Der Kanujäger. Larry Lash

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Название Der Kanujäger
Автор произведения Larry Lash
Жанр Вестерны
Серия
Издательство Вестерны
Год выпуска 0
isbn 9783745212754



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aber wie man sich mit einer Wolfsmaske vor dem Gesicht dem Leithengst zeigt, so dass das Tier auf einen zukommt und man ihn mit einem Schuss über den Widerrist betäuben kann. Das hat niemand Tom Darnell nachmachen können. – Sie sind es wirklich, ich erkenne es immer deutlicher. Noch heute spricht man davon, wie es Ihnen gelingen konnte, nach zwei Stunden den wildesten Gaul zahm zu kriegen. Willkommen daheim, Tom Darnell! Es ist schier unglaublich für uns, dass Sie noch am Leben sind, denn hier glaubt man Sie seit acht Jahren tot.“

      „Ein Irrtum, weiter nichts.“

      „Ein böser Irrtum, denn Ihre Geschwister haben es geglaubt.“

      Der Mann hing seine Flinte an einem Wandhaken auf und bat Tom, Platz zu nehmen. Die Frau und die Kinder musterten ihn noch immer scheu. Es schienen Menschen zu sein, die nur sehr

      wenig Kontakt zu anderen hatten, denen das Misstrauen im Blute lag.

      Tom wirkte schwerfällig, als er auf der Bank neben dem Tisch. Platz nahm. Die Frau trat wortlos zum Herd und schürte das Feuer. Die beiden Kinder waren ihr gefolgt, ohne jedoch den Fremden aus den Augen zu lassen. Fremd und gespannt war für Tom die Atmosphäre. Er hatte nie so empfunden wie in diesen Augenblicken, als er geglaubt hatte, heimgekommen zu sein. Die Kehle war ihm wie zugeschnürt, in seinen Augen brannte es heiß. Er schluckte und schaute auf die Kienfackeln, die in schmiedeeisernen Haltern an den Wänden brannten. Irgendwie erinnerte ihn das Licht an das Nordland, wo er mit den Ottawas und Wyandotts bei Fackellicht mit Schlittengespannen über die Eisfläche des Iroquois Houregan-Sees gejagt war. Die Eisfläche hatte unter den Kufen geknirscht. Seltsam, dass sich jetzt bei der großen Enttäuschung, die er erlebte, sich allerlei Bilder seines vergangenen Wanderlebens vordrängten. Vor seinem geistigen Auge erschienen die gewaltigen Seen in den düsteren Wasserlanden. Er sah den gelben, trüben Schlammfluss, den man Missouri nannte, die eigenartig geformten Felszinnen der Gebirge, die an Gespensterburgen erinnerten, und über die Prärie dahinjagende Indianerhorden.

      Auch jetzt raunte und rauschte es. Es war der Wind, der um das Haus strich. Er glaubte das Rauschen der Blätter der Sykomoren und Silberpappeln herauszuhören. War es nicht, als würden sich jeden Augenblick die Fellfenstervorhänge öffnen und gespenstische Wesen hereingleiten?

      „Nur noch einen Augenblick Geduld, Tom Darnell, dann gibt es etwas zu essen. Man soll von Joe Hicks nicht sagen können, dass er die Gesetze der Gastfreundschaft missachtet. Ich war ein Narr, dass ich Sie für einen Landvermesser hielt. Verzeihen Sie, Tom Darnell. Nach dem Essen wollen wir uns über Ihre Familie unterhalten, nicht eher.“

      „All right“, sagte Tom ruhig. Er war damit einverstanden. Ein Gast hatte die Anweisungen des Gastgebers zu achten. Hier war er nicht zu Hause, hier war er ein Fremder, nur ein Gast.

      2.

      Die Armut, in der die Familie Hicks lebte, wurde erst so recht sichtbar, als die Frau das Essen auftrug. Es war eine dünne Wassersuppe. Es gab nicht wie einst, als die Siedler das Land am Otterbach besetzt hatten, verschiedene Arten von Wildbret und Fisch. Es gab weder Büffel noch Hirschfleisch oder gar Truthahn. Längst war das Wild durch den immer stärkeren Zustrom der Siedler zum Otterbach verdrängt worden. Fleisch war zur Delikatesse geworden, und die Siedler, die sich einst um ihre Nahrung keine Sorgen zu machen brauchten, hatten umlernen müssen. Sie hatten mit dem Ackerbau beginnen müssen und dann, als ihnen die Regierung das Land streitig machte und es ihnen nach der Vermessung verkaufen wollte, zum Teil aus Protest die Frühjahrsbestellung nicht mehr vorgenommen. Jetzt waren die verheerenden Folgen dieser Unterlassung zu spüren. Schon jetzt im Herbst gab es kaum etwas zu beißen.

      „Es ist überall so im Lande“, sagte Hicks, auf dessen eingefallenen Wangen hektisch rote Flecken brannten. „Die Äcker wurden nicht bestellt. Wir wollten den Engländern zeigen, was das Land ohne unsere Arbeit wirklich wert ist. Wir haben nur so viel angebaut, dass unsere tägliche Nahrung gesichert schien. Doch dann kam das Unwetter und anschließend die Dürre. Es ist schlecht bestellt um die Menschen am Otterbach. Erschwerend kommt noch hinzu, dass in diesem Jahr so wenig Fischschwärme den See durchzogen, dass die Arbeit sich nicht mehr lohnte und die Fischer mit leeren Kähnen zurückkamen. In Mobile bildeten sich Jagdgemeinschaften wie einst vor Jahren, die weit fortzogen. Doch auch sie kamen mit fast leeren Händen zurück. Die blauen, weißen und roten Füchse, die Minke, Ottern und Biber, Zobel, Luchs und Wapiti sind fortgewandert. Auch das größere Wild, das einst die Wälder hier belebte, ist fort. Aus dem Wildparadies wurde eine Einöde. Die Menschen hier in der Gegend hungern alle, ohne Ausnahme. Überall, wohin Sie auch kommen werden, ist es das gleiche Bild. Viele Kinder und ältere Leute sind bereits gestorben. Der Hunger hat die Wangen ausgehöhlt und einst starke Männer gebeugt. Viele leben völlig apathisch dahin. Es sind alle betroffen, ob es sich nun um Menschen englischer oder französischer Abstammung handelt. Man sagt, dass in Mobile bereits die ersten Seuchen aufgetreten sind.“

      Der Sprecher schwieg und starrte auf seinen Teller. Seine Frau und seine Kinder hatten bisher schweigend dagesessen und blieben es auch jetzt nach dem Essen. Man sah diesen ausgemergelten Gestalten an, dass sie schon lange Zeit nur so viel zu essen bekommen hatten, dass sie nicht vor Entkräftung umfielen.

      Tom blickte von einem zum anderen. Für ihn war es unbegreiflich, dass man den Hunger so ohne Kampf hinnahm, dass man überhaupt in diesem Lande blieb. Er schwieg, und sein Gastgeber fuhr schließlich fort: „Einige Leute in Mobile haben ihre Pferde geschlachtet, andere ihre Hunde. Ziegen, Schafe, Kühe und Federvieh gibt es schon lange nicht mehr in Mobile. Der Hunger hat sich in diesem Lande breitgemacht, doch hat er die Landvermesser nicht zu vertreiben vermocht. Sie kamen bis zum Spätsommer, um das Geld einzutreiben. Es gab einige Schießereien. Drei Grenzer wurden getötet und ein Landvermesser. Militär rückte an, doch die Soldaten blieben nicht lange. Das Elend, das sie zu sehen bekamen, ließ sie in ihre Garnisonen zurückkehren. Sie trieben die Leute fort, die sich in der Hoffnung an ihre Fersen geheftet hatten, dass etwas für sie abfallen würde. Es sollen sich furchtbare Dinge abgespielt haben, doch die Regierung denkt nicht daran, Lebensmittel zu schicken. Wir sollen für unseren Protest bestraft werden, und die Suppe, die wir uns einbrockten, bis zum letzten Tropfen auslöffeln. So steht es in diesem Lande, Tom Darnell. Ihre Heimkehr steht unter einem schlechten Stern. Wenn Sie genug Kraft in sich haben, dann kehren Sie um, noch bevor das Hungergespenst sich hinter Ihnen aufreckt.“

      Hicks brauchte Tom nun keine Erklärung mehr für die Stille zu geben, die ihm bei seiner Ankunft in den Ställen aufgefallen war. Wo kein Leben mehr war, stand das Schweigen. Das Schweigen der Hoffnungslosigkeit schien der Frau und den Kindern den Mund verschlossen zu haben. Jetzt konnte Tom begreifen, warum die Kinder so schnell gegessen und immer wieder zu seinem Teller geblickt hatten, so als wäre es ein Unrecht von ihm, von ihren Portionen zu essen. Kinderaugen verrieten das Elend. Es war gleichgültig, ob es sich nun um Kinder von weißer oder roter Hautfarbe handelte. Vor fünf Jahren war er in der Nähe von Fort Churchill auf der Suche nach Kupfer im Lande der froststarrenden Wälder einer halbverhungerten Schar von Indianern begegnet, die ihm die Schlittenhunde mitsamt dem Geschirr geraubt hatten. Die Rothäute hatten sie abgeschlachtet und in die Kochtöpfe geworfen. Alle waren über das halbgare Fleisch hergefallen wie eine Schar aus der Hölle entsprungener Teufel. Zum Glück bekam er Hilfe von einigen Pelzjägern, die den Indianern von ihren Vorräten zu essen gaben. Einige geringe Mahlzeiten hatten dem ganzen Stamm wieder helfen und auf die Beine bringen können.

      Weiße Menschen waren allerdings viel empfindlicher und anfälliger als Indianer. Der Hunger, wenn er sie voll traf, brachte sie viel zu schnell um. War es nicht, als ob die Schatten des Todes sich bereits grausam in den Augen dieser Menschen eingenistet hatten?

      „Bevor ich noch Auskunft über meine Geschwister haben will, folgen Sie mir zu meinem Kanu, Hicks. Ich habe noch ein halbes Reh, zwei Bärenschinken und Markfettblasen. Die Dinge sind hier wohl am rechten Ort. Kommen Sie!“

      Joe Hicks hob den Kopf. Er bewegte die Lippen, doch kein Laut kam hervor. Seine Frau saß still und aufrecht. Über ihre ausgezehrten Wangen liefen Tränen. Nein, sie schluchzte und jammerte nicht, sie fand wie ihr Mann kein Wort des Dankes. Die beiden Jungen stimmten plötzlich ein Jubelgeschrei an.

      Tom Darnell war bereits nach draußen getreten. Joe Hicks kam hinter ihm her und holte ihn bald