Teamermittlung. Jill Waldhofer

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Название Teamermittlung
Автор произведения Jill Waldhofer
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783347085701



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von einem Mordfall. Die erfolgreiche Mitarbeiterin der Steuerfahndung ist jedoch zum Glück auf dem Wege der Besserung und hat das Krankenhaus bereits auf eigenen Wunsch verlassen, um sich an einem unbekannten Ort zu erholen.

      Doch was war geschehen und warum wurde die Beamtin beinahe Opfer eines mutmaßlichen Tötungsdeliktes? Die Ermittlungen der Kriminalpolizei verliefen zunächst ohne konkrete Ergebnisse. Der Kreis der möglichen Täter oder Täterinnen war mangels Videoüberwachung nicht einzugrenzen.

      Ein anonymer Hinweis, dessen Ursprung weiterhin unbekannt bleibt, führte jedoch drei Tage nach dem Anschlag auf die Fährte des auch zum jetzigen Zeitpunkt noch mit Hochdruck Gesuchten. Zum Entsetzen und anfänglichem Unglauben der Leitung der Behörde, stellte sich der ebenfalls sehr erfolgreiche Fahnder und Partner von E. bei zahlreichen Ermittlungen, der 55-jährige Jost H., als mutmaßlicher Täter heraus. H. und E. arbeiteten seit Kurzem nicht mehr als Team und hatten sich, wie erst durch den unbekannten Informanten bekannt wurde, am späten Nachmittag desselben Tages heftig im Arbeitszimmer von E. gestritten. Die Spurensicherung entdeckte, nachdem die lautstarke Auseinandersetzung auch von einer anderen Zeugin bestätigt worden war, Fingerabdrücke von H. auf der Kofferraumklappe des Fahrzeugs des Opfers. Dieses war, wie der Ehemann der Beamtin bestätigte, am Tag zuvor in der Waschanlage gewesen. Daher mussten die Abdrücke am Tage der Tat hinterlassen worden sein. Da E. und H. nicht mehr zusammenarbeiteten und seit der Auflösung ihres Teams jeglichen Kontakt zueinander mieden, gab es keinen plausiblen Grund für H., den Wagen von E. zu berühren, es sei denn beide hätten zusammen hinter dem Fahrzeug des Opfers gestanden. Jost H. ist also dringend verdächtig, seine Kollegin absichtlich schwer verletzt und dann ihrem Schicksal überlassen zu haben.

      Wir zeigen Ihnen nun eine Reihe von Fotos des gesuchten Jost H., der seit dem Tag nach dem Anschlag vor zweieinhalb Monaten nicht mehr gesehen wurde. Er ist schlank, 1,83 groß und hat graugrüne Augen und kurze braune Haare. Er ist leicht kurzsichtig und trägt normalerweise eine randlose Brille. Er bevorzugt modische, hochwertige Kleidung. Möglicherweise ist er mit einem silbergrauen Porsche-Coupé im Raum Norddeutschland unterwegs. Er mag sich aber auch andernorts im Bundesgebiet oder im Ausland und mit geändertem Äußeren aufhalten. Wenn Sie glauben, den Gesuchten zu erkennen, sprechen Sie ihn auf keinen Fall an, sondern verständigen Sie sofort die Polizei! Wir blenden nun einige Telefonnummern und eine E-Mail-Adresse ein, unter denen Sie sich melden können…

       Kapitel 7: Treffer

      Bella nahm Cara den Lappen aus der Hand und warf ihn vom Tisch aus hinter sich in die Spüle. Er landete mit einem feuchten Platsch wie ordentlich aufgehängt auf der Mischbatterie. Sie verabscheute Hausarbeit zutiefst und sparte sich jeden unnötigen Arbeitsschritt. Die treffsichere linke Hand hatte unter den Brüchen zum Glück nicht gelitten.

      „Weißt du, weswegen Erlinger und ich uns mal richtig gefetzt haben?“, fragte sie.

      Cara seufzte innerlich auf und machte ein interessiertes Gesicht, wie sie hoffte. Na gut, dann eben Themenwechsel, wenn Bella so wollte. Bella hob beschwichtigend die rechte Hand.

      „Nein, warte, ich lenke gar nicht ab. Es hat mit Jost zu tun.“ Sie schüttelte einen Milchfleck vom Foto und legte es sicherheitshalber auf den unberührt aussehenden Feuilletonteil.

      „Ihr habt euch seinetwegen gestritten?“, entgegnete Cara fast ungläubig. „Mit Erlinger kann man sich doch gar nicht in die Haare kriegen. Er sagt doch nie etwas. Äh, ich meine, er sagt schon was, aber er hält sich doch immer aus allem raus.“

      Bella nickte gedankenverloren.

      „Ja, das stimmt natürlich. Er mischt sich nicht in die Angelegenheiten anderer ein, und das ist auch ein Grund, weswegen wir schon so lange zusammen sind. Dabei hält er sich noch nicht einmal zurück, etwa, weil er wüsste, dass ich sonst sehr schnell weg wäre. Er hat einfach nicht das Bedürfnis, andere zu beeinflussen. So merkwürdig das auch klingt, angesichts…“ Bella sah in Richtung Zeitungshaufen auf dem Tisch. Sie kicherte leise und sah sie an.

      Cara musste nun auch lachen.

      „Er hat eben seinen Auslauf anderweitig.“

      Bella nickte wieder.

      „Ja, so denke ich mir das auch. Na ja, aber einmal hat er sich eben doch für meine Begriffe eingemischt – wegen Jost.“

      „Was hat er denn gesagt?“

      Bella nahm einen Schluck von ihrem kaltgewordenen Espresso und verzog den Mund.

      „Ich mach uns noch einen, willst du?“ Sie stand auf, stellte die Maschine nochmals zum Aufheizen an und setzte sich wieder.

      „Mein diskreter Erlinger? Er hat eigentlich nur festgestellt, dass Jost ein Neidhammel ist. Da bin ich hochgegangen wie eine Rakete. Ich fand die Bemerkung absolut ungerechtfertigt und habe ihm an den Kopf geworfen, dass er wohl selbst ein Problem mit Eifersucht hat. Und noch ein paar Sachen.“

      Cara konnte sich die Szene ausmalen. Anders als Erlinger war Bella nämlich ziemlich emotional, besonders, wenn sie etwas als ungerecht empfand.

      Bella nahm die Tassen, kippte sie nachlässig über der Spüle aus und füllte sie an der Maschine neu. Sie stellte die große Tasse vor ihrer Freundin ab und stieß mit ihrem frischen Espresso an. Cara pustete auf den Milchschaum auf ihrem Cappuccino, so dass sich eine Wolkenlandschaft aus Bergen und Tälern bildete.

      „Wie ist er denn darauf gekommen? Die beiden haben sich doch fast nie getroffen? Neidhammel ist aber gut, passt exakt!“ Jost und sie hatten sich jedenfalls nie besonders gut verstanden, obwohl Bella, Jost und Cara eine Zeitlang notgedrungen öfters zusammengesessen hatten.

      Bella nippte an ihrem Espresso und sah sie etwas schuldbewusst an. „So hat er sich gar nicht ausgedrückt. Du kennst ihn ja. Den Neidhammel hatte ich herausgehört und ihm vorgeworfen. Eigentlich hat er nur gesagt, dass Jost sich vielleicht nicht gut mit anderen freuen kann. Ich habe dir das damals nicht erzählt, aber im Grunde warst du der Auslöser…“

      Der ungewohnte Streit hatte am Morgen nach einem Ausflug nach Baden-Baden stattgefunden. Jost hatte angeboten, die beiden dorthin zu begleiten – sozusagen als Schützenhilfe. Bella und Cara waren in ihrem Leben noch nie im Kasino gewesen, wussten aber, dass Jost „ab und zu“ Roulette spielte. Er hatte dies als ein geradezu intellektuelles Hobby hingestellt, besser als jeder Theaterbesuch, da man dort wunderbar die unterschiedlichsten menschlichen Typen in Aktion beobachten könne. Die Freundinnen – obwohl ganz und gar keine Theaterfans – waren neugierig geworden, fühlten sich aber beide etwas eingeschüchtert von diesem gänzlich fremden Terrain.

      Da sie keine Ahnung hatten, wie man sich in einem Kasino und am Roulettetisch zu verhalten hatte, willigten sie ein, zu dritt das Abenteuer zu wagen. Cara hatte erst nach kurzem Zögern zugesagt, was der aufmerksamen Bella nicht entgangen war. Ihr war bewusst, dass ihre Freundin mit Jost nicht recht warmwerden konnte. Auch sie hatte das Gefühl, dass Jost die Detektivin nicht ganz ernst nahm. Dennoch war es Josts Idee gewesen, Bellas Freundin einen Honorarvertrag zu verschaffen, als sie bei einem komplizierten Fall dringend Hilfe bei zeitraubenden Recherchearbeiten brauchten. Ihr gemeinsamer Vorgesetzter hatte sich zuerst geziert, dann aber eingesehen, dass dreistellige Überstunden noch teurer werden würden, als die Zuarbeit einer Freiberuflerin.

      So standen sie also eines Abends im Sommer in einem großen Saal, nippten an einem teuren, aber wunderbar kühlen Weißwein für Cara und einem Roten für Bella und bewunderten den roten Samt an Wänden und Möbeln, die Kronleuchter an den hohen weißen Stuckdecken und die mehrheitlich festlich gekleideten anderen Gäste des Kasinos von Baden-Baden.

      Mit Josts Hilfe hatten sie schnell die wichtigsten Rouletteregeln verstanden und setzten, sich sehr wagemutig vorkommend, einen Zwei-Euro-Chip nach dem anderen auf rot oder schwarz, gerade oder ungerade Zahlen. Jost stand auf der anderen Seite des Tisches und spielte mit größeren Chips, fünf oder 10 Euro. Er setzte nur auf einzelne Zahlen oder warf dem Croupier mehrere Jetons hin und murmelte Anweisungen, die Bella und Cara nicht verstanden. Sie wollten ihn später danach fragen. Jetzt schien er zu versunken ins Spiel. Die anderen Gäste fand er heute wohl nicht so spannend. Bella hatte schon mehrere Male getroffen und ihre umgetauschten 20 Euro