Название | Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch |
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Автор произведения | Walther Kabel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788075831200 |
Harst hatte inzwischen zwei belegte Brote verzehrt, klappte nun den Deckel seiner Drehorgel auf, in die ein Vorratskasten oben eingebaut war und sagte: »Karl Malke hat für das Ding 200 Mark bezahlt. Es ist noch ziemlich neu, spielt drei Walzer, ein Volkslied, einen Marsch und einen Choral. – Wir werden gemeinsam hier im Zuge musizieren. Sie begleiten die Walzer auf der Geige. Diese Art Orchester ist neu.« – Er holte ein Kognakfläschchen heraus und reichte es Schraut-Schüler. »Nehmen Sie einen Schluck. Etwas Schnapsgeruch gehört zum Musikanten,« meinte er. »Wohl bekomm’s! Trinken wir auf einen guten Erfolg! Wir haben ja die besten Aussichten dazu. Wäre Blenkner nicht als Ratsuchender bei mir erschienen, so würden wir jetzt noch so gut wie nichts wissen. Nun aber sind wir bereits gewarnt – vor diesem Freundespaar, das uns fraglos in Szentowo gern das Leben recht sauer machen würde, wenn – sie’s könnten, und das sich nun geteilt hat und getrennt seine dunklen Zwecke weiterverfolgen wird, nämlich Blenkner in Berlin und Bollschwing daheim in Szentowo, denn – der Güterdirektor sitzt vorn in einem Abteil 2ter dieses Zuges. Das ist vorläufig meine letzte Neuigkeit.«
Schraut-Schüler schaute etwas verlegen drein. »Neben Ihnen kommt man sich nicht gerade sehr geistvoll vor, Herr Harst,« meinte er kleinlaut. »Sie haben ja bei der Ermittlung des Doppelmörders Menkwitz Vorzügliches geleistet, ich denke dabei besonders an das Taschentuch, aber – die jetzige »Arbeit« scheint mir doch die feinere, besser durchdachte.«
»Oh – das soll sich erst herausstellen. Wir sind ja erst am Anfang. Warten wir die Fortsetzung ab. – Da ist auch der Fahrkartenschaffner –« Er fragte diesen, ob sie nicht hier ein wenig Musik machen könnten, erhielt jedoch die Antwort, die Reisenden wollten nachts schlafen. Morgens – das wäre was anderes.
Harst hatte jedoch in diesem Falle falsch gehofft: trotz der Anbiederung mit den Reisenden sämtlicher Wagen vierter Klasse fand er dann keinen Mitfahrenden, der aus Szentowo oder der Nachbarschaft stammte.
Nachmittags gegen zwei Uhr traf der Zug auf der kleinen Station Malchin ein. Hier stieg auch Bollschwing, ein kräftiger, stattlicher Mann in den besten Jahren, aus und begab sich zu dem auf ihn wartenden leichten Jagdwagen, rief dem Kutscher zu, er solle nach dem Pommerschen Hof vorausfahren und ging dann zu Fuß in das Städtchen hinein, das sich zu beiden Seiten des Bahnhofs hinzog.
Bollschwing schritt sehr eilig dahin. Harst gab Schraut die Weisung, ihn in einer Kneipe, an der sie vorüberkamen, zu erwarten. Mit der Drehorgel auf dem Rücken hielt er sich stets einige dreißig Meter hinter Bollschwing, der bald eine Art Vorstadt betrat, deren Villengrundstücke sämtlich in einer Waldlichtung lagen und an den Forst grenzten. Das letzte Haus war des Güterdirektors Ziel. Es war von Tannen und Buchen dicht umgeben. Harst zweifelte nicht, daß es dasjenige des Schriftstellers Blenkner wäre. Nachdem er die Drehorgel eiligst in einem nahen Gebüsch versteckt hatte, kletterte er von der Seite über den niedrigen Holzzaun und schlich auf das kleine, freundliche Gebäude zu. Der Garten war recht groß, und als Harst nun eine laute Stimme hörte, die wiederholt »Marie – Marie!« rief, dachte er sogleich an Blenkners alte Wirtschafterin. Er wagte sich weiter vor. Schlimmstenfalls konnte er ja den Bettler spielen.
Marie hatte im Gemüsegarten die Erdbeerbeete in Ordnung gebracht, kam nun Bollschwing entgegengelaufen und wurde von diesem durch Handschlag begrüßt.
Harst lag jetzt hinter einem großen Jauche-Faß. Aber die beiden sprachen so leise, daß er nur wenige Worte verstand.
3. Kapitel
Das gräfliche Paar
Eine Stunde später überholte der Jagdwagen, auf dem der Güterdirektor nach dem Gute Szentowo fuhr, auf der Chaussee zwei Musikanten. Bollschwing saß ganz in der Haltung eines Mannes da, auf dessen Haupt allerlei Sorgen lasten.
»Ich möchte Gedankenleser sein,« meinte Harst. »Wer weiß, worüber der jetzt nachgrübelt.«
»Dann wäre die Detektivarbeit eine Kleinigkeit, Herr Harst, – dann könnte auch ich eine Millionenwette eingehen.«
»Hm – eine Kleinigkeit! Das schon! Aber – auch eine langweilige Geschichte! Jeder Reiz würde schwinden. Gerade das macht ja das Anregende dieses Berufs aus, daß man zu stetem schärfsten Denken gezwungen ist. Ich habe mir zum Beispiel soeben nochmals die Worte durch den Kopf gehen lassen, die von dem, was ich vorhin in Blenkners Garten erlauschte allein Beachtung verdienen. Es ist dies dir halben Sätze aus Bollschwings Munde: »– nie vergessen, daß er ein sehr gefährlicher Gegner ist und –» Ich bin nicht eingebildet, aber – ich möchte wetten, diese Worte bezogen sich auf mich. Der Direktor wird die Alte vor mir gewarnt haben.«
Max Schraut erklärte, er wäre derselben Überzeugung. Dann fragte er zögernd: »Ich weiß ja, Sie lassen sich nicht gern über Dinge aus, die nur leere Vermutungen sind, aber – würden Sie mir nicht ausnahmsweise mitteilen, was Sie überhaupt von diesem rätselhaften Leuchten in den Tiefen des Sees halten?«
»Nun – eine Naturerscheinung kommt hier nicht in Frage. Es gibt zwar leuchtende Weidenstümpfe, es gibt Irrlichter, das sind leuchtende Sumpfgase, es gibt Leuchtkäfer und so weiter, – doch all das nur auf dem Lande in