Название | Herzhaft Verkorkst |
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Автор произведения | René Bauhus |
Жанр | Контркультура |
Серия | |
Издательство | Контркультура |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783347081826 |
»Ach«, sagte sie. »Ich mache meine Kosmetik am liebsten selbst. Da weiß ich wenigstens, was drin ist und funktionieren tut es auch, ohne dass ich Tieren die Falten aus dem Arsch creme.« Strahlend reichte sie Hanna ihr Wechselgeld und Hanna entging nicht, dass der Mann direkt hinter ihr ein unterdrücktes Lächeln ausstieß. Sie funkelte ihn an, dann griff sie nach ihrem Smoothie und verließ hocherhobenen Hauptes den Supermarkt. Manchen Frauen ist eben einfach nicht zu helfen, dachte sie, während sie durch die Abendsonne zu ihrem Wagen ging. Dort schickte sie Matthias vor dem Starten des Motors eine Nachricht, in der sie ihm sagte, dass sie in wenigen Minuten zu Hause sein würde. Zu dem Satz, dass sie sich auf ihn freute, konnte sie sich allerdings nicht durchringen. Dazu war ihre Laune jetzt definitiv zu schlecht.
2. Kapitel
Als Hanna das Wohnzimmer betrat, sah sie Matthias, der mit einem großen Strauß Blumen und einem Umschlag in der Hand auf sie wartete.
»Da bist du ja, mein Schatz«, begrüßte er sie strahlend. Hanna sah ihn an. Obwohl er geduscht hatte, trug er immer noch Spuren von dunklem Motoröl im Gesicht und unter seinen Fingernägeln waren schwarze Ränder, doch sein Lächeln ließ sie darüber hinwegsehen.
»Ich habe schon auf dich gewartet.«
Hanna stellte ihre Handtasche auf den Tisch und ging auf ihn zu. Zärtlich legte Matthias seine Arme um sie und küsste sie innig.
»Langer Tag?«
»Frag nicht!«
Hanna löste sich aus seiner Umarmung und ließ sich auf das Sofa sinken.
»Wie lief die Produkteinführung?«, fragte Matthias, während er die Blumen in die Vase auf der Kommode stellte, die er bereits vorbereitet hatte. Das noch ungeöffnete Kuvert lehnte er dagegen.
»Gut, aber wie immer war es zäh und anstrengend. Ich hoffe sehr, dass sie mich im Herbst endlich hoch in das Management versetzen und ich mich nicht mehr länger mit diesen Dingen herumschlagen muss.«
Matthias setzte sich neben sie und legte ihr seine Hand auf das Knie.
»Du machst das großartig und sie können niemand Besseren für den Job finden. Das wissen sie!«
Hanna schmiegte ihren Kopf an seinen Hals und atmete sein After Shave ein, ein sanfter, herber Geruch, der sie beruhigte.
»Möchtest du nicht mal in den Umschlag…« – Matthias kam nicht dazu, seinen Satz zu beenden. Das Piepen ihres Handys unterbrach ihre Unterhaltung. Hanna rollte mit den Augen, sprang auf und wühlte in ihrer Handtasche nach dem Mobiltelefon. Hastig tippte sie darauf herum und las dann die gerade eingegangene E-Mail.
»Dieses Miststück!«, entfuhr es ihr. Wütend schleuderte sie ihr Handy auf den Esstisch. Matthias blickte auf.
»Was ist los?«
»Die Meinert aus dem Vertrieb hat die Zahlen rausgegeben und wie immer hat sie nicht alle meine Verkäufe aufgelistet, obwohl ich ihr das schon einhundert Mal gesagt habe.«
Hanna raufte sich die Haare. Matthias stand auf und versuchte, sie zu umarmen, doch sie entzog sich ihm.
»Lass mich, ich will erst einmal duschen.«
»Na gut, Schatz. Ich freue mich auf das Essen gehen«, antwortete Matthias verständnisvoll.
»Essen gehen? Spinnst du? Ich muss mich sofort darum kümmern, sonst ist mein Bonus in diesem Monat Essig.«
Matthias erstarrte.
»Ist das dein Ernst? Heute ist unser Jahrestag! Wir haben schon vor Wochen den Tisch bei unserem Lieblingsitaliener reserviert! Ich habe mich extra beeilt, um von der Arbeit nach Hause zu kommen.«
Hanna funkelte ihn an.
»Hast du nicht gehört, was ich gerade gesagt habe? Das ist ja wohl wichtiger, als irgendwo eine Pizza essen zu gehen, immerhin ist das nicht unser Hochzeitstag. Ich muss arbeiten!«
»Kann das nicht einmal warten? Ob du die Zahlen jetzt heute schickst oder morgen, macht doch gar keinen Unterschied! Die Meinert ist doch sowieso nicht mehr im Büro und ich habe mich so auf den Abend gefreut! Ich hätte auch noch länger arbeiten können und mein Tag war auch nicht aus Zuckerguss und dann kommst du mir mit so etwas?«
Hanna riss sich ihre Pumps von den Füßen.
»Als würde das in eurer verkackten Werkstatt einen Unterschied machen, ob du nun heute oder morgen die paar Schrauben nachziehst! Bei mir geht es um echtes Geld – oder soll ich dich daran erinnern, wer unseren Urlaub bezahlt hat?«
Sie machte einen Schritt auf Matthias zu und sah ihm fest in die Augen.
»Du tust immer so, als sei das Leben ein einziger Spaziergang, dabei hast du doch von echter Verantwortung und wirklicher Arbeit gar keine Ahnung. Und jetzt lass mich vorbei!«
Matthias trat beiseite und Hanna rauschte an ihm vorbei in Richtung Badezimmer. Kurz darauf hörte er das Wasser laufen. Noch eine Weile blieb er stehen und blickte sich unentschieden um. Dann griff er nach seinem Schlüssel und verließ die Wohnung. Die Wohnungstür fiel mit einem Knall in das Schloss und das Kuvert, das er hinter den Blumenstrauß geschoben hatte, rutschte hinunter und verschwand hinter der Kommode.
Lautes Stimmengewirr drang aus dem »Gleis 3« direkt am Bahnhof, als Matthias aus dem Auto stieg und auf den Eingang zuging. Seine Lieblingskneipe war hell erleuchtet und gut besucht. Warme Luft schlug Matthias entgegen, als er durch die Tür trat. Köpfe wandten sich ihm zu und begrüßten ihn und er erwiderte die Begrüßung mit einem Nicken, während er sich seinen Weg bis zur Theke bahnte, wo er ein Bier bestellte.
»Na, mein Bester!«, begrüßte ihn Rudi. Rudi war Rentner und gehörte mehr oder weniger zum Inventar des Gleis 3s. Er war immer hier, egal um welche Uhrzeit oder an welchem Wochentag. Seine Frau war vor wenigen Jahren gestorben und so hatte er nichts anderes zu tun, als an der Theke zu sitzen, zu trinken und ab und zu hinauszugehen, um eine seiner besonders starken, selbstgedrehten Zigaretten zu rauchen. Matthias hob eine Augenbraue.
»Du siehst ja aus, als sei dir eine gewaltige Laus über die Leber gelaufen«, redete Rudi einfach weiter, als Matthias nicht antwortete.
»Was ist passiert? Lass mich raten, es geht um eine Frau, es geht nämlich immer um eine Frau.« Rudi nippte an seinem Bier. Tanja, die Barfrau, lächelte Matthias zu und stellte ein Bier mit einer nahezu perfekten Krone vor ihm ab, bevor sie mit ihrem Kugelschreiber einen Strich auf seinem Bierdeckel machte.
»Es geht nicht um eine Frau, es geht um die Frau«, sagte Matthias und nahm den ersten Schluck. Das kühle Bier fühlte sich köstlich in seiner Kehle an, beruhigend, herb und vertraut.
»Natürlich, um die geht es ja. Um die eine, die so ist wie keine andere.« Rudi schmatzte, griff in seine Hemdtasche, um seinen Tabakbeutel hervorzuholen, und begann, sich eine Zigarette zu drehen.
»Kann ich auch eine haben?«, fragte Matthias.
»Aber sicher, mein Junge«, antwortete Rudi fröhlich.
Hanna hasste es, wenn Matthias rauchte und eigentlich hatte er das Rauchen schon vor Jahren aufgegeben, doch wenn er besonders aufgewühlt war, dann hatte er manchmal das Bedürfnis zu rauchen.
Gemeinsam ging er mit Rudi vor die Tür der Kneipe und zündete die ziemlich krumm geratene Zigarette an.
»Heute ist unser Jahrestag«, erklärte er Rudi. »Wir wollten essen gehen, feiern, aber sie hat nur die Arbeit im Kopf. So ist sie eben, sie ist zielstrebig, entschlossen. Das ist ja auch gut so, das liebe ich ja auch an ihr, aber manchmal wünsche ich mir, sie wäre nicht immer so verdammt entschlossen.«
Rudi nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. Rund um seinen Mund war sein Bart nikotingelb verfärbt.
»Du kannst einen Menschen nicht ändern, Matthias. Du kannst sie nur so nehmen,