durfte. Gleichgültig, an welchem Fall er auch arbeiten mochte. Eine Stunde in der Woche, die ihm gehörte. Ihm und den Untiefen seiner Seele.

      In dieser Zeit stellte er sogar das Handy ab, was er sonst nicht einmal nachts tat.

      Als die Sitzung vorüber war und er wieder im Wagen saß, hörte er seine Mailbox ab.

      Vanessa hatte sich gemeldet. „Ich bin hier bei Avlar Sport und habe mich gerade mit einer Frau aus der Buchhaltung unterhalten. Durch sie hab ich erfahren, dass Frank Severin ein Gehalt bezog, das etwa doppelt so hoch war wie in seiner Position üblich“, berichtete sie. „Ich denke, es muss einen Grund dafür geben. Freiwillig zahlt doch kein Arbeitgeber so viel – das sieht man ja an dir, Robert! Tschüss und meld dich!“

      Später machte er noch einen Abstecher zum Haus Oberkassel, um Regina Gerath aufzusuchen. Sie empfing ihn in einem der im englischen Jugendstil sehr individuell eingerichteten Räume. „Leider ist es noch entschieden zu kalt, um sich auf die Terrasse des Rosengartens zu setzen“, sagte sie. „Aber bei den ersten Sonnenstrahlen im Jahr denkt man daran.“

      „Sie waren schon öfter hier?“, schloss Berringer aus ihren Worten.

      „Frank und ich haben uns manchmal ein Wochenende hier gegönnt. Bei ihm zu Hause war das immer etwas riskant. Krefeld ist schließlich eine Kleinstadt. Aber hier

      ...“

      „Ich wusste gar nicht, dass Herr Severin ein so kulturbeflissener Mensch war.“

      „Sie unterschätzen ihn. So wie Sie auch mich falsch einschätzen. Denn ich habe mit seinem Tod nicht das Geringste zu tun – abgesehen davon, dass ich unendlich traurig darüber bin. Aber ich habe inzwischen gelernt, solche Gefühle nicht mehr allzu stark nach außen dringen zu lassen.“

      Da hast du dann aber fleißig geübt, dachte Berringer und fragte: „Sagt Ihnen der Name Matthias Gerndorf etwas?“

      „Gerndorf ... Gerndorf ... Nein, tut mir leid. Es könnte sein, dass der Name mal erwähnt wurde. Irgendetwas Geschäftliches oder ...“ Sie schüttelte den Kopf. „Hat keinen Sinn, Herr Berringer. Im Übrigen habe ich von den Geschäften meines Mannes keine Ahnung mehr. In den letzten Jahren, seit ich nicht mehr im Betrieb mitarbeite, hat er mich auch nicht mehr in diese einbezogen.“

      „Ich verstehe.“

      „Das glaube ich kaum, Herr Berringer. Das glaube ich kaum.“ Ein paar Tage später begann die BOOT. Berringer hatte bis dahin kaum Kontakt zu Gerath. Der Unternehmer ließ ihn immer wieder abwimmeln, befand sich angeblich in Meetings oder war aus irgendeinem anderen Grund nicht zu erreichen.

      Berringer sah ihn erst am ersten Tag der BOOT wieder, wo Avlar Tex einen großen Stand hatte, auf dem die neuesten Segelstoffe präsentiert wurden. Der Stoff, aus dem die Zukunft ist, lautete der Firmenslogan.

      Berringer wurde von Vanessa Karrenbrock und Mark Lange begleitet. Gerath wirkte sehr hektisch. Er schwitzte, aber das lag vielleicht auch an der Temperatur, die trotz Aircondition in der Messehalle herrschte und der Tatsache, dass er eine Schutzweste unter dem Hemd trug.

      „Guten Tag, Herr Berringer. Schön, dass Sie hier sind. In Ihrer Gegenwart fühle ich mich doch noch etwas sicherer.“

      „Taugen Ihre Bodyguards nichts?“

      „Als ich auf die Terrasse ging, um frische Luft zu schnappen, haben die mich auch nicht schützen können.“ Er langte in seine Jackettinnentasche und zog einen Umschlag hervor, den er Berringer reichte. „Sehen Sie mal rein!“ Berringer holte ein gefaltetes DIN-A4-Blatt hervor. Darauf waren in ausgeschnittenen Buchstaben die Worte STRAFE MUSS SEIN!!! zu lesen.

      Drei Ausrufungszeichen.

      „Das war heute Morgen im Briefkasten. Diese Mafiatypen wollen mich umlegen!“

      „Das hätten Sie gleich der Polizei geben und vor allen Dingen nicht anfassen sollen!“

      „Es besteht doch ohnehin keine Chance, denjenigen zu identifizieren, der das verfasst hat.“

      „Da muss ich Ihnen widersprechen.“

      „Wie auch immer. Ich hatte vor der BOOT einfach keinen Nerv, großes Aufsehen deswegen zu machen. Für mich ist das Allerwichtigste, dass die Messe gut über die Bühne geht. Davon hängt so viel ab. Sie glauben ja gar nicht, was hier alles für Geschäfte angebahnt werden. Wenn ich das mal in Beziehung zu meinen Umsatzzahlen setze, dann ...“

      „Ich würde eigentlich gern mit Ihnen noch mal über Matthias Gerndorf sprechen.“ Sein Gesicht veränderte sich. Es erstarrte zu einer Maske. Der Mund wurde zu einem dünnen Strich.

      „Chef, kommen Sie mal bitte!“, rief seine Sekretärin.

      „Sie glauben es vielleicht nicht, aber auch ich muss für mein Geld arbeiten“, sagte Gerath.

      Er drehte sich um und ging zu seiner Sekretärin, die ihm einem Mann im dunkelgrauen dreiteiligen Anzug vorstellte, der seine Aktenmappe dicht an den Körper gepresst hielt.

      In den folgenden Tagen drängten sich die Besucher der BOOT in den Messehallen, um sich Yachten, Jollen und Zubehör anzusehen oder wichtige Geschäfte abzuschließen.

      Berringer und seine beiden Angestellten lösten sich schichtweise ab. Außerdem hatte Peter Gerath noch Schutz durch die Bodyguards von SAFE & SECURE, die von der Messeleitung sogar eine Sondergenehmigung bekommen hatte, ihre Waffen zu tragen.

      Berringer hatte seine Waffe gar nicht erst mitgenommen. Er besaß zwar eine SIG

      Sauer P 228, zu der er natürlich einen Waffenschein vorweisen konnte, aber in der Praxis führte er die sechzehnschüssige Pistole so gut wie nie mit sich, geschweige denn, dass er sie benutzte. Und auf der BOOT schloss sich jeder Waffeneinsatz eigentlich von vornherein aus. Das galt auch für die anwesenden Polizeikräfte, die Ein- und Ausgänge sicherten. Es war völlig undenkbar, innerhalb einer so dichten Menschenmasse eine Schusswaffe einzusetzen. Die Gefährdung Unbeteiligter war schlicht und ergreifend viel zu hoch und stand in keinem Verhältnis zum möglichen Nutzen.

      Während einer der BOOT-Schichten, die Berringer persönlich übernehmen musste, glaubte er plötzlich in der Menge ein Gesicht wiederzuerkennen.

      Der unscheinbare Golffahrer, von dem er inzwischen wusste, dass er Matthias Gerndorf hieß, hielt sich an einem Stand in unmittelbarer Nachbarschaft auf und blickte immer wieder zu dem von Avlar Tex hinüber.

      Diese Gelegenheit wollte sich Berringer nicht entgehen lassen. Er ging mit schnellen Schritten auf Gerndorf zu, rempelte rücksichtslos ein paar Leute aus