Die Klinik am See Staffel 3 – Arztroman. Britta Winckler

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Название Die Klinik am See Staffel 3 – Arztroman
Автор произведения Britta Winckler
Жанр Языкознание
Серия Die Klinik am See Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740943011



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Erneut wallte Ärger auf die beiden Polizisten auf, die ihn zu dieser Verspätung gezwungen hatten. Merkwürdigerweise jedoch bezog sich sein Unwillen nicht auf die junge Frau, deretwegen er überhaupt angehalten hatte. An sie dachte er nicht mit Unwillen.

      »Wollen Sie auch in den OP, Herr Doktor?«, fragte die Schwester und riss Dr. Bernau aus seinen Gedanken.

      »Was dachten Sie?«, gab Dr. Bernau unwillig zurück. »Ich kann doch den Chef nicht für mich assistieren lassen. Rasch, schließen Sie mir den Kittel!«

      In Sekundenschnelle war das getan, und Dr. Bernau beeilte sich, in den OP zu kommen, in dem Dr. Hoff und Dr. Lindau schon den ersten Teil des Eingriffs hinter sich hatten.

      »Da sind Sie ja endlich.« Dr. Hoff bedachte den Kollegen Bernau nur mit einem kurzen Blick und konzentrierte sich sofort wieder auf den Operationsbereich.

      Dr. Lindau sah den Assistenzarzt nur kurz an. »Ich hoffe, dass Sie einen triftigen Grund für Ihre Verspätung haben«, kam es hinter seinem Mundschutz hervor.

      »Tut mir leid, aber ich wurde …«

      »Später, nach der Operation bei mir unten«, fiel Dr. Lindau dem Zuspätgekommenen scharf ins Wort. »Kommen Sie und übernehmen Sie!«, setzte er hinzu.

      Dr. Bernau zuckte unmerklich zusammen. Schweigend nahm er den Platz des Chefarztes ein, der vom OP-Tisch zurücktrat, sich aber beobachtend danebenstellte.

      *

      Die Kinderärztin Dr. Astrid Mertens sah ihren Vater, den Chefarzt der Klinik am See, erwartungsvoll an. Sie hatte ihm eben ihren Wunsch mitgeteilt, der Einstellung einer ärztlichen Mitarbeiterin für die Kinderstation zuzustimmen. »Wie stehst du dazu, Paps?«, fragte sie.

      Dr. Lindau blickte seine Tochter prüfend an. »Grundsätzlich ist dagegen nichts zu sagen«, erwiderte er. »Auf deiner Station könnte gut und gern noch eine Ärztin Arbeit finden. Ich denke dabei daran, dass du ja nur an den Vormittagen in der Klinik sein kannst und dass dein Mann dadurch ziemlich belastet wird.«

      »Nun«, wandte Astrid ein, »ich könnte natürlich meine Dienststunden auch etwas verlängern, wenn es erforderlich ist.«

      »Nichts da.« Dr. Lindau winkte ab. »Du hast Mutterpflichten«, erklärte er energisch. »Mein Enkel …, hm …, dein Sohn ist in einem Alter, in dem er die Mutter so oft wie nur möglich um sich haben muss.« Er lächelte verhalten. »Oder habe ich als Großvater etwa nichts dazu zu sagen?«, fragte er.

      Astrid gab ein Lächeln zurück. »Aber selbstverständlich, Paps«, erwiderte sie. »Also kann ich Renate einen positiven Bescheid zukommen lassen«, wurde sie wieder sachlich.

      Dr. Lindau nickte zustimmend. »Du hast zusammen mit dieser Dame studiert?«, fragte er.

      »Ja«, bestätigte Astrid. »Wir haben uns gut verstanden, und ich kann dir versichern, dass sie gut ist.«

      »Fachgebiet?«

      »Ebenso wie ich – Kinderärztin«, antwortete Astrid. »Sie ist im gleichen Alter wie ich«, fuhr sie erklärend fort. »In Nürnberg hatte sie eine eigene kleine Praxis.«

      »Hatte?« Fragend sah der Chefarzt seine Tochter an.

      »Ja, aber die hat sie jetzt verkauft und möchte gern in unserer Klinik arbeiten«, berichtete Astrid.

      »Warum?«

      »Weil ihre vor gut einem Jahr geschlossene Ehe in die Brüche gegangen ist und weil sie Abstand gewinnen will«, erklärte Astrid dem Vater. »Da wir fast so etwas wie Freundinnen waren und auch noch irgendwie sind, glaubte sie, dass sie hier in meiner Nähe leichter über alles hinwegkommen kann.«

      »Verstehe«, murmelte Dr. Lindau und machte sich ein paar kurze Notizen. »Hat deine Studienfreundin Kinder?«, wollte er wissen.

      »Nein …«

      »Ihr Name?«

      »Renate Bertram«, erwiderte As­trid. »Doktor Renate Bertram.«

      Dr. Lindau notierte den Namen. »Gut«, sagte er, »ich werde nachher gleich mit Sandtner, unserem Verwaltungs-Chef, darüber reden.«

      »Mit Sandtner?«, fragte Astrid leicht verwundert. »Brauchst du denn seine Genehmigung? Das ist doch deine Klinik.«

      »Das ist zwar richtig«, bestätigte Dr. Lindau, »aber unser Budget verwaltet Sandtner. Schließlich muss eine neue Mitarbeiterin ja auch für ihre Dienste entlohnt werden.«

      »Da hast du natürlich recht, Paps«, gab Astrid zurück.

      »Tja, dann werden wir also in Kürze zwei neue Gesichter bei uns sehen«, kam Dr. Lindau zum Schluss des Gespräches.

      »Zwei?« Erstaunt blickte Astrid ihren Vater an. »Wer kommt denn noch?«

      »Der Sohn von Professor Göttler aus Rosenheim«, klärte Dr. Lindau seine Tochter auf. »Der Professor, ein sehr bekannter Hämatologe, ist wiederum ein Studienkollege von mir. Er möchte, dass sein Sohn den Facharzt für Frauenleiden in meiner Klinik macht und hier praktiziert. Ich konnte es ihm nicht abschlagen. Außerdem«, fuhr er fort, »trifft sich das gut, denn ich brauche ja einen Ersatz für den Kollegen Bernau, der demnächst für kurze Zeit in die Universitätsklinik München überwechselt, um seine chirurgischen Kenntnisse zu vervollständigen.«

      »Doktor Bernau als Chirurg? Nicht schlecht«, meinte Astrid. »Aber er kommt doch wieder hierher zurück?«, fügte sie fragend hinzu.

      »Ja«, bestätigte Dr. Lindau. »Als Frauenarzt und Chirurg.« Nachdenklich sah er seine Tochter an. »Mir fällt eben etwas anderes ein«, stieß er hervor. »Nämlich die Unterbringung der beiden neuen Mitarbeiter. Hm, den Göttler können wir in der Klinik einquartieren. Meines Wissens ist da oben noch ein kleines Appartement frei. Aber was machen wir mit deiner …?«

      »Da habe ich bereits etwas unternommen«, fiel Astrid dem Vater lächelnd ins Wort. »Bei Frau Lindhofer in Auefelden. Eine Anderthalb-Zimmer-Wohnung. Vorläufig jedenfalls.«

      »Sieh an«, meinte Dr. Lindau. »Warst du dir denn so sicher, dass ich eine zusätzliche ärztliche Kraft für deine Station akzeptieren würde?«, fragte er. In seinen Augen blitzte es belustigt auf.

      Etwas verlegen senkte Astrid sekundenlang den Blick, sah dann aber ihren Vater offen an und erwiderte: »Ehrlich gesagt – ja.«

      »Es ist ja auch etwas schwer, dir etwas abzuschlagen, Astrid«, gab er zurück und lächelte. »Ich kenne doch meine Tochter und …« Er unterbrach sich, blickte nach der Tür und rief: »Ja, bitte …«, weil es geklopft hatte.

      »Ja, dann sind wir uns also einig«, meinte Astrid und stand auf. Freundlich nickte sie dem eintretenden Dr. Bernau zu. »Ich gebe also Renate heute noch Bescheid.« Sie sah ihren Vater an. »Wann kann Renate beginnen?«, fragte sie.

      »Wann kann sie?«, antwortete Dr. Lindau mit einer Gegenfrage.

      »Ich denke, in acht bis zehn Tagen«, erwiderte Astrid. »Vielleicht auch schon ein paar Tage früher.«

      »Mir soll’s recht sein …«

      Astrid verabschiedete sich mit einem kurzen Gruß vom Vater, rief Dr. Bernau ein kurzes, aber freundliches »Tschüss, Herr Kollege« zu und verschwand aus dem Büro des Chefarztes.

      Der aber sprach sofort Dr. Bernau an. Das freundliche Lächeln – seiner Tochter geltend – machte einem ernsten Gesichtsausdruck Platz. »Ich hoffe für Sie, dass Sie eine plausible Erklärung für Ihre Verspätung parat haben, Herr Bernau.«

      »Die habe ich«, erwiderte der Assistenzarzt, und ohne eine weitere Aufforderung des Chefarztes abzuwarten, berichtete er von dem Zwischenfall auf der Herfahrt von Bad Tölz nach Auefelden. »Ich bedaure das selbstverständlich, aber die beiden Beamten waren so stur, dass ich …«

      Dr. Lindau winkte ab. »Schon gut, Herr Kollege«, fiel er seinem Mitarbeiter ins Wort. Seine Stimme hatte den vorherigen strengen Klang verloren. »Ich glaube Ihnen. Gegen die Staatsgewalt ist man oft machtlos.