Название | Gesammelte Erzählungen |
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Автор произведения | Jules Verne |
Жанр | Триллеры |
Серия | |
Издательство | Триллеры |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783958555143 |
– Alle Theorien sprechen das aus? erwiderte der Professor mit gutmütiger Miene. Ja, die schlechten Theorien! Die armseligen Theorien werden uns genieren!«
Ich sah, daß er sich über mich lustig machte, aber ich fuhr demungeachtet fort:
»Ja! Es ist eine ausgemachte Sache, daß die Wärme unter der Erdoberfläche mit siebenzig Fuß Tiefe um einen Grad zunimmt; nehmen wir nun dies steigende Verhältniß als sich gleichbleibend an, so muß, da der Erdradius fünfzehnhundert Lieues beträgt, im Zentrum eine Temperatur stattfinden von mehr als zweimalhundertausend Grad! Die Stoffe im Inneren der Erde befinden sich daher im Zustand des glühenden Gas, denn die Metalle, Gold, Platina, die härtesten Steine widerstehen nicht einer solchen Hitze. Ich darf also fragen, ob es möglich sei, in eine solche Umgebung zu gelangen.
– Also, Axel, die Hitze macht Dir Bedenken?
– Allerdings. Kämen wir bis zu einer Tiefe von nur zehn Lieues, so wären wir an der Grenze der Erdrinde, denn da ist die Temperatur bereits über dreizehnhundert Grad.
– Und Du hast Angst zu zerschmelzen?
– Ich überlasse Ihnen die Entscheidung der Frage, erwiderte ich mit Humor.
– So will ich Dir meine Meinung bestimmt sagen, entgegnete der Professor Lidenbrock, indem er einen hohen Ton annahm: Weder Du, noch irgendein Mensch weiß einigermaßen zuverlässig, was im Inneren des Erdballs vorgeht, da man kaum erst den zwölftausendsten Teil ihres Radius kennt; daher ist die Wissenschaft außerordentlich vervollkommnungsfähig, und jede Theorie wird von einer neuen umgestürzt. Hat man ja bis auf Fourier geglaubt, die Temperatur der Planetenräume sei stets abnehmend, und jetzt weiß man, daß die höchste Kälte der Aetherregionen nicht über vierzig bis fünfzig Grad unter Null steigt. Warum könnte es mit der Wärme im Inneren nicht ebenso der Fall sein? Weshalb sollte sie nicht in einer gewissen Tiefe eine nicht mehr zu übersteigende Höhe erreichen, anstatt bis zu einer Höhe zu steigen, wo die störrigsten Metalle schmelzen?«
Da mein Oheim die Frage auf das Gebiet der Hypothesen verpflanzte, so hatte ich nichts darauf zu erwidern.
»Nun denn, ich will Dir nur sagen, daß echte Gelehrte, wie Poisson unter Anderen, bewiesen haben, daß, wenn im Inneren des Erdballs eine Hitze von zweimalhundertausend Grad existierte, das aus den zerschmolzenen Stoffen erzeugte glühende Gas eine solche Spannkraft erlangen würde, daß die Erdrinde nicht mehr Widerstand zu leisten vermöchte und zerspringen müsse, wie die Wände eines Dampfkessels durch die Ausdehnung des Dampfes.
– Das ist Poisson’s Ansicht, lieber Oheim, nichts weiter.
– Einverstanden, aber es ist auch die Ansicht anderer ausgezeichneter Geologen, daß das Innere des Erdballs weder aus Gas, noch Wasser, noch schwereren Steinen besteht, als die wir kennen, denn in diesem Falle würde die Erde ein zweifach geringeres oder verdoppeltes Gewicht haben.
– O! Mit Ziffern beweist man Alles, was man will!
– Und ist’s mit Tatsachen, lieber Junge, ebenso? Ist’s nicht ausgemacht, daß die Zahl der Vulkane seit den ersten Tagen der Welt beständig abgenommen hat? Und wenn es eine Zentralwärme gibt, kann man nicht daraus schließen, daß sie immer schwächer wird?
– Lieber Oheim, wenn Du Dich auf’s Feld der Voraussetzungen begibst, habe ich nicht mehr zu reden.
– Und ich habe zu sagen, daß die Ansichten der berufensten Männer mit der meinigen übereinstimmen. Erinnerst Du Dich, wie mir im Jahre 1825 der berühmte englische Chemiker Humphry Davy einen Besuch machte.
– Durchaus nicht, denn ich kam erst neunzehn Jahre später auf die Welt.
– Nun, Humphry Davy besuchte mich auf einer Durchreise durch Hamburg. Wir besprachen uns lange, unter Anderem über die Hypothese der Flüssigkeit des inneren Kerns der Erde. Wir waren einstimmig darin, daß die Flüssigkeit nicht möglich sei, aus einem Grunde, worauf die Wissenschaft nie eine Antwort gefunden hat.
– Und welcher ist das? fragte ich etwas betroffen.
– Weil diese flüssige Masse gleich dem Ozean der Anziehung von Seiten des Mondes ausgesetzt wäre, und folglich zweimal täglich im Inneren Ebbe und Flut entstehen würden, welche durch Emporheben des Erdbodens zu periodischen Erdbeben Anlaß gäben.
– Aber es ist doch unverkennbar, daß die Erdoberfläche der Verbrennung ausgesetzt gewesen ist, und man darf annehmen, daß die äußere Kruste sich erst abkühlte, während die Hitze sich zum Zentrum zurückzog.
– Irrtum, erwiderte mein Oheim; die Erde ist erst durch Verbrennung ihrer Oberfläche in Hitze geraten, nicht anders. Ihre Oberfläche bestand aus einer großen Quantität von Metallen, wie Potassium und Sodium, welche die Eigenschaft haben, bei der bloßen Berührung mit Luft und Wasser in Brand zu geraten. Diese Metalle gerieten in Brand, als die atmosphärischen Dünste als Regen auf den Boden herabkamen; und allmälig, als die Gewässer durch die Ritzen der Erdrinde drangen, veranlaßten sie abermals Brand mit Explosionen und Ausbrüchen. Daher die zahlreichen Vulkane in der ersten Zeit der Welt.
– Das ist doch eine sinnreiche Hypothese! rief ich etwas wider Willen.
– Und Humphry Davy machte mir’s durch ein sehr einfaches Experiment erkennbar. Er verfertigte eine metallene Kugel hauptsächlich aus den Metallen, wovon ich eben sprach, als ein vollständiges Ebenbild unseres Erdballs. Als man dieselbe mit einem seinen Tau auf ihrer Oberfläche benetzte, schwoll sie auf, oxydierte und bildete ein kleines Gebirge; an dessen Spitze öffnete sich ein Krater, und es fand ein Ausbruch statt, und teilte der Kugel eine solche Hitze mit, daß man sie nicht mehr in der Hand halten konnte«
Wahrlich, die Beweisgründe des Professors fingen an, auf mich Eindruck zu machen; er machte sie zudem mit seiner gewöhnlichen Leidenschaft und seinem Enthusiasmus geltend.
»Du siehst, Axel, fügte er bei, der Zustand des inneren Kerns hat verschiedene Hypothesen unter den Geologen veranlaßt; nichts ist weniger bewiesen, als die Tatsache einer inneren Hitze; meiner Ansicht nach ist sie nicht vorhanden, könnte nicht vorhanden sein; doch, wir werden’s sehen, und werden, wie Arne Saknussemm, dann wissen, woran man sich hinsichtlich dieser Frage zu halten habe.
– Nun ja! erwiderte ich, indem ich diesen Enthusiasmus zu teilen anfing, ja, wir werden’s sehen, wenn man jedoch dort sehen kann?
– Und warum nicht? Können wir nicht auf elektrische Erscheinungen rechnen, die uns Licht gewähren, und selbst auf die Atmosphäre, welche bei Annäherung an das Zentrum durch ihren Druck leuchtend werden kann?
– Ja, sagte ich, ja! Das ist möglich, nach Allem.
– Das ist gewiß, erwiderte mein Oheim triumphierend; aber nur Stille, verstehst Du? Kein Wort von alle diesem; kein Mensch soll die Idee bekommen, vor uns das Zentrum der Erde zu entdecken.«
Siebentes Kapitel
Reise-Vorbereitungen
So schloß diese merkwürdige Unterredung. Ich war fieberhaft angeregt. Ich verließ ganz verblüfft das Kabinet meines Oheims, und die Luft Hamburgs reichte nicht aus, um mich darin zu erholen. Ich eilte daher an das Elbufer nach der Dampffähre hin, welche zur Verbindung der Stadt mit der Harburger Eisenbahn dient.
War ich von dem, was man mich eben gelehrt hatte, überzeugt? War ich nicht vielmehr dem Professor Lidenbrock erlegen? Sollte ich im Ernst nehmen, daß er entschlossen sei, zum Zentrum des Erdkörpers zu dringen? Hörte ich soeben die tollen Spekulationen eines Narren, oder die wissenschaftliche Darlegung eines großen Genie? Bei Allem, wo hörte die Wahrheit auf, begann der Irrtum?
Ich schwankte zwischen tausend sich widersprechenden Hypothesen, ohne mich an einer festhalten zu können.
Doch erinnerte ich mich, daß ich überzeugt worden war, obwohl mein Enthusiasmus anfing mäßiger zu werden; aber ich hätte unverzüglich abreisen wollen, ohne mir Zeit zum Überlegen zu lassen. Ja, es hätte mir nicht an Mut gefehlt, augenblicklich meinen Ranzen zu schnallen.
Doch