VIRUS KILLER. Werner Sonne

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Название VIRUS KILLER
Автор произведения Werner Sonne
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783347128262



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tatsächlich überlegt, ob er das nicht besser unterlassen solle, denn in der Krise hatte man sich das in Berlin abgewöhnt.

      „Danke nochmal für die schöne Schlagzeile über den Machtkampf in Berlin. Sie haben die Situation gut auf den Punkt gebracht“, sagte Bergner.

      „Ja, das lief ziemlich gut, sowohl online wie auch in der Printausgabe. Hat sich an dem Tag deutlich besser verkauft als sonst“, antwortete Herrmann.

      „Wie schätzen Sie, unter uns, das Rennen ein? Der Ministerpräsident konnte in der Krise punkten. Starke Führung, klare Ansagen, das mögen die Leute. Und das ergibt gute Umfragewerte“, legte er nach.

      „Ja, mag sein“, räumte Bergner ein. „Aber Sie wissen doch: In der Politik gibt es immer wieder neue Überraschungen.“

      „Überraschungen? Habe ich etwas verpasst?“

      „Dafür ist die Zeit noch nicht reif. Aber denken Sie an unser Gespräch von heute zurück, wenn es soweit ist. Falls Sie gerne wetten, setzen Sie noch nicht all ihr Geld auf den Ministerpräsidenten. Das könnte sich noch böse rächen.“

      „Ich gebe zu, Sie machen mich neugierig“, versuchte Herrmann ihm noch weitere Informationen zu entlocken.

      „Das verstehe ich. Und seien Sie versichert, Sie werden der Erste sein, der es erfahren wird, wenn der Tag gekommen ist. Das wird Ihre Auflage nochmal deutlich steigern.“

      Bergner biss in das Lachsbrötchen, das ihm der Kellner wie immer zusammen mit einem starken Kaffee und einem Glas Orangensaft serviert hatte. Eigentlich wollte er sich auf keinen Fall weiter auf das Thema einlassen, konnte es dann aber doch nicht für sich behalten.

      „Sie sind zu jung, um sich zu erinnern, aber damals, im großen Watergate-Skandal in den USA, gab es ein Motto: Follow the money, folge dem Geld. Und wissen Sie, wie das endete? Mit dem Rücktritt von Richard Nixon, dem damaligen Präsidenten.“ Bergner merkte, wie Herrmanns Aufmerksamkeit wuchs, aber weiter als mit dieser Bemerkung würde er auf keinen Fall gehen, jedenfalls jetzt nicht.

      „Und was ist mit Mertens? Als Gesundheitsminister hat er doch auch einen guten Job gemacht. Außerdem ist er Muttis Liebling.“

      Bergner lächelte.

      „Ja, das stimmt. Das muss der Neid ihm lassen. Aber wir beide wissen, was alle in Berlin wissen, inklusive ihm selbst: Er ist einfach noch zu jung. Er hat jetzt den Hut in den Ring geworfen, um auf sich aufmerksam zu machen – für später. Er kann sich Zeit lassen und glaubt, dass er immer noch ans Ziel kommen wird. Nur eben nicht sofort.“

      „Bleiben also nur noch Sie, wenn ich das richtig verstehe“, warf Herrmann ein.

      „Es wird Sie überraschen, aber so sehe ich das auch.“ Bergner lächelte erneut.

      „Und wenn Sie die Geschichte zum Machtkampf in Berlin fortschreiben wollen, habe ich hier noch etwas für Sie.“

      Er sah, wie Herrmann seinen Kugelschreiber zückte, der bisher unangetastet neben seinem Notizblock gelegen hatte.

      „Ich mache mir Gedanken über den Tag danach. Ich möchte mit einem überzeugenden Team antreten. Und da habe ich schon mal einen Namen.“

      Herrmann führte die Spitze seines Kugelschreibers auf den oberen Teil des Notizblocks.

      „Ich höre“, sagte er.

      „Kurt Friedrich, der große Investor. Ein hervorragender Kenner der deutschen und internationalen Wirtschaft. Er würde bestimmt einen guten Wirtschaftsminister abgeben. Außerdem ist er der wichtigste Teilhaber bei NEWTEC und wenn die mit dem Impfstoff erfolgreich sein werden, und davon gehe ich aus, dann hat er mit seinem Investment auch eine wichtige patriotische Tat vollbracht, die Deutschland nach vorne bringen wird.“

      Herrmann schrieb und blickte dann auf.

      „Und? Wird er mitmachen?“

      „Davon gehe ich aus“, sagte Bergner, „aber natürlich haben Sie das nicht von mir persönlich gehört. Irgendwie aus Berliner Parteikreisen oder einer ähnlichen Quelle. Ich kann das nicht offiziell bestätigen, rate aber, es im Auge zu behalten. Das wird die Diskussion weiter vorantreiben, da bin ich mir sicher.“

      Herrmann klappte seinen Notizblock zu. Er hatte es plötzlich eilig.

      „Ich werde mal sehen, was man daraus machen kann“, sagte er. Er winkte dem Kellner zu.

      „Die Rechnung bitte.“

       Kapitel 13

       Frankfurt

      Hans hatte kein Problem, sie zu finden. Auf der App des Escort-Service „Blue Moon“ entdeckte er die relevanten Angaben über Ewa, inclusive eines eindeutigen Fotos. Er mailte den Link an Joe Miller, zusammen mit dem Hinweis, dass das Hessen Palais offensichtlich ihr bevorzugtes Revier war. Sicherlich wegen des zahlungskräftigen Publikums, das sich von den hohen Preisen nicht abschrecken ließ, die der Escort-Service für seine Mädchen aufrief. Einen Versuch war es wert.

      Joe Miller hatte die Morgenmaschine der Lufthansa genommen und saß im Taxi auf dem Weg in die Innenstadt. In der Ferne sah er die gläsernen Türme der Banken in den blauen Himmel ragen, die das Image der Stadt geprägt hatten.

      Wenn dieser Deal durchging, dann würde auch er in eine andere finanzielle Liga aufsteigen, dachte Miller; endlich. Als die CIA ihn nach dem Desaster in Bagdad rausgeworfen hatte, hatte er die hunderttausend Dollar mitgehen lassen, die er heimlich von dem Geld abgezweigt hatte, das er eigentlich gehortet hatte, in kleineren Summen, die er an sunnitische Stammesführer hätte verteilen sollen, um die schiitischen Milizen einzudämmen, deren Einfluss dank iranischer Unterstützung, immer weiter zunahm. Und bis heute war er überrascht, dass dieser Diebstahl niemandem aufgefallen war. Aber die Zeiten waren hektisch und der Chief of Station ohnehin ein Versager. Zugegebenermaßen hatte er damals ebenso wenig Ahnung von Geld, investierte in einen Hedgefonds, der bald darauf pleiteging, und die Hunderttausend waren weg.

      Manchmal ertappte er sich dabei, an seine Kindertage in Montana zurückzudenken. Damals hatte er es dort gehasst, fühlte sich abgehängt von der großen weiten Welt da draußen, wollte nur raus, so weit weg wie möglich.

      Was wohl aus Carolyn geworden war, dem Mädchen von der Farm nebenan? Sie hatte ihm erst hinterher gebeichtet, dass sie schwanger geworden war und abgebrochen hatte. Das war der Tag, an dem er sich in Billings beim Rekrutierungsbüro der Army gemeldet hatte und sofort genommen worden war. Er hatte Carolyn nie wiedergesehen.

      Jetzt fragte er sich, ob die Weite Montanas, die grandiose Leere, nicht genau das war, was ihm wirklich fehlte. Und ein Mädchen wie Carolyn. Weg von allem; diesem verdammten Job, dem Druck, den Heimlichkeiten. Und weg von den Toten. Er wischte den Gedanken beiseite. Das war der falsche Tag für sentimentale Nostalgie. Wenn er sein Leben überhaupt ändern wollte, dann musste er erst einmal die Voraussetzungen dafür schaffen. Und dafür brauchte er Geld. Viel Geld.

      Sie wartete in der Lobby des Hotels auf ihn. Sie war ganz in schwarz gekleidet: ein enger Hosenanzug, hochhackige Schuhe, eine schwarze Dior-Tasche, alles in allem elegant. Nur das grelle Rot ihrer Lippen und auch das Schwarz, mit dem sie ihre langen Wimpern betont hatte, waren etwas zu aufdringlich. Dennoch: Sie war attraktiv, dachte er. Damit konnte man arbeiten. Er wandte sich ab und checkte an der Rezeption ein.

      „Da ist ja Ihre Reservierung, eine Nacht, Mr. Miller“, sagte die junge Frau an der Rezeption, nachdem sie einen Blick auf den Computerbildschirm geworfen hatte. „Wenn Sie das noch kurz ausfüllen könnten?“ Miller unterschrieb den Anmeldeschein. „Einen schönen Aufenthalt, ich hoffe, Sie fühlen sich bei uns wohl. Ein Page wird Sie gleich auf ihr Zimmer begleiten.“

      „Nein, nein, nicht nötig. Ich komme schon zurecht“, wies er das Angebot zurück. Am anderen Ende der Hotelhalle nahm er den Mann wahr, der dort in einer Zeitschrift blätterte. Hans nickte nur ganz kurz in seine Richtung und vertiefte sich dann erneut in sein Automagazin.

      Miller wandte sich wieder der blonden Frau zu, die in einem Sessel saß und ihn beobachtete.