Gift. Sandra Schaffer

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Название Gift
Автор произведения Sandra Schaffer
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783732313457



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wieder normalisierte.

      Wieder kamen ihr die Tränen!

       7

      Das kleine Mädchen freute sich riesig. Es war ihr achter Geburtstag und ihre Mama und ihr Papa hatten eine Überraschungsparty geplant. Es sollte eine große Feier werden, weshalb sie nicht im Garten der kleinen Familie stattfand, sondern im Stadtpark. Die Eltern des kleinen Mädchens hatten eine Hüpfburg organisiert. Es gab Ponyreiten und einen Zauberer. All die Freundinnen des kleinen Mädchens waren da. Das kleine Mädchen erlebte die schönste Geburtstagsparty ihres noch jungen Lebens. Sie tobte ausgelassen durch den Park, powerte sich in der Hüpfburg aus und bewunderte den Zauberer.

      „Mama, bekomme ich auch einen Zauberkasten?“, hatte sie gefragt.

      Ihre Mutter hatte ihr langes blondes Haar gestreichelt und „mal sehen“ geantwortet.

      Das kleine Mädchen ging immer wieder zu den Ponys, streichelte diese und fütterte sie mit Äpfeln.

      Als sich der Nachmittag dem Ende neigte, half sie sogar ihren Eltern beim Zusammenräumen, worauf ihre Mutter sehr stolz war.

      Dann, auf dem Weg nach Hause, geschah das Unerwartete. Ein ihnen entgegenkommendes Fahrzeug fuhr auf ihrer Spur, noch dazu viel zu schnell. Die Mutter des Mädchens schrie. Ihr Vater riss das Steuer herum und der Wagen brach aus. Der Wagen krachte gegen einen Baum. Ihre Mutter schrie nicht mehr, sie gab überhaupt kein Geräusch mehr von sich, genauso wenig wie ihr Vater. Und dann sah das kleine Mädchen das Gesicht ihres Onkels vor sich auftauchen.

      „Jetzt gehörst du mir“, sagte dieser grinsend.

      Natascha fuhr aus dem Schlaf hoch. Sie atmete heftig. Ihre Kleidung war durchweicht von Angstschweiß. Doch er war nicht da. Ihr Onkel war nicht da und sie war nicht mehr das kleine achtjährige Mädchen, das ihm schutzlos ausgeliefert war. Auch war er nicht mehr da, um ihr wehzutun. Dafür hatte sie selbst gesorgt, denn sie hatte sich vor zehn Jahren von ihm und seiner Familie befreit und war nach Amerika gekommen. Hier ging es Natascha gut, niemand, der sie körperlich und seelisch missbrauchte, nur Craig, der ihr das Leben gerettet hatte.

      Wo war Craig?

      Im Bett neben ihr lag er nicht. Im Badezimmer rechts des Bettes brannte auch kein Licht, dafür war die Sonne schon aufgegangen und ließ den orangefarbenen Vorhang leuchten wie eine Flamme. Die Tür war nur angelehnt und aus dem unteren Stockwerk drangen die Geräusche des Tages zu ihr herauf: Klimpern von Geschirr in der Küche, der Staubsauger, der über den weichen Teppichboden im Wohnzimmer fuhr, und ein Fernseher lief. Natascha konnte den Nachrichtensprecher hören, aber nicht verstehen, was er sagte.

      Sie stand auf und war froh, dass Craig nicht mehr neben ihr gelegen hatte, als sie aus dem Albtraum aufgeschreckt war. Er hielt sie sowieso schon für sehr labil und hatte nach zehn Jahren immer noch Angst, dass sie sich etwas antun könnte. Wenn Craig nur ahnen würde, wie wenig sie auf ihn angewiesen war! Sie hatte oft genug heimlich das Haus verlassen und Dinge getan, für die er sie für viel zu schwach hielt. Seine Welt würde zusammenbrechen, wüsste er, zu was sie alles fähig war! Doch es war besser für alle Beteiligten, wenn er nicht von ihren Streifzügen während seiner Abwesenheit erfuhr. Schließlich konnte sie nicht einschätzen, wie er darauf reagieren würde.

      Aber obwohl Natascha gelernt hat, mit dem, was ihr Onkel und ihre Cousins ihr angetan hatten, zu leben, suchten sie noch immer fast jede Nacht die Albträume heim, so als wollten sie sie daran erinnern, dass das Geschehene zwar vergangen war, aber nicht vergessen werden durfte.

      Natascha ging unter die Dusche, zog sich an und trat in die Küche. Craig saß am Küchentisch, die Augen auf den Fernseher gerichtet, eine Kaffeetasse in der Hand.

      „Guten Morgen, Liebes“, sagte er.

      Natascha machte sich einen grünen Tee und setzte sich zu ihm. Der Nachrichtensprecher berichtet eben von einem Mord in einer Bar am anderen Ende der Stadt. Ein junger Mann war vergiftet worden, der Täter noch immer flüchtig.

      „Die Polizei hat es zwar nicht bestätigt, aber aus verlässlicher Quelle haben wir erfahren, dass es sich bei der Mordwaffe um das Gift des Oleanders handeln soll“, sagte der Nachrichtensprecher.

      Natascha erschrak und hätte fast ihre Tasse fallen lassen.

       8

      Als Abby am nächsten Morgen erwachte, hatte sie einen Entschluss gefasst. Dieser merkwürdige Traum letzte Nacht hatte ihr gezeigt, wie sie sich tief in ihrem Innern fühlte und was sie tun konnte, damit es ihr irgendwann wieder besser ging. In diesem Traum waren Buchstaben umhergeschwirrt und hatten sich unaufhörlich zu einem Wort geformt. Nur ein einziges Wort. Doch es hatte Macht! Manchmal sogar mehr Macht als jedes andere Wort.

       RACHE!

      Abby wollte Rache! Sie wollte, dass derjenige, der ihren Mann auf dem Gewissen hatte, zur Rechenschaft gezogen wurde. Natürlich wollte sie nicht die Art von Rachegeschichte, wie sie oft in Filmen verwendet wurde. Sie hatte nicht vor, sich zu bewaffnen und jeden zu beseitigen, der ihr auf ihrem Weg zu ihrem Ziel in die Quere kam! Ihr reichte es schon, wenn Martins Mörder im Gefängnis verrottete.

      Abby stand auf und ging unter die Dusche. Sie zog einen weißen Rock und eine lila Bluse an, dann ging sie hinunter in die Küche. Donna war schon da, hatte Kaffee gekocht und den Geschirrspüler ausgeräumt. Sie wollte gerade mit ihrer anderen Arbeit beginnen, als Abby sie bat, ihr beim Frühstück Gesellschaft zu leisten.

      Nach dem Frühstück stieg Abby in ihren blauen Mini Cooper und fuhr in die Stadt. Der Himmel war strahlend blau. Die Sonne heizte den Asphalt auf. Dunstwolken hingen in der Luft und stiegen in den Himmel wie der Dampf von kochendem Wasser. Die Menschen auf den Straßen wirkten fröhlich, egal ob sie auf dem Weg zur Arbeit waren oder nur bummeln gingen. Sie schienen sich alle ihres Lebens zu erfreuen. Wenn Abby daran dachte, dass sie nur eine Woche zuvor noch zu diesen Menschen gehört hatte, kam es ihr vor, als wäre das ein anderes Leben gewesen, in einer anderen Zeit!

      Vor dem Revier bog sie auf den Parkplatz ein und stieg aus. Sie wollte mit den beiden Detectives der Mordkommission sprechen; wollte wissen, wo diese mit ihren Ermittlungen standen und ob es schon Verdächtige gab.

      Im Morddezernat traf Abby nur einen der beiden Männer an. Wenigstens war es der Nettere der beiden! Es herrschte reges Treiben auf der Etage. Stimmen sprachen durcheinander und Telefone klingelten.

      „Mrs. Roberts, was führt Sie hierher?“, fragte Detective O’Leary.

      „Ich hätte gerne gewusst, wie weit Sie mit dem Fall sind.“

      O’Leary blickte sie mitleidig an. „Da es sich um eine laufende Ermittlung handelt, fürchte ich, darf ich mit Ihnen nicht darüber sprechen.“

      „Wie bitte? Hier geht es um meinen Mann! Sie müssen mir doch sagen können, ob es schon irgendwelche Anhaltspunkte gibt?“

      „Tut mir leid, Mrs. Roberts, aber Vorschriften sind nun mal Vorschriften!“

      Abby schüttelte den Kopf ob der billigen Ausrede. „Das sagen Sie doch nur, weil Sie absolut nichts haben!“

      Ehe Detective O’Leary noch etwas erwidern konnte, hatte Abby sich umgedreht und war im Fahrstuhl verschwunden. Sie fand es erbärmlich, dass dieser Kerl sie hinhielt, statt ihr einfach klipp und klar zu sagen, dass es bisher keinerlei Beweise gab. Das wäre fairer gewesen, als ihr eine verdammte Lüge aufzutischen!

      Wütend stieg Abby in ihren Wagen und fuhr vom Parkplatz, ohne auf den Verkehr zu achten. Beinahe wäre ein Wagen in sie hineingerauscht. Er hupte energisch, doch Abby bemerkte es nicht. Sie war mit den Gedanken ganz woanders.

      Wenn die Cops nicht weiterkamen, musste sie sich eben selbst auf die Suche nach Martins Mörder begeben! Ja, warum eigentlich nicht? Wenn es in Filmen funktionierte, warum dann nicht auch im wahren Leben? Sie brauchte einen Privatdetektiv. Genau, das war es! Jemanden, der nicht jede kleinste Regel befolgen musste und dadurch das Ziel aus den Augen verlor, so wie es bei den Cops war, die Martins Fall bearbeiteten! Er war seit nicht ganz zwei Wochen tot und die Polizei tappte immer