Der lange Weg in die Freiheit! Deckname "Walpurgis". Dr. Helmut Bode

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Название Der lange Weg in die Freiheit! Deckname "Walpurgis"
Автор произведения Dr. Helmut Bode
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783347032132



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Bilenefahrt ist genehmigt.«

      Am Sonnabend, nachdem wir uns in der Botschaft persönlich abgemeldet hatten, fuhren wir zwei Familien mit unseren Autos los. Zunächst auf der Fernverkehrsstraße 1. Die ersten 70 Kilometer war die Straße nicht besonders und es herrschte viel Verkehr. Die nächsten 130 Kilometer bis Bilene waren sehr schön zu fahren.

      Bilene liegt an eine Lagune, welche von einem Bach gespeist wird und einen Zugang zum Meer hat. Es ist, heute wohl immer noch, ein sehr großer Campingplatz, mit allem was dazu gehört. Stellflächen für Zelte und Wohnwagen, Bungalows, Apartmenthaus, Schwimmbad, Bars, Yachthafen, Badestrand usw. Leider damals alles verwahrlost!

      Unser Bungalow hatte zwei Doppelstockbetten, Dusche und Toilette, Kochgelegenheit und Kühlschrank, welche beide leider nicht funktionierten. Alles andere, bis auf die sehr saubere Bettwäsche, war schockierend. Wir hatten alle vier schön gebadet, denn das Wasser und der Strand waren einmalig. Beim Tauchen dachte man, durch ein Aquarium zu schwimmen, alles voll bunter Fische.

      Unsere Kinder waren nicht zu bewegen, aus dem Wasser zu kommen. Unsere Tochter tauchte mit anderen Kindern unentwegt, so auch mehrmals unter einem Boot hindurch, welches mit Afrikanerinnen in ihren malerisch bunten Kleidern vollbesetzt war.

      Die Damen begannen ein lautes Palaver, weil sie wohl dachten, ihr Boot wird umgekippt, was die kleinen Taucherinnen zu immer neuen Tauchgängen veranlasste, bis wir die Ursache für das nicht zu überhörende Geschrei ermittelt hatten und unsere Kinder zu Disziplin riefen.

      Abends genossen wir das wunderbare Bild, was sich uns unter Palmen bei Mondschein am Wasser der Lagune und am Himmel bot. Unser Begleiter war mit dem südlichen Sternenhimmel recht vertraut, sodass wir noch einiges dazu lernten.

      In der Nacht gab es ein starkes Tropengewitter. Wir Erwachsenen haben lange wach gelegen, denn immer wieder wurde das innere unseres Bungalows durch die Blitze grell erleuchtet und das daraus entstehende Schattenspiel regte unsere Fantasie an. Auch trug das Wissen, um das durch unseren Bungalow kriechende und fliegende afrikanische Boden- und Boden-Luft-Getier nicht gerade zur Beruhigung unserer Nerven bei. Es entstanden immer wieder neue Figuren in der uns noch nicht vertrauten Umgebung. Endlich verzog sich das Gewitter und ihm folgte eine wohltuende Abkühlung. Unsere Kinder schliefen tief und fest.

      Am Sonntag nutzten wir noch einmal die Gelegenheit in dem wunderbaren Wasser der Lagune zu baden, ehe die Rückfahrt angetreten wurde. Diesmal nahm ich doch schon einmal öfter die faszinierende Landschaft Afrikas, durch die wir fuhren, war. An einem Stand am Straßenrand versorgten wir uns mit Ananas und Melonen. Das war ein schönes Wochenende.

      In den ersten sechs Wochen des neuen Jahres hatten wir häufig Besuch, so luden wir u.a. zwei Kollegen aus unserer Gruppe, die beide ohne Ehepartnerin in Maputo waren, an einem Sonntag zum Mittagessen ein.

      Bei der Familie aus Magdeburg, die nicht zu unserer Gruppe gehörte, konnten wir uns nun dafür revanchieren, dass sie sich in der Anfangszeit um uns gekümmert hatte.

      Eines Abends besuchten uns zwei weitere Gruppenmitglieder. Auch ließ es sich nun realisieren, meinen holländischen Kollegen einzuladen. Er hatte einmal geäußert, dass er gerne eine deutsche Familie kennenlernen wollte, da ihm ja durch seine Familie, als Folge des Zweiten Weltkrieges, gewisse Ressentiments gegenüber Deutschen anerzogen worden waren. Ich glaube die Ressentiments konnten wir wohl abbauen. Auch mein Kollege Peter aus der Engenharia Química kam mit seiner Frau zu Besuch.

      Unsere Vorräte an Seife, Waschpulver, Zahnpasta usw. fanden glückliche Abnehmer. Zu denen auch meine Physiotherapeutin gehörte, denn als sie uns besuchte, bekam sie für ihre große Familie etwas ab. Letztlich erinnere ich mich noch an ein Ehepaar, er war an der Sektion eins der TH Magdeburg, welches uns zum Abschied besuchte.

      Von unserem Arztehepaar und unserer moçambiquanischen Familie Martins und Miséria verabschiedeten wir uns nun endgültig, denn es gab ja wieder viel zu packen und zu organisieren.

      Eines sollte ich doch noch erwähnen, es gab unter unserer Gruppe Einen, der, warum auch immer, vielleicht, weil wir keine Genossen waren, uns wiederholt versuchte zu diskreditieren. Heute würde man das wohl Mobbing nennen. So verbreitete er u.a., wir würden unsere Vorräte gegen Dollar verkaufen!

      Dies erfuhr ich von einem Herrn, der nicht zu unserer Gruppe gehörte, wie er sich auch Einiges von unseren Vorräten abholte. Leider kann ich ihn nicht mehr persönlich einordnen. Na ja, der Diskrediteur hätte vielleicht seine Vorräte, die er aber wohl nicht hatte, gegen Dollar verkauft, wir jedenfalls nicht! Er war von der Bildungseinrichtung delegiert, an deren Nachfolgeeinrichtung ich nach der Wende zehn Jahre tätig war. Er ist mir dort nie wieder begegnet, wie es schien, hatte man sich von ihm, nach der Wende, getrennt.

      Unser wohl letztes, nicht ganz ungefährliches Erlebnis war eine Fahrt an einen nordöstlich von Maputo gelegenen Strand. Es war alles wunderschön. Plötzlich gab es einen Schrei. Bald erfuhren wir den Grund. Ein schwarzafrikanisches Mädchen, etwa im Alter unsere Tochter, hatte sich am rechten Handballen und Unterarm durch eine zerbrochene Flasche schwer verletzt und blutete folglich stark. Die Eltern wussten sich keinen Rat und fragten uns um Hilfe. Nach dem ich die Wunden notdürftig verbunden hatte, brachte ich das Mädchen und ihren Vater, in das mir sehr vertraute Hospital Central.

      Ehe ich sie in der Notaufnahme abgeben konnte, verging einige Zeit, sodass es schon dunkel war, bis ich die Rückfahrt antreten konnte. Wie ich mich dem Strandbereich näherte, musste ich zu meinem großen Schreck feststellen, dass ein ganzer Bereich der Straße zum Strand hin durch Polizei abgesperrt war.

      Ich konnte nicht darüber nachdenken, was sich wohl ereignet haben mochte. Ich bin nur an diesen Absperrungen vorbeigefahren. Doch endlich sah ich im Scheinwerferlicht Rosemarie mit den Kindern an der Straße stehen, sodass ich sie nicht erst suchen musste.

      Uns beiden fiel ein Stein vom Herzen. Sie hatte wohl instinktiv gespürt, dass an dem sonst so ruhigen Strand etwas nicht stimmte und war folglich mit den Kindern zur Straße vorgelaufen. Ich hätte meine Familie nicht allein an dem Strand lassen dürfen, aber das Auto war für drei Erwachsene und zwei größere Mädchen, sowie unseren Jungen, zu klein. Auch habe ich die Dauer der Abwesenheit unterschätzt. Wir waren froh, geholfen zu haben und nun wieder unversehrt vereint zu sein.

      Den richtigen Schreck bekam ich zwei Tage später. Ich war wieder zur Massage und die Physiotherapeutin berichtete mir, dass am Sonntag am Strand, in unserer unmittelbaren Nähe, eine Person ermordet worden sei. Der Schreck hat lange angehalten.

      Es gab eine Vielzahl von Gängen zur Uni. Von ihr benötigte ich die „guia de marcha“, also die Reisegenehmigung. Vier Tage vor unserem Abflug war sie immer noch nicht vom Rektorat ausgestellt. Wieder wurde ich an einen neuen Bearbeiter verwiesen, der mich auf Sonnabend vertröstete. Montag startete aber das Flugzeug.

      Wieder zurück in die Stadt zur Botschaft. Die Antwort auf meine Bitte um Hilfe lautete: „Wir können Ihnen da nicht helfen, das müssen Sie schon mit dem Rektorat selbst klären!“ Auf meine Erwiderung: „Wenn ich bis Sonnabend die guia de marcha nicht bekomme, dann kann ich am Montag nicht ausreisen!“ erhielt ich zur Antwort: „Ja, dann müssen Sie umbuchen und können erst 14 Tage später fliegen, wenn noch Platz in der Maschine ist!“ Also zurück zum Rektorat, mich vor den Schreibtisch des neuen Bearbeiters gesetzt und ihm zu verstehen gegeben, dass ich nicht ehr gehe, bis ich die „guia de marcha“ habe, die ich dann schließlich auch erhielt.

      Einiges konnte ich auch ohne die „guia de marcha“ erledigen, so war ich zum Notar, der immer etwas bestätigen musste, zum Kulturministerium, zum Zoll und zu diversen weiteren moçambiquanischen Behörden, letztlich zur Auswanderungsbehörde. Hier bekam ich so genannte „Recibos“, eigentlich Quittungen, die wohl notwendig waren, um Moçambique verlassen zu können.

      Aus meinen Notizen entnehme ich, dass wir diese für uns Erwachsene bereits einige Tage hatten, aber für unsere Kinder wurden sie nicht ausgestellt, warum, war unklar. Erst nach dem ich wiederholt in der Auswanderungsbehörde vorstellig geworden war, erhielt ich diese, zwei Tage vor der Ausreise ausgehändigt.

      Jeder Antrag musste auf einem behördlichen Papier geschrieben werden und mit einer Behördenmarke „selo“ versehen