Der neue Sonnenwinkel 78 – Familienroman. Michaela Dornberg

Читать онлайн.
Название Der neue Sonnenwinkel 78 – Familienroman
Автор произведения Michaela Dornberg
Жанр Языкознание
Серия Der neue Sonnenwinkel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740964863



Скачать книгу

ion> Der neue Sonnenwinkel – 78 –

      Fabian …

      Rosmarie hätte wirklich mit allem gerechnet, aber gewiss nicht damit, ihren Sohn in ihrem Wohnzimmer vorzufinden. Sie schaute ihn an, sein ernstes Gesicht, und schon begann sich in ihrem Kopf ein Gedankenkarussell zu drehen. Fabian zu dieser Uhrzeit im Sonnenwinkel? Er müsste doch eigentlich in seinem Gymnasium sein, um dort alles im Griff zu haben und um die Schülerinnen und Schüler der Abi-Klassen zu unterrichten. Es gab nur eine Erklärung, es musste etwas passiert sein!

      Sie begrüßte ihren Sohn nicht einmal, sondern erkundigte sich ganz angstvoll: »Ist etwas mit Ricky? Ist mit einem der Kinder etwas passiert?« Es war eine berechtigte Frage angesichts der Kinderschar, da gab es ja immer mal wieder kleinere und größere Katastrophen. Aber deswegen würde er doch nicht persönlich herkommen, nur um ihr zu berichten, dass eines der Kinder sich ein Knie aufgeschlagen hatte oder etwas in dieser Art. Außerdem übernahmen das meist die Frauen, Männer hielten sich in diesen Sachen eher zurück.

      »Mama, guten Tag erst einmal, schön, dich zu sehen«, sagte Fabian mit einem leicht ironischen Unterton in seiner Stimme, und Rosmarie wiederholte, noch immer ein wenig abwesend und von ihren Gedanken gequält: »Guten Tag, Fabian. Ja, schön, dich zu sehen.«

      Er lächelte, und das erleichterte Rosmarie ein wenig, weil es dann doch wohl nicht ganz so schlimm sein konnte. Sonst hätte er ja nicht gelächelt.

      »So, Mama, und nun setz dich erst einmal hin.« Er sagte es und führte sie zu einem Sessel gegenüber, drückte sie beinahe hinein, und nachdem das geschehen war, setzte er sich auch wieder hin.

      Rosmarie war augenblicklich wirklich ein wenig durch den Wind, denn die nächste Frage, die sie stellte, lautete: »Wo ist Meta? Warum hat sie dir noch nichts zu trinken gebracht, Fabian?«

      Er zuckte die Achseln.

      »Ich habe Meta noch nicht gesehen, tut mir leid. Ich kann dir auch nicht sagen, wo sie sich befindet.«

      »Und wie bist du überhaupt ins Haus gelangt?« Auch diese Frage war berechtigt, denn Fabian besaß keinen Schlüssel für das Haus seiner Eltern, und wie ein Geist durch geschlossene Türen gehen konnte er ebenfalls nicht.

      »Mama, so beruhige dich doch erst einmal. Gerade als ich ankam, wollte eine Frau das Haus verlassen, und ich bat sie, mich hineinzulassen. Doch ehe du dich aufregst, ich habe ihr gesagt, wer ich bin. Und weil sie mir das nicht sofort glauben wollte, habe ich ihr sogar meinen Ausweis gezeigt.«

      Rosmarie wusste sofort Bescheid.

      »Das war Frau Bredelow, unsere Reinigungskraft, und Meta wird vermutlich mit den Hunden unterwegs sein. Sie nimmt meist Reißaus, wenn Frau Bredelow kommt.«

      Fabian war ein wenig genervt, und das sah man ihm auch an. Seine Zeit war begrenzt, und er wollte sich jetzt wirklich nicht mit solchen Nebensächlichkeiten aufhalten.

      »Mama, können wir endlich zum Kern der Sache kommen? Bitte, lenk nicht weiter ab, und frag mich jetzt auch nicht, ob ich etwas trinken möchte. Nein, jetzt nicht, vielleicht später, ehe ich wieder nach Hause fahre. Meine Zeit ist bemessen, und ich kann auch nur hier sein, weil ich mit einer Kollegin Stunden in der Schule tauschen konnte.«

      »Entschuldige, Fabian«, Rosmaries Stimme klang zerknirscht, sie spürte den dumpfen Schlag ihres Herzens, so aufgeregt war sie. Wenn Fabian sich die Mühe gemacht hatte, in den Sonnenwinkel zu kommen, dann ging es um mehr als nur um einen Husten oder um ein aufgeschlagenes Knie eines seiner Kinder. Und wäre etwas mit Ricky, dann wäre er ganz gewiss nicht hier, um es ihr zu erzählen, sondern er würde keinen Schritt von der Frau, die seine große, seine einzige Liebe war, weichen.

      Schon wieder überfielen ihre Gedanken sie, sie nahm nicht einmal voller Mutterstolz wahr, wie gut ihr Fabian wieder aussah in seiner grauen Jeans, seinem grauen Pullover.

      »So, Mama, bist du jetzt bereit, mir zuzuhören?« erkundigte er sich, und Rosmarie konnte vor lauter Aufregung nur nicken.

      Gleich …

      Fabian lehnte sich in seinem Sessel zurück, und dann sagte er etwas, was einem Donnerschlag glich.

      »Mama, Stella möchte mit den Kindern wieder nach Deutschland kommen.«

      Was hatte er da eben gesagt?

      Er hatte etwas über Stella erzählt?

      »Fabian, ich, du …«

      Rosmarie war so durch den Wind, dass sie einfach nicht in der Lage war, einen vernünftigen Satz auszusprechen.

      Stella!

      Ihre Tochter, von der sie seit gefühlten Ewigkeiten nichts mehr gehört hatten, niemand, Stella, die mit den Kindern irgendwo in Australien verschollen war.

      Rosmarie war jetzt so sehr durch den Wind, dass er es nicht länger mit ansehen konnte. Er erhob sich, ging zu seiner Mutter, setzte sich auf die Kante des Sessels, in dem sie saß, umfasste ihre Schulter und sagte: »Ganz ruhig, Mama, hör mir bitte jetzt einfach mal zu, und dann reden wir über alles, ja?« Das Einzige, was Rosmarie hervorbrachte, war ein Nicken. Fabian erhob sich wieder, ging, nachdem er seiner Mutter noch übers Haar gestrichen hatte, zu seinem Sessel zurück.

      »Bist du bereit, mir jetzt zuzuhören, Mama?«

      Wieder erfolgte nur ein Nicken.

      »Okay, Mama.«

      Was dann erfolgte, war unglaublich, Fabian erzählte seiner Mutter, dass Stella sich bei ihm nach einer sehr langen Zeit des Schweigens gemeldet hatte, zuerst bloß, um mit ihm zu reden. Und irgendwann nach vielen langen Gesprächen kam es heraus, dass sie mit den Kindern wieder nach Deutschland kommen wollte.

      Sie sollte zwar ruhig sein, ihm zuhören. Doch so einfach war das nicht.

      »Und wann wird sie kommen?«, erkundigte Rosmarie sich so aufgeregt, dass ihre Stimme sich beinahe überschlug.

      »Es sind noch einige Dinge zu regeln, eines der Kinder muss das Schuljahr beenden, das wird in Kürze der Fall sein, und dann wird Stella ihre Zelte in Aus­tralien für immer abbrechen und zurückkommen. Sie werden zuerst bei uns wohnen, das war Rickys Vorschlag, damit Stella ohne Druck eine Entscheidung für die Zukunft treffen kann.«

      Rosmarie war hin und weg.

      Was für eine wundervolle Neuigkeit. Stella und die Kinder würden zurückkommen. Der liebe Gott hatte ihre Gebete erhört.

      Ein Gedanke durchzuckte sie.

      Es war ganz wunderbar, was sie da gerade von Fabian gehört hatte, doch änderte sich etwas für sie und Heinz? Würde Stella wieder mit ihnen reden? Oder würde sie weiterhin schweigen und ihnen weiterhin die Kinder entziehen?

      Sie hatte viele Fragen, doch sie traute sich nicht, die jetzt zu stellen. Sie wollte Fabian nicht verärgern. Sie schaute ihren Sohn nur an. Um Fabians Mundwinkel glitt ein kleines Lächeln. Er ahnte, was seine Mutter augenblicklich bewegte.

      »Mama, Stella möchte so gern auch wieder Kontakt zu dir und Papa aufnehmen. Sie hat nur Angst, dass die Tür zu euch für sie für immer verschlossen bleibt, weil sie sich unmöglich benommen hat. Stella hat ein schlechtes Gewissen.«

      »Fabian, wenn du wieder mit ihr redest, sag ihr, dass das törichte Gedanken sind, wir lieben Stella, und wir werden sie mit offenen Armen empfangen. Da kann ich auch für euren Vater sprechen, der vermisst Stella und die Kinder ebenso wie ich, er spricht nur nicht darüber.«

      »Mama, das habe ich Stella schon gesagt. Und ich habe ihr auch erzählt, was ihr durchgemacht habt in der ganzen Zeit ihres Schweigens. Stella hat wirklich ein sehr schlechtes Gewissen, und sie hofft sehr darauf, dass ihr ihr verzeihen könnt.«

      Rosmarie konnte nur nicken, weil sie emotional einfach zu bewegt war. Noch konnte sie es kaum glauben, was sie da gerade von Fabian erfahren hatte. Doch er war keiner, der einfach nur so daherredete.

      »Fabian …, und hast du herausfinden können, warum sie sogar zu Ricky und dir den Kontakt abgebrochen hatte? Über uns will ich ja überhaupt nicht sprechen, weil unser Verhältnis zu Stella leider nicht besonders innig war. Aber du und Stella, ihr wart doch ein Herz