Gartenzaun Connection. Doris Zielke

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Название Gartenzaun Connection
Автор произведения Doris Zielke
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783347099289



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dir vor, die haben mein Gepäck ins falsche Flugzeug gepackt.“

      Statt eines mitfühlenden Kommentars, lachte Florian glockenhell ins Telefon. „Hach, du Ärmste!“, er wedelte mit seinen Armen, während sich die Schiebetür öffnete und Karin endlich in den öffentlichen Bereich trat. Auch ihm war anzusehen, dass ihn der Tod von Tante Hildegard getroffen hatte, auch wenn er versuchte, dies hinter einer halbwegs fröhlichen Miene zu verstecken. Aber in Anbetracht des ernsten Anlasses war er heute ganz in Schwarz gekleidet. Einzige Ausnahme war ein tiefroter Schal, den er sich kunstvoll um den Hals geschlungen hatte. Und, wie Karin kurz amüsiert feststellte, waren seine Augen wie immer mit schwarzem Kajal umrandet.

      Florian hauchte Karin je ein Küsschen auf die rechte und linke Wange, dann hielt er sie eine Armlänge von sich entfernt und betrachtete sie.

      „Ich weiß, ich sehe grauenvoll aus.“

      „Grauenvoll ist noch eine sehr positive Umschreibung! Aber keine Sorge, das bekommen wir schon wieder hin.“

      „Darf ich bitten!“, er schob sie hinter sich mitten durch eine Gruppe Rentner, die unsicher in der Halle standen und versuchten sich zu orientieren, „nach Mallorca geht’s nach reeheechts!“, flötete er. Erleichtert nickte der zum Reiseführer auserkorene ältere Herr im karierten Hemd ihnen zu und scheuchte den Rest seiner Truppe in die besagte Richtung.

      „War doch nur ein Scheeheerz!“, rief Florian hinterher, doch einmal in Gruppenbewegung geraten, ließ sich die Rentner-Gang nicht mehr aufhalten.

      „Ähm“, meinte Karin, „solltest du nicht hinterher und das Ganze richtigstellen?“

      „Aber mein Schatz, warum denn? Vielleicht fliegen sie jetzt nach Timbuktu und haben den Urlaub ihres Lebens! Und der Herr im rotkarierten Hemd mit den passend weißen Tennissocken in seinen braunen Sandalen findet eine glutäugige, braunhaarige Schönheit, die ihn vergessen lässt, dass er seit zehn Jahren einen gerichtlichen Nachbarschaftsstreit führt, weil der nackte Popo des nachbarschaftlichen Gartenzwergs genau auf seine Haustür zeigt.“

      Karin musste laut auflachen. Florians unerschütterlicher Frohsinn durchbrach zum ersten Mal seit zwei Tagen ihre Trauer und Verzweiflung. Dennoch blieben beide kurz stehen und vergewisserten sich, dass der Rentnertrupp abermals zum Stehen kam und anschließend offensichtlich den Weg zum richtigen Gate gefunden hatte.

      „Wir müssen los“, drängelte ihr Jugendfreund, „ich stehe im absoluten Halteverbot.“

      Wo auch sonst?

      Die großen Schiebetüren öffneten sich und Karin stand kurz wie geblendet im Weg der hektischen Reisenden, die sich um sie herum teilten wie Moses das Meer. Zuhause! Zumindest bis sie wusste, wie es weitergehen sollte.

      „Wo steht denn dein Auto?“

      Florian deutete auf einen grellgrünen VW-Käfer, der inmitten wartender Taxis parkte. Von hinten näherte sich eine Politesse. „He, Sie da, warten Sie einmal!“ Die Dame in Uniform kam schnellen Schrittes auf sie zu, in der Hand wedelte sie mit einem Stück Papier. Offensichtlich wollte sie gerade eine Anzeige wegen Falschparkens aufnehmen.

      Florian und Karin sahen sich kurz an, dann sprinteten sie wie von der Tarantel gestochen auf Kommando gleichzeitig los, sprangen in den VW-Käfer, ignorierten die bissigen Bemerkungen der grantigen Taxifahrer, Florian startete den Wagen und fuhr Handküsse verteilend mit quietschenden Reifen davon.

      Zurück blieb die Politesse‚ die eigentlich gar keinen Strafzettel verteilen wollte und jetzt unschlüssig auf das Formular starrte, welches Karin kurz vorher aus der Jackentasche gefallen war. ‚Gepäckverlustmeldung‘ las sie, was sollte sie jetzt damit machen? War sie die Post? Nein, war sie nicht. Sie zerknüllte den Wisch und warf ihn in den nächsten Abfallbehälter. In den Papiermüll, natürlich, so viel Ordnung musste sein!

      3. Kapitel

      „Bringst du mich zuerst in die St.-Benedikt-Straße?“, fragte Karin. In der St.-Benedikt-Straße in der nahegelegenen Wohnsiedlung neben der fast vom Inn umschlungenen mittelalterlichen Stadt Wasserburg stand das Häuschen ihrer verstorbenen Tante.

      „Da kommst du nicht rein.“

      „Wieso komme ich da nicht rein, ich habe einen Schlüssel. Und Frau Zwiebel, die Nachbarin, hat doch auch einen Ersatzschlüssel. Für alle Fälle.“

      Florian biss sich auf die Lippen und umklammerte das Lenkrad so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. „Ich wollte dir das eigentlich erst bei mir Zuhause sagen. Die Polizei hat das Haus versiegelt, weil die Todesursache von Tante Hildegard unklar ist. Sie wurde von Frau Zwiebel tot aufgefunden, aber weshalb – oder besser gesagt, an was – sie gestorben ist, weiß bisher keiner. Sie war doch eigentlich topfit! Ist viel Fahrrad gefahren und war ständig beim Schwimmen.“

      Karins Augen füllten sich wieder mit Tränen. Diese Frage hatte sie sich auch schon gestellt, doch in dem ganzen Chaos ihres Aufbruchs aus Schottland war sie nicht imstande gewesen, sich damit auseinander zu setzen. „Du meinst doch nicht etwa, sie hat sich selbst…?“, fragte sie mit erstickter Stimme.

      „Nein, nein, dafür gibt es keine Anzeichen. Also keine eindeutigen. Also, keine leere Schlaftablettenpackung oder ähnliches neben ihrem Bett. Wahrscheinlich ist sie ganz friedlich eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht. Aber die Polizei muss dem nachgehen, wenn die Todesursache nicht feststeht.“ Seine Hand tastete kurz nach ihrer, „es wird leider eine Obduktion geben.“

      Sie starrte aus dem Fenster. Ihre Tante in einem kalten Sektionsraum, eine grauenhafte Vorstellung. „Wo?“

      „Im Institut für Rechtsmedizin in München. Ich nehme an, wenn die nichts finden, was auf Fremdverschulden hinweist, kann ziemlich bald die Beerdigung stattfinden und du kannst dann ins Haus.“

      Florian versuchte aus seinem alten VW-Käfer jeden einzelnen der vierunddreißig Pferdestärken herauszuholen, damit er den LKW vor sich überholen konnte.

      „Und Streuner? Wer füttert Streuner?“ Tante Hildegards rabenschwarzer Kater. Zäh schob sich der Wagen am LKW vorbei, ein entgegenkommendes Auto verlangsamte deshalb die Geschwindigkeit nicht, sondern betätigte wie wild die Lichthupe. „Das arme Katzenvieh ist völlig außer Rand und Band.“, Florian ließ sich von dem Geblinke nicht hetzen, „es hat wohl nicht verstanden, weshalb deine Tante nicht wieder aufgestanden ist.“ Im letzten Augenblick scherte der VW-Käfer vor dem LKW wieder in die richtige Spur ein, während der entgegenkommende SUV Sekunden später hupend an ihnen vorbeirauschte. „Soweit ich weiß, stellt Frau Zwiebel Futter und Wasser hin.“

      Langsam atmete Karin wieder aus. „Das übernehme ich jetzt.“ „Und ich deine Klamotten! Wir werden schon etwas bei mir finden, nachdem deine Koffer die Welt bereisen und du nichts aus deinem alten Kinderzimmer in der St.-Benedikt-Straße herausholen kannst.“ Florian wirkte äußerst zufrieden.

      ***

      Frau Zwiebel, die Nachbarin von Gegenüber, die Tante Hildegard tot aufgefunden hatte, befand sich genau zu diesem Zeitpunkt auf Abwegen. Sie gönnte sich eine kleine Auszeit.

      Hin und wieder nahm sie sich einen Nachmittag von ihrem verbissenen Gatten frei. Angefangen hatte es, als sie ihre inzwischen an Krebs verstorbene Nachbarin, Frau Veronika Lohmeier, einmal wöchentlich in der Onkologischen Abteilung des Krankenhauses „Rechts der Isar“ besucht hatte. Anschließend traf sie sich mit ihrer alten Jugendfreundin Laura zum Abendessen oder Konzertbesuch. Sie, Frau Zwiebel, fühlte sich wieder einmal frei. Deshalb fuhr sie auch weiterhin regelmäßig nach München, als alle medizinischen Möglichkeiten für ihre Nachbarin austherapiert waren.

      Bis einmal Laura keine Zeit für sie und sich ihr Programm plötzlich kolossal geändert hatte.

      Nun stand sie in dem kleinen Bad eines Hotelzimmers und betrachtete sich, wie Gott sie erschaffen hatte, ohne zu verhindern, dass das Alter unbarmherzig seine Spuren hinterlässt.

      „Mein Busen hängt“, stellte sie mit der Sachlichkeit einer pensionierten Oberstudienrätin, die Jahrzehnte lang versucht hatte, die Grundlagen der Naturwissenschaften in jugendliche Köpfe