Krimis & Erotische Erzählungen. Walter Serner

Читать онлайн.
Название Krimis & Erotische Erzählungen
Автор произведения Walter Serner
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027207503



Скачать книгу

Mittenmank versuchte vergebens, so erstaunt zu erscheinen, wie er tatsächlich war.

      Da klopfte es zag.

      Die beiden Augenpaare belauerten einander belustigt. Und als wäre es vereinbart, antwortete keiner.

      Nun klopfte es so laut, daß Hasedom nicht mehr im Zweifel war und, einen plötzlichen Einfall lächelnd verarbeitend, von Mittenmank im Nu ins Nebenzimmer stupste.

      Ein liebliches Fräulein näherte sich langsam, eine Zigarette unruhig in den Fingern, und sagte stockend: »Das gestern … das war wirklich eine Dummheit von mir.«

      »Wovon sprichst du?« Hasedom, an die blumige Tapete gelehnt, sah mit Vergnügen die Klinke der Nebenzimmertür sich bewegen und blies in sich zur Sammlung.

      »Aber du weißt es doch.«

      Hasedoms Schenkel zuckten kokett: »Ach so, du meinst die Geschichte mit dem heißen Blütensamt.«

      Das liebliche Fräulein setzte sich erregt: »Wie? … Nein, die mit Lili … O diese …«

      »Wieso war das eine Dummheit?« Hasedom war so neugierig auf die Wirkung seiner Ahnungslosigkeit, daß er ein wenig zu anmaßend blickte.

      »Was? … Was?« Ihr ganzes Ensemble fiel mit einem Mal auseinander und vermutlich ein Konzept um: »Man kann mich nicht beleidigen! Merken Sie sich das! Zur Liebe gehören schon zwei, das stimmt. Aber es kommt doch nur auf mich an!«

      »Wieso?« fragte Hasedom leise und mit äußerer Vorsicht in den Zügen.

      »Pfui!« Es klang wie ein Pfiff; dann sehr unbestimmt: »Ich und eifersüchtig!«

      Hasedoms Körper straffte sich, endgültig orientiert. Dann begann er lächelnd und langsam: »Sie wollten wohl sagen, daß Sie der animierende Teil waren.«

      »Nein, das habe ich nicht gesagt, weil es nicht wahr ist.«

      »Wer zog mich am Ärmel?«

      »Jawohl ich, aber nur, weil Sie mich nicht gegrüßt hatten.«

      »Wer hat gestern vo … hm meinen Lippen gestammelt?«

      Sie schleuderte die Zigarette aufs Bett, wo Hasedom sie kühn liegen ließ, kreischte sich vor ihn hin und schrie: »Ich, ich, ich … Aber nur, weil ich gestern …« Sie japste, außer sich.

      »Weshalb aber kamen Sie denn jetzt auf die Geschichte mit Lili zu sprechen, wenn es … nur … auf Sie ankam?«

      Eine kleine helle Stange sauste durch die Luft: Hasedom hatte eine Ohrfeige bekommen.

      Es gelang ihm trotz mühsam verhaltenem Entzücken die Zigarette, die sonderbarer Weise kein Loch gebrannt hatte, langsam vom Bett zu holen, noch langsamer wieder zu entzünden und erst nach Minuten bewegungslosen Dastehens wieder aufzublicken.

      Das liebliche Fräulein stand, die Finger ob dem Busen knetend, leicht zitternd am Fenster.

      »Ich glaube annehmen zu dürfen, meine Liebe, daß Sie nicht wissen, weshalb ich Ihnen keine Ohrfeige gab.« Jede Silbe Hasedoms frohlockte. Mit innigem Genuß sah er, wie ihre Finger still wurden, wie alles an ihr gespannt wartete und wie die Nebenzimmertür sich fast unmerklich bewegte.

      Nach einer geschickt mit peinigenden kleinen Geräuschen versehenen Pause äußerte er sachlich: »Deshalb: weil ich Sie sonst überhaupt nicht mehr los geworden wäre.«

      Das liebliche Fräulein verharrte sekundenlang regungslos. Dann trippelte sie überzierlich zur Tür, entklinkte sie mit den Worten: »Trottel, blöder!« und machte eine lange Nase …

      Schon stand von Mittenmank vor Hasedom: »Schäm dich! Du bist ja sentimental!«

      »Bist du besoffen?« Hasedom war tatsächlich perplexiert.

      »Besoffen? Du spielst doch noch den Tierbändiger, du Stümper!«

       »Du hast schlecht gehorcht.« Hasedom lächelte enorm.

      »Außerdem: die Geschichte mit dem heißen Blütensamt hat sich doch bekanntlich – vor Jahren bereits abgespielt, he … Mir den Gegenbeweis fabrizieren wollen! Mir!«

      Hasedom drehte sich belustigt hin und her. Dann hüstelte er nachlässig: »Ich danke dir. Ohne dich wäre ich Fff …, wäre ich sie nicht so glatt los geworden.«

      »Paul, lüg doch nicht so!« Plötzlich aber stutzte von Mittenmank, grinste, rannte zur Tür, auf die Treppe und rief: »Anni! Anni!«

      Keine Antwort. Stille, nur vom hellen Tritt kleiner Holzabsätze unterbrochen.

      »Heißen Sie Anni?« brüllte von Mittenmank. »Ich bitte Sie inständig, antworten Sie!«

      Absolute Stille. Endlich ein gelles Stimmchen: »Nein, Sie Esel, – Franzi!«

      Von Mittenmank ruderte größenwahnsinnig ins Zimmer zurück: »Na, du alter Lump, hab ich dich?«

      Hasedom ließ sich gemächlich in ein Fauteuil rutschen.

      »Du hast schlecht gelogen und doppelt, mein Junge.« Die Visage von Mittenmanks triumphierte fürchterlich.

      Hasedoms Lider flatterten sehr amüsiert: »Gelogen – nein. Schlecht – ja. Doppelt – vielleicht.«

      »Wa-a-a-a-s?«

      »Schäm dich, du nimmst mich ernst … Übrigens, wie war das mit Brüssel? Aber bitte nicht lügen!«

      Von Mittenmank mißlang es, nicht so erstaunt zu erscheinen, wie er tatsächlich war.

      Dann gröhlten beide.

      Ein bedeutender Schlepper

       Inhaltsverzeichnis

      Dungyerszki, der ein sehr bewegliches Gehirn besaß, bemerkte eines Abends, als er wieder definierte, daß ein Zuhälter einem Reichsgrafen durchaus vorzuziehen sei, da jener als Mitgiftjäger in Raten vor dem in Ehren, nämlich dem Reichsgrafen, nicht nur voraus habe, daß Madame auch etwas davon habe, sondern überdies das Risiko, nämlich den Mut.

      Dungyerszki liebte es seit mehreren Wochen, zu definieren, weil es ihn sehr unternehmungslustig machte und sich selber interessanter.

      An diesem Abend beschloß er denn endlich, nicht mehr zu hungern, vielmehr mit sich hervorzutreten und seine interessante Person zu fruktifizieren.

      Er begab sich dieserhalb in die Kauffinger Straße und trat neben eine sehr farbig gekleidete und mit zweifelhaften Bijous fast verhängte junge Dame mit der höflichen Frage: »Was verstehen Sie unter ›Laster‹, meine Gnädige?«

      »Wie, mein Herr?«

      »Ich möchte mir die Frage gestatten, was Sie unier ›Laster‹ verstehen.«

      »Gengerns weg. Frozzelns an andere als mi.«

      »Weit gefehlt, meine Gnädige. Und damit Sie davon überzeugt sein können, hier meine Antwort: Laster ist eine Beschäftigung, welche es der Tugend ermöglicht, vorhanden zu sein.«

      »Sö san einer. Gehns, sagns dös no amal.«

      »Gerne.« Dungyerszki repetierte langsamer und tonvoller.

      »Jessas, san Sö einer. Aber wo er recht hat, hat er recht.« Die junge Dame lächelte animiert.

      »Nun wird es Ihnen aber sicherlich nicht schwer fallen, meine Gnädige, mir zu sagen, was Sie unter ›Tugend‹ verstehen.«

      »Na, sagns es nur glei, daß Sies los wern.«

      »Sie sind Psychologin. Nun denn …«

      »Was bin i? Sö, gebns acht, was sagn.«

      »Konträr, es war ein Lob. Nun denn: Tugend ist die Abwesenheit jeder Möglichkeit, sich dem Laster zu widmen.«

      »Härns,