Zu neugierige Mörder: 9 Krimis. Karl Plepelits

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Название Zu neugierige Mörder: 9 Krimis
Автор произведения Karl Plepelits
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745213409



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hatte nicht mit „sehr gut“, sondern mit Auszeichnung bestanden, und er hatte keinen sehr guten, sondern einen hervorragenden Posten angeboten bekommen. Drüben in Oman.

      Jetzt war er nach New York gekommen, um sich bei seinem Vater zu bedanken und sich gleich wieder bei ihm zu verabschieden.

      Nach einem Jahr, vielleicht auch schon früher, wollte er ihn nachkommen lassen. Genauso, wie der alte Herr es sich immer vorgestellt hatte.

      Der frischgebackene Geologe reckte sich stolz und blinzelte seinem Spiegelbild zu. Er durfte zufrieden sein. In jeder Hinsicht. Die mageren Jahre waren vorbei, er fühlte sich gesund und topfit. Dass er vier Jahre lang kaum ein Mädchen angesehen hatte, um seine Finanzen nicht zu strapazieren und sich nicht vom Studium ablenken zu lassen, dass er genauso lange nicht mehr in seiner Heimatstadt New York war, weil er wusste, dass sein Vater für jeden Dollar, den er unnötig ausgab, schwer schuften musste, war nun endgültig vergessen. Jetzt konnte sein Leben richtig beginnen, und er war entschlossen, seinen Vater daran teilhaben zu lassen.

      Warum kam er nur nicht? Er hatte ihn doch extra vom Flughafen aus angerufen und sich hier im Hotel mit ihm verabredet.

      Bob Randy lächelte schmerzlich. Er hatte das Ticket nach Oman bereits besorgt. Übermorgen ging es schon los. Nur fünfzig Stunden in Manhattan. Fünfzig Stunden, um seinem Vater zu danken, und eine war davon schon nutzlos verstrichen.

      Er hatte schon in Vaters Büro angerufen, doch dort war er gleich nach ihrem Telefonat fortgegangen. Er hatte sich für den Rest des Tages freigeben lassen.

      Gerade wollte er es trotzdem nochmals versuchen, als das Telefon läutete.

      Na endlich! Offenbar steckte der alte Herr irgendwo in einem Verkehrsstau und kam nicht mehr weiter.

      Erleichtert hob er den Hörer ab und meldete sich:

      „Hallo Dad? Wo bist du jetzt?“

      Über das Gesicht des jungen Mannes lief eine Welle der Enttäuschung und ließ es verärgert erstarren.

      „Was für ein Doktor Palmer? Ich kenne keinen Doktor Palmer. Wieso Metropolitan Hospital? Wer? Mister Randy? Mein Vater? Um Gottes Willen! Wie konnte das geschehen? Ja, natürlich, ich komme sofort.“

      Er ließ den Hörer sinken. Der Ärger war aus seinem Gesicht verschwunden und hatte panischer Angst Platz gemacht.

      Sein Vater war ins Krankenhaus eingeliefert worden. Jemand hatte auf ihn geschossen. Es sah schlimm für ihn aus.

      Einen Augenblick lang musste sich Bob Randy am Tisch festhalten, um nicht niederzustürzen. Der Schock saß zu tief.

      Dann nahm er alle Energie zusammen und sagte sich, dass sein Vater ihn jetzt dringend brauchte. Er wollte ihn sehen. Falls sie ihn operieren mussten, würde er einige Stunden nicht ansprechbar sein.

      Der junge Mann verließ überstürzt sein Hotelzimmer. Ungeduldig wartete er auf den Lift.

      Als er endlich erhitzt auf der Straße stand, hielt er nach einem Taxi Ausschau. Bis das Yellow Cab neben ihm hielt, dauerte ihm ebenfalls zu lange.

      Der farbige Driver ärgerte sich über die schlechte Laune seines Fahrgastes, doch als dieser ihm das Ziel nannte, wuchs sein Verständnis.

      Vor dem Hospital sprang Bob Randy aus dem Wagen, ohne auf das Wechselgeld zu warten. Er nahm drei Stufen auf einmal und fragte sich zu Doc Palmer durch.

      Der Mediziner, der ihn im dritten Stockwerk empfing, hatte viele Lachfalten im Gesicht. Jetzt blickte er jedoch ernst.

      „Mister Randy?“, vergewisserte er sich.

      „Der bin ich. Sie haben mich angerufen. Wie geht es meinem Vater? Darf ich mit ihm sprechen?“

      „Sie dürfen zu ihm“, entgegnete der Arzt. „Sprechen können Sie nicht mit ihm. Wir konnten ihm nicht mehr helfen. Er ist vor wenigen Minuten gestorben.“

      Bob Randy sah den Doktor wie ein Gespenst an. „Das ... das ist nicht wahr“, stammelte er. „Mein Vater kann nicht tot sein. Er darf es nicht.“

      Doc Palmer biss sich auf die Lippen. „Ich weiß, dass es für Sie furchtbar ist. Vielleicht tröstet es Sie, dass er nicht zu leiden brauchte. Nachdem ihn die Kugel traf, hat er das Bewusstsein nicht wiedererlangt. Wir fanden in seiner Jacke einen Zettel, auf dem er Ihre Hotelanschrift notiert hatte. Deshalb war es uns möglich, Sie zu benachrichtigen. Es tut mir wirklich sehr leid.“

      „Er ist tot“, murmelte der junge Mann fassungslos. Er sagte es, als würde er den Sinn dieses Wortes jetzt schon begreifen, doch die eigentliche Bedeutung würde ihm erst viel später zum Bewusstsein kommen.

      „Ich bringe Sie zu ihm“, sagte der Arzt.

      Bob Randy nickte stumm. Vor seinen Augen verschwamm der große Mann mit den lustigen Augen.

      Er folgte ihm automatisch, und als er schließlich vor dem Leichnam jenes Mannes stand, dem zu danken er zu spät gekommen war, flössen die Tränen ungehindert.

      Doch dann versteinerte sich sein Gesicht.

      „Wer hat es getan, Doktor?“, flüsterte er. „Wer hat meinen Vater ermordet?“

      Der Arzt schüttelte den Kopf. „Das weiß ich nicht. Doch Sie können sicher sein, dass die Polizei den Schuldigen finden wird, damit er seine Strafe erhält.“

      „Gewiss!“, murmelte Bob Randy. Insgeheim aber dachte er an den niedrigen Prozentsatz aufgeklärter Gewalttaten in Manhattan, und sein ohnmächtiger Zorn drohte ihn fast zu ersticken.

      4

      Linda Rogers stieß ihre Freundin verstohlen mit dem Fuß an.

      Hazy McLorne reagierte erst beim zweiten Mal. „Was hast du denn, Lindababy? Ist es nicht himmlisch hier?“ Sie nahm einen großen Schluck Champagner.

      „Was ist los mit dir? Du trinkst ja gar nicht?“

      „Ich möchte nach Hause, Hazy.“

      „Nach Hause?“ Hazys schwarze Augen wurden kugelrund. Dann lachte sie gluckernd. „Zu wem? Zu Mickey oder lieber zu René?“

      Die Brünette wurde ungehalten. „Lass das!“, erwiderte sie scharf. „Du weißt, dass ich diese Späße nicht mag.“

      Hazy McLorne sah die Freundin verwundert an. „Aber was ist denn schon dabei? Die Jungs sind doch einfach süß. Mir gefällt René ja am Besten, aber im Grunde ist es mir egal, wer mir seinen Pyjama leiht.“

      Linda Rogers wandte sich ärgerlich ab. „Das ist mir auch egal“, erklärte sie. „Ich jedenfalls habe die Absicht, in meinem eigenen Nachthemd zu schlafen. Und vor allem in meinem eigenen Bett.“

      „Du bist fad“, stellte Hazy fest. „Und außerdem unfair. Was meinst du, was die Jungs der ganze Kram hier gekostet hat?“

      „Das ist mir egal“, entgegnete Linda schnippisch. „Ich habe sie weder um Sekt, noch um Languste gebeten.“

      „Aber gegessen hast du das Biest doch, oder?“

      „Wenn die Burschen das vor dem Ruin rettet, werde ich meine Portion bezahlen. Jedenfalls denke ich nicht daran, sie abzuarbeiten.“

      „Pfui! Wie prosaisch! Du tust ja geradeso, als könntest du keinen Spaß dabei haben.“

      „Mit Mickey oder René bestimmt nicht. Wenn du noch bleiben willst, ist das deine Sache. Ich fahre jedenfalls jetzt nach Hause.“

      „Also gut!“, seufzte Hazy McLorne. „Ich sage Mickey Bescheid. Wir setzen dich dann bei dir ab.“

      „Danke!“, sagte Linda Rogers und nahm nun auch einen kleinen Schluck Champagner.

      Mickey war ein braungebrannter Bursche, nach dem sich die Mädchen auf der Straße reihenweise umdrehten. Unter seinem Hemd, das er aus gutem Grund