Die POPkörner (1). Ein Stern für Lou. Stefanie Taschinski

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Название Die POPkörner (1). Ein Stern für Lou
Автор произведения Stefanie Taschinski
Жанр Учебная литература
Серия Die POPkörner
Издательство Учебная литература
Год выпуска 0
isbn 9783401802633



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schön die Finger vor ihr lassen!

      Mottes Mutter schüttelte hektisch den Kopf. »Nein! Nein! Nein, danke, Monika. Das ist nicht nötig. Wir haben alles da.« Dann nippte sie an ihrem Wein. »Und nun lasst uns bitte über etwas Angenehmeres sprechen.«

      Lou stocherte enttäuscht in ihrem Salat herum. Da war sie über elftausend Kilometer von der kanadischen Westküste bis nach Hamburg geflogen und hatte sich die ganze Zeit auf ihre Cousine gefreut – und jetzt? Durfte sie Motte nicht einmal Hallo sagen!

      Auf der anderen Seite des Tisches stieß Till seinen Bruder in die Seite. »Karlotta hat doch gar kein Bauchweh.«

      »Pscht!«, machte Ole.

      Aber Lou hatte es gehört.

      »Was?«, fragte Lou.

      »Nichts«, sagte Ole.

      »Echt nix«, wiederholte Till.

      Motte blieb fast das Herz stehen! Was quasselten ihre Brüder da?

      »Aber du hast doch eben gesagt…«, setzte Lou an.

      »Ohne meinen Anwalt sag ich gar nichts!«, erwiderte Till und sah sie finster an.

      »Kein Wort!«, sagte Ole.

      Während Motte die Tür des Aufzugs noch ein Stückchen weiter aufschob, um besser zu hören, griff Lou nach ihrer türkisfarbenen Tasche, die über ihrem Stuhl hing, und holte zwei kleine Päckchen heraus. Anton blickte als Erster auf.

      »Sind das die Geschenke?«, fragte er.

      »Hm«, nickte Lou und ließ die Päckchen, ohne sie weiter zu beachten, neben ihrem Teller liegen.

      Ole und Till flüsterten miteinander, dann sahen sie ihre Cousine mitleidig an. »Wir lassen uns nicht bestechen!«, klärte Ole sie auf.

      Lou schüttelte den Kopf. »Wer redet hier von Bestechung?« Sie nahm das grün verpackte Päckchen und schüttelte es sachte neben ihrem Ohr. »Das sind Geschenke.«

      Bäh! So eine Schleimerin! Motte beobachtete ihre Brüder unruhig. Darauf fielen sie doch hoffentlich nicht rein. Till und Ole tauschten wieder einen Blick. »Mädchengeschenke«, winkte Till lässig ab.

      Ich bin stolz auf euch Jungs!, dachte Motte.

      Aber sie hatte die Rechnung ohne ihren kleinen Cousin gemacht. Ungläubig starrte Anton die Zwillinge durch seine Brillengläser an. »Ihr, ihr wollt Lusis Geschenke nicht haben?«

      Die Zwillinge schüttelten einmütig den Kopf. Anton sah zu seiner Schwester und streckte beide Hände nach den Päckchen aus. »Dann nehm ich die Orcazähne!«, strahlte er glücklich.

      »Orcazähne?«, wiederholten Till und Ole wie aus einem Munde.

      Lou lächelte bedauernd. »ORCAZÄHNE. Aber ich will euch natürlich nicht mit meinen Mädchengeschenken langweilen.«

      Sie schob die Geschenke zu Anton, hielt sie aber noch fest.

      Till hob die Hand. »Wer sagt denn so was?«

      »Stopp!«, stammelte Ole. »Unter diesen Umständen…«, er sah zu seinem Bruder, der nickte, »… sagen wir ALLES!«

      Motte schob hastig die Türen zu und drückte den Knopf. Höchste Zeit, dass sie hier wegkam! Mit einem leisen Quietschen setzte sich der Aufzug in Bewegung. Doch bis auf Grandmère, die flüchtig von ihrem Teller aufsah, schien es niemand zu bemerken.

      »Und was hat Motte?«, fragte Lou, während sie Till und Ole die Pakete hinschob.

      »Sie versteckt sich«, flüsterte Till.

      »Das macht sie oft«, ergänzte Ole.

      »Sie kennt die besten Verstecke«, sagte Till.

      »Aber sie verrät sie nicht«, beschwerte sich Ole.

      Lou sah zwischen den beiden hin und her. »Wieso versteckt Motte sich?«

      Ole zuckte die Schultern. »Findet sie cool.«

      »Und warum…«, Lou senkte ihre Stimme, »… erzählt eure Mutter, dass Motte Dünnpfiff hat?«

      »Weil sie nicht will, dass ihr wisst, dass Motte sich gerne versteckt«, lautete Tills prompte Antwort.

      Lou krauste die Stirn. Das wurde ja immer rätselhafter.

      Die Zwillinge rissen das Geschenkpapier auf.

      »Sieh mal!«, rief Ole.

      »Hammer!«, sagte Till.

      Er hielt ein schwarzes Lederband hoch, an dem ein großer polierter Zahn hing. »Megacool!«

      Die Zwillinge legten ihre neuen Ketten um.

      »Und die sind echt von einem Killerwal?«, fragte Ole atemlos.

      »Es sind Orcas«, erklärte Lou. Nur weil die schwarz-weißen Wale Lachs und Robben fraßen, waren sie noch lange keine Killer.

      »Hast du auch mal lebendige Wale gesehen?«, wollte Till wissen.

      »Na klar, jeden Tag«, nickte Lou lässig. »An manchen Tagen habe ich sogar mehr Wale als Menschen gesehen.«

      »Wahnsinn«, sagte Ole.

      Mehr Wale als Menschen? Was erzählte ihre Cousine denn da für einen Schwachsinn? Motte stand im Schatten der Tür zum Speisezimmer. Sie wartete auf den richtigen Moment, um unauffällig zu ihrem Platz zu huschen.

      »Orcas schwimmen ihr ganzes Leben als Familie«, fuhr Lou fort. »Jede Familie hat ihre eigenen Laute, an denen die Tiere sich wiedererkennen.«

      Die Zwillinge und auch Grandmère hörten gespannt zu. Lou kam richtig in Fahrt. »Ein paar von ihnen sind fast zahm – und ich konnte sie von meinem Kajak aus streicheln.«

      Ole und Till staunten mit offenem Mund. »Du warst in deinem Kajak und der Killerwal direkt neben dir?«, fragte Till.

      Lou nickte. »Seine Rückenflosse war so hoch, dass sie von hier bis zur Zimmerdecke gereicht hätte!«

      »So große Orcas gibt es gar nicht!«, sagte mit einem Mal eine kühle Stimme hinter Lou.

      »Motte?!«, rief Lou und sprang aufgeregt von ihrem Stuhl. Endlich, endlich sah sie Motte wieder! Am liebsten hätte sie ihre Cousine sofort umarmt und fest gedrückt. Aber etwas in Mottes blassem Gesicht ließ Lou im letzten Moment innehalten. »Da bist du ja!«, sagte Lou stattdessen nur und strahlte sie an.

      »Sieht so aus«, erwiderte Motte, schob die Hände tief in die Hosentaschen und setzte sich auf ihren Platz.

      Für ein paar Sekunden blieb Lou noch stehen. Warum sah Motte sie nicht an? Langsam setzte auch Lou sich wieder an den Tisch. Hatte Tante Vanessa doch recht? War Motte krank? Ihr blasses Gesicht und die aufgesprungenen Lippen sahen jedenfalls nicht gerade gesund aus.

      Motte fühlte, wie ihre Cousine sie unentwegt von der Seite anstarrte, und rückte ein Stück zu Grandmère hinüber.

      »Lou hat dich etwas gefragt, Cherie«, sagte Grandmère und legte Motte ein Stück Brot auf den Teller. Motte biss hinein.

      »Tatsächlich?«, knurrte sie wütend.

      Grandmère hob die Augenbrauen, doch da bemerkte Frau Jacobi ihre Tochter. »Karlotta-Sophie! Wo kommst du denn her? Ich meine… wo bleiben deine Manieren? Sag deinem Onkel und deiner Tante Guten Tag!«

      Motte kaute weiter.

      »Schön, dich zu sehen, Karlotta«, sagte Frau Blum herzlich. »Geht es dir besser?«

      »Hallo, Karlotta«, lächelte Herr Blum.

      Motte schwieg weiter hinter ihrem dunklen Haarvorhang.

      »Karlotta!« Nun klang die Stimme ihrer Mutter richtig schrill. »Antworte!«

      Da stand Motte so abrupt auf, dass der Stuhl wackelte. Sie blinzelte zwischen ihren Haaren hindurch. »Guten Abend, sehr verehrte Tante! Guten Abend,