Die Kreuzfahrer - milites diaboli. Jens - Uwe Nebauer

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Название Die Kreuzfahrer - milites diaboli
Автор произведения Jens - Uwe Nebauer
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783347117105



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      Schwer atmend lässt Gerold sein Schwert sinken und wischt sich mit dem Ärmel über die schweißnasse Stirn.

      Als er sich schließlich umdreht, sieht er Hoyer, Abbo und Otto auf sich zukommen.

      „Gut gemacht, mein junger Freund“, ruft Hoyer von Mansfeld dröhnend und umarmt Gerold wie einen nach langer Zeit heimgekehrten Sohn.

      „Nur schade“, murrt Abbo, „dass wir dem Kerl nicht die Haut in Streifen abziehen konnten.“

      Otto kommt als Letzter heran. Er hält einen der regensteinischen Knechte am Schlafittchen und zerrt ihn wie ein Bündel Lumpen hinter sich her. „Los, du Hund, antworte: Wo ist die Gefangene?“

      *

      Der Morgen nach der ersten Nacht in dem kalten Verließ brachte für Mechthild zunächst keine Veränderung ihrer verzweifelten Lage. Irgendwann zwischen Sonnenaufgang und Mittag öffnete sich die Luke über dem Verließ und ein vierschrötiger Kerkermeister ließ ihr in einem schadhaften Henkelkorb einen trockenen Kanten Brot und einen Krug mit lauwarmem, trübem Wasser herunter. Voller Ekel stieß Mechthild den Korb so heftig von sich, dass er gegen die Kerkerwand stieß und das Wasser aus dem dickwandigen Tonkrug spritzte. Der Vierschrötige zuckte wortlos mit den Schultern und zog den Korb wieder hinauf.

      Zutiefst niedergeschlagen kauerte sich Mechthild in einer Ecke des Verlieses zusammen und überließ sich ihrer abgrundtiefen Verzweiflung.

      Am Nachmittag drang plötzlich ein unbestimmbarer Lärm aus Geschrei, Getrampel und Eisenklirren an ihre Ohren. Eine vage Hoffnung keimte in der Gefangenen auf. War es möglich, dass ihre Angehörigen Hilfe brachten? Dass sie die Burg im Sturm nahmen?

      Dann wurde es plötzlich wieder still. Angstvoll, mit an den Mund gepressten Fäusten und in den Nacken gelegtem Kopf, stand Mechthild unter dem in die Freiheit führenden Schacht und starrte nach oben. Nach einer kurzen, ihr aber wie eine Ewigkeit erscheinenden Zeit, knirschte der rostige Riegel der Falltür, die Luke öffnete sich und zwei Köpfe erschienen in der viereckigen Öffnung.

      Eine zitternde Stimme rief ihren Namen: „Mechthild?“

      „Otto“, jubelte die Gerufene, „Hier bin ich!“

      Nur einen Atemzug später fiel eine Strickleiter herunter.

      „Kannst du allein heraufsteigen?“, fragte Otto sich weit über den Schacht beugend.

      „Ja, gewiss, ich komme hinauf.“ So schnell sie konnte erklomm Mechthild die Leiter. Oben streckten sich ihr Ottos hilfreiche Arme entgegen, zogen sie aus dem Schacht und drückten sie an seine breite Brust.

      „Pfui, wie hat dich diese Bestie behandelt“, stieß der Konradsburger hervor. Die Frage jedoch, die ihm am allermeisten auf den Lippen brannte, verbiss er sich vor den Ohren seines Schwagers.

      Nachdem die Befreite schließlich auch von ihrem Bruder begrüßt und geherzt worden war, verließen die Drei den stinkenden Verschlag und traten ins Freie.

      Auf dem Burghof hatte sich derweilen die siegreiche Mannschaft, die zu ihrer Befreiung angetreten war, versammelt.

      Mechthild erkannte unter ihnen den Grafen Hoyer von Mansfeld und Egino von Konradsburg, den Bruder ihres zukünftigen Mannes.

      „Ich möchte dir den Herrn Gerold von Falkenburg vorstellen“, wandte sich Otto an seine Verlobte, „ihm vor allem haben wir deine Befreiung zu verdanken und er war es auch, der den Bösewicht Poppo erschlug.“

      Die Jungfrau wandte sich ihrem Retter zu und reichte ihm die Hand. „Ich danke Euch, mein Herr, danke Euch aus vollstem Herzen“, sagte sie mit einem herzlichen Lächeln auf den schönen Lippen. „Und ich danke euch allen“, rief sie dann an die um sie Versammelten gerichtet, „dass ihr mir nicht nur das Leben und die Freiheit, sondern auch die Unversehrtheit meine Ehre gerettet habt!“

      Nach diesen Worten erhob sich lauter Jubel, und am lautesten jubelte Otto, dem ein gewaltiger Stein vom Herzen fiel.

      Danach kamen die Anführer der Kriegerschar nach kurzer Beratung überein, dass Wiprecht von Freckleben, der Knappe Graf Hoyers, Dedo und dreißig Bewaffnete als vorläufige Besatzung auf dem Regenstein bleiben sollten. Die Kriegsknechte Poppos, die den Kampf überlebt hatten, wurden entwaffnet und von der Burg gejagt, die Mägde, der Burgschmied und ein halbwüchsiger Stallbursche durften bis auf Weiteres auf der Burg verbleiben.

      Später wollte man dann einen ausführlichen Bericht an Kaiser Heinrich, den Dienstherrn des Ministerialen Poppo, schicken, und ihm die Entscheidung über das weitere Schicksal der Burg überlassen.

      Nachdem alles Nötige geregelt war, bestiegen die Männer ihre Pferde und Otto nahm Mechthild vor sich in den Sattel. In zügigem Tempo verließen sie den Regenstein und schlugen den Weg zur Heimburg ein.

      *

      Von einem vorausgesandten Boten über die gelungene Befreiung Mechthilds unterrichtet, hatte sich das in der Heimburg weilende Volk zum Empfang der siegreich heimkehrenden Schar versammelt. Durch die weit offenstehenden Tore der Veste zogen die Reiter unter dem lauten Jubel der Mägde und Knechte in den Burghof ein. Allen voran ritt Otto, der die ihrer Gefangenschaft entrissene Jungfrau fest im Arm hielt.

      Vor dem Wohngebäude der Burgherrenfamilie standen die weiblichen Angehörigen Mechthilds und konnten ihre freudige Erregung kaum bezwingen.

      Als Gerold, der hinter Graf Hoyer, Anno und Abbo - Seite an Seite mit Egino - in die Burg einritt, seinen Braunen zum Stehen brachte, entdeckte er unter den wartenden Damen ein hübsches Fräulein mit dunkelblonden Haaren und großen, braunen Augen, wie sie nur Mathilde von Konradsburg ihr Eigen nannte.

      Abbo von Heimburg sprang als Erster aus dem Sattel, eilte zu Otto und nahm ihm seine Schwester aus den Armen. Er hatte sie kaum auf den Boden gesetzt, als die beiden auch schon von vielen Frauen umringt waren, die die Befreite umarmten und herzten.

      „Männer und Mägde“, rief Anno von Heimburg mit mächtiger Stimme, „heute ist ein Tag zum Feiern. Holt Bier und Wein aus dem Keller und steckt einen Ochsen an den Spieß! Heute soll ein jeder Mann und ein jedes Weib auf der Burg fröhlich sein.“

      Während das Gesinde die Worte ihres Herrn mit donnernden Jubelrufen begrüßte, nutzte Gerold das entstandene Gewühl, um sich Mathilde zu nähern. „Gott zum Gruß, meine Schöne! Wie kommst du denn hierher?“

      Mathilde zeigte dem jungen Mann ein strahlendes Lächeln, dann umarmte sie ihn kurzerhand und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

      „Ich bin mit Adela, Eginos Frau, hierhergekommen. Sie ist gestern Vormittag von einem Besuch bei ihren Eltern auf der Friedeburg zurückgekehrt, und als sie davon hörte, was geschehen ist, beschloss sie sofort zur Heimburg aufzubrechen, um der armen Mechthild - die sie ebenso sehr wie ich in ihr Herz geschlossen hat - bei ihrer Befreiung zu begrüßen. Oder … um ihren Eltern in schwerer Stunde beizustehen und Trost zu spenden, sofern dies nötig gewesen wäre. Nun ja, und diese Gelegenheit habe ich genutzt und meine Mutter solange bestürmt, bis sie mich mit Adela reiten ließ.“

      „Ist deine Mutter auch hier?“

      „Nein“, erwiderte Mathilde fröhlich, „Sie sagte, dass wenigstens Eine von uns zu Hause bleiben und die Burg hüten muss. Denn wenn alle Katzen aus dem Haus sind, dann tanzen die Mäuse auf dem Tisch.“

      Weiter kamen sie in ihrem Gespräch nicht, denn Herr Anno und Graf Hoyer nahmen Gerold an den Armen und zogen ihn zu Hazecha von Heimburg, der Mutter Mechthilds. Dort stellten sie ihn ihr als den eigentlichen Sieger und Helden des Tages vor.

      „Junger Herr“, sagte Hazecha bewegt, „wenn Ihr die Qualen, die ein Mutterherz um ihre in Gefahr befindliche Tochter auszustehen hat, auch nicht ermessen könnt, so seid doch versichert, dass Eure Tat nicht nur meiner Tochter, sondern auch mir das Leben gerettet hat. Darum werde ich … wird meine ganze Familie für immer in Eurer Schuld stehen.“

      „Ich habe nur getan, was mir die Pflicht gebot“, wandte Gerold bescheiden ein, doch die Burgherrin wehrte ab. „Stellt Euer Licht nicht unter den Scheffel, Herr