Wolken über Gut Schönwiesen. Stefan Kretzschmar

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Название Wolken über Gut Schönwiesen
Автор произведения Stefan Kretzschmar
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783347048614



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       Stefan Kretzschmar

       Wolken über Gut Schönwiesen

      © 2020 Stefan Kretzschmar

      Lektorat, Korrektorat: Gerhard Hunkel

      Stefan Kretzschmar geb. 1947 in Sachsen. Arbeitete als Elektriker im Bergbau. Endlich hatte er als Rentner Zeit, seinen ersten Roman zu schreiben.

      Ich danke besonders meinem Lektor Gerhard Hunkel, sowie meiner Familie für ihre Unterstützung, dieses Buch zur Veröffentlichung zu bringen.

      Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359

      Hamburg

ISBN
Paperback:978-3-347-04859-1
Hardcover:978-3-347-04860-7
e-Book:978-3-347-04861-4

      Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

      Wolken über Gut Schönwiesen

      1. Kapitel

      Die Flucht nach Magdeburg

      Es war kurz nach Mitternacht. Die Wolken hingen tief. Schnell zogen sie dahin und verdeckten den Sternenhimmel. Ab und zu sah man, wie durch einen Schleier, das matte Mondlicht durch die wenigen aufgerissenen Wolkenlücken leuchten. Die Umrisse der mit Schnee behangenen Büsche und Bäume erschienen geisterhaft und gespenstisch.

      Das Jahr 1777 war noch keine vier Wochen alt. Zwei gebückte Gestalten, die durch den frisch gefallenen Schnee stapften, sahen sich immer wieder nach allen Richtungen um. Sie hatten ihre Mantelkragen fest hochgeschlagen und ihre Mützen tief ins Gesicht gezogen. Der nun schon seit Stunden anhaltende Schneesturm peitschte ihnen die Schneekristalle wie kleine Nadeln ständig ins Gesicht. Die beiden jungen Männer waren Felix Steinbach und sein bester Freund Konrad Landauer. Sie waren auf der Flucht vor den hessischen Rekrutierungskommandos. Vom Braunschweigischen Wolfenbüttel bis hierher an den Grenzort Schöningen hatten sie es schon geschafft. Die Flucht vom Braunschweigischen über die Grenze nach Preußen mussten sie unbedingt noch in dieser Nacht schaffen. Vor ihnen in etwa 200 Meter Entfernung sahen sie die Straße, die von Schöningen aus zur Grenzstation führte. Von weitem kam Pferdegetrappel immer näher.

      Das Schnaufen der heran galoppierenden Pferde war nun deutlich zu hören. Schnell ließen sich Felix und Konrad hinter einem umgestürzten großen Baum auf den Schneeboden fallen. Das reichlich vorhandene Buschwerk machte ihre Deckung perfekt. Eine Gruppe Reiter jagte im Galopp auf der Straße an ihnen vorbei. Die Nüstern der gehetzten Pferde stießen dampfenden Atem aus. An den Uniformen erkannten die beiden, dass es Husaren eines Braunschweiger Reiterregiments waren. Felix und Konrad hüllten sich in ihre Decken. Vor einigen Stunden hatten sie noch Rast in einer Gastwirtschaft gemacht. Als sie schnell verschwinden mussten, steckte ihnen die Wirtin die Decken noch rasch zu. Da sich bei diesem Wetter kein Gespann zum Grenzübergang wagte, mussten sie unbedingt bis zum Anbruch des Morgens hier im Dickicht in Deckung bleiben. Der starke Ostwind begann nun endlich etwas nachzulassen. Vom Grenzübergang her hörte man erneut das Getrappel von Pferdehufen. Es war die Gruppe Reiter, die wieder nach Braunschweig zurück ritt. Auf drei Pferden war je ein Gefangener hinter den Husaren fest angebunden. Felix und Konrad konnten einige der Worte, die ein Husar dem anderen zuschrie, verstehen. „Nur wegen diesem Gesindel von Strauchdieben und Deserteuren müssen wir bei diesem verdammten Mistwetter uns die Nacht um die Ohren schlagen. Sollen sich doch die Hessen um ihre Bastarde kümmern.“

      Nun entfernte sich der Trupp und das Pferdegetrappel wurde immer leiser bis es ganz verstummte. Die Reiter verschwanden in der dunklen stürmischen Nacht so schnell, wie sie gekommen waren. Fest in ihre Decken gehüllt versuchten die beiden Gefährten noch etwas Schlaf zu finden.

      Der Tag löste gerade die Nacht ab, als sich die ersten Fuhrwerke von und zum Grenzübergang bewegten. Noch etwas benommen und leicht fröstelnd schauten Felix und Konrad in Richtung Straße. Vom Grenzübergang her kommend, fuhren zwei Pritschenwagen an ihnen vorbei. Endlich kam ein Pferdegespann aus Richtung Schöningen, das zum Grenzübergang wollte, in Sicht. Der vollbeladene Planwagen wurde von zwei kräftigen Pferden gezogen. Das Gespann kam immer näher. Der Gespannführer, ein großer kräftiger Mann, lief neben den Pferden her und trieb sie mit knallender Peitsche und lauten Kutscherrufen an.

      Felix flüsterte Konrad zu: „Wir müssen es jetzt versuchen.“ Mit leiser Stimme sprach er weiter. „Wir müssen es wagen, sonst verpassen wir womöglich unsere einzige Gelegenheit über die Grenze nach Preußen zu gelangen.“ Eilig wickelten sie ihre Decken zusammen, klemmten sie sich unter den Arm und liefen zur Straße. Der Gespannführer hatte angehalten. Er band die Zügel der Pferde um die Armlehne des Kutscherbocks und lief um den Planwagen herum. Am rechten Hinterrad hatte sich ein Ast in den Radspeichen verfangen, sodass es nur noch auf der Straße schleifte. Als er gerade den Ast aus dem Rad herausgezogen hatte, standen Felix und Konrad neben ihm.

      „Einen schönen guten Morgen wünsche ich ihnen“, rief Felix dem Fuhrmann zu. Der Angesprochene schaute die beiden etwas mürrisch an, er hatte sie schon auf sich zu kommen sehen. „Entschuldigen Sie bitte“, sprach Felix freundlich weiter. „Könnten sie uns über die Grenze ins Magdeburgische mitnehmen?“ „Aha, also nach Preußen wollt ihr. Ihr wollt euch doch nicht etwa vorm Militärdienst im Hessischen drücken?“

      „Wieso vermuten Sie, dass wir so etwas vorhätten?“

      „Eure Sprache verrät mir, dass ihr Hessen seid“ sprach der Fuhrmann weiter und schaute dabei Felix besonders argwöhnisch an.

      „Na ja, zum Militär wollen wir schon, aber erst müssen wir zu meinem Onkel nach Magdeburg.“

      „So so, zu eurem Onkel nach Magdeburg wollt ihr also. Dann könnt ihr mir bestimmt auch sagen, wie er heißt.“ Felix überlegte einen kurzen Augenblick.

      „Max Vogelsang ist mein Onkel.“

      „Aha, zu dem Max Vogelsang wollt ihr also. Den kenne ich sehr gut, mit dem Max habe ich schon so manches Geschäft getätigt. Dann kennst du ja bestimmt auch die Kinder von Max.“

      „Ja, das sind Anton und Jutta, und die Frau von Max ist meine Tante Hedwig Vogelsang“, platzte es aus Felix heraus.

      „Schon gut“, meinte der Fuhrmann und ein Lächeln huschte ihm über sein schon in die Jahre gekommenes Gesicht. Der breitschultrige Mann reichte dem schmächtigen Felix die Hand. „Ich bin der Karl Ostebrücken, für meine Freunde auch einfach Karlo. So, und ab jetzt hört ihr auf mein Kommando.“

      „Du“, sagte er und zeigte auf Konrad, „bist ab heute mein Sohn und du Felix, der Sohn vom Max aus Magdeburg. Bis zur Grenze setzt du dich auf den Kutschbock und wir zwei laufen nebenher.“ Geschwind kletterte Felix auf den Kutschbock, wickelte die Zügel los und ließ sie auf dem Rücken der Pferde zweimal aufschlagen. Das sah so gekonnt aus, als hätte er schon so manches Fuhrwerk gelenkt. Mit Anschieben und Peitschenknall setzte sich die Fuhre wieder in Bewegung.

      Schon von weitem konnte man den Grenzübergang vom Braunschweigischen ins Preußische sehen. Als sie ankamen, stand nur ein Planwagen, der an der Kreuzung aus Richtung Helmstedt gekommen war, vor dem noch geschlossenen Schlagbaum. Die Soldaten mit übergehängten Gewehren kontrollierten sehr gewissenhaft die unter der Plane verstauten Säcke und Kisten des vor ihnen stehenden Fuhrwerks. Der Offizier, der neben dem Grenzhaus stand, beäugte misstrauisch nach der Kontrolle der Begleitpapiere jede Bewegung des Fuhrmanns. Nach einer Weile rief ein Soldat: „Nichts gefunden, alles in Ordnung!“

      Daraufhin gab der Offizier den Befehl, den rot- weiß gestrichenen Schlagbaum zu öffnen. Der Schlagbaum ging hoch und das Gespann wurde durchgelassen. Als sich der Schlagbaum wieder senkte, winkte der Offizier das nächste Fuhrwerk heran. Als der Offizier den Fuhrmann erkannte, meinte er: „Na Karlo, was schmuggelst du denn