Название | Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band |
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Автор произведения | Walther Kabel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788075831101 |
Um auch nochmals das Motiv des Verbrechens zu nennen: Habgier, Eigennutz, – denn Tompson ist ja fraglos Juwelenhändler oder dergleichen gewesen, und die beiden haben ihn gründlich ausgeplündert, nachdem sie ihn in das leere Haus gelockt hatten. Der Brief in Rundschrift wurde dann nur geschrieben, um den Tatbestand noch mehr zu verwirren. –
Das ist ein kurzer Überblick über das bisher Erreichte, und alle Einzelheiten passen da so gut zueinander und fügen sich so zwanglos in- und aneinander, daß diese Fährte die richtige sein muß, – – trotz ihres noch immer zweifelnden Gesichtsausdrucks, mein lieber Spengler …! In diesem Falle sind Sie wirklich zu gewissenhaft …!!“
Spengler schüttelte ernst den Kopf.
„Sie können nicht leugnen, Herr Kommissar,“ meinte er, „daß verschiedene Punkte noch sehr der Aufklärung bedürfen und uns stutzig machen müssen. – Wir wissen über Tompson noch nichts Bestimmtes trotz aller telegrafischen Nachfragen. Niemand kennt ihn. Hier in Danzig hat er ganz für sich gelebt. Von irgendwelchen Geschäften als Juwelenhändler haben wir nichts erfahren. Wir halten ihn dafür, weil wir in seinem Koffer die Zeichnungen gefunden haben, – ein sehr, sehr schwacher Beweis!! Heißt der Mann überhaupt Tompson? Ist er wirklich Engländer und in London zu Hause? – Unser Polizeiarzt bleibt dabei, Tompson seit ein sehr hellhäutiger Asiate, vielleicht ein Hindu aus Indien. – –
Dies ist der eine dunkle Punkt. Der zweite, was schleppten die beiden Freunde damals nach dem Morde in des Doktors Wohnung? Hönig behauptet, es sei ein großer, runder Gegenstand gewesen. Spricht dies für Diamantenraub? – Nein! Niemals! Diamanten sind Objekte von so geringer Größe, daß sich schon Millionen Werte davon in einem Beutel unterbringen lassen. – Um was für einen Gegenstand also handelte es sich? – Wir wissen noch gar nichts Näheres darüber, können nicht einmal eine leidlich begründete Vermutung in dieser Beziehung aufstellen.
Ich kann mir nicht helfen, Herr Kommissar, aber ich fürchte, wir befinden uns mit unserer Theorie recht sehr auf dem Holzwege.“
In demselben Augenblick betrat ein Schutzmann das Zimmer und überreichte Ihle einen Brief, indem er erklärte:
„Ich habe den Brief soeben aus dem Kasten in der Vorhalle genommen. Er muß vor kurzem hinein geworfen worden sein.“ Dann verschwand er wieder.
Der Umschlag hatte die Adresse des Kommissars. Die Schrift war groß und steil, energisch und eigenartig.
Ihle riß den Umschlag auf.
Während er den Inhalt des Briefes überflog, verstärkte sich in seinem Gesicht der Ausdruck ungläubigen Staunens. Dann reichte er den Bogen seinem Untergebenen hin.
Spengler griff hastig danach. Er ahnte Überraschungen besonderer Art.
Ohne Anrede stand da:
‚Ich habe mein Versprechen gehalten und der Polizei geholfen, den Mörder Tompsons zu ermitteln. Ich kenne ihn, kenne auch die Beweggründe der Tat. Wenn Sie mich weiter unbelästigt noch ein paar Tage handeln lassen und wenn Sie, was die Hauptsache ist, niemanden, der nicht zu Ihren nächsten Mitarbeitern gehört, von dem Inhalt dieses Briefes Mitteilung machen, so werde ich in der Lage sein, Ihnen sehr bald diesen Mörder in die Hände zu spielen. Die geringste Unvorsichtigkeit Ihrerseits, besonders meine Verhaftung, würde den Erfolg meiner Arbeit sehr infrage stellen. Es ist auch nötig, daß Sie weiter so tun, als ob Sie meinen Freund Dr. Wilde und mich selbst für die Täter halten und diese Spur weiterverfolgen. Kurz: Sie sollen ihre Ermittlungen nach der bisherigen Richtung hin fortsetzen. –
Um ihnen den Beweis zu liefern, daß ich Sie nicht mit diesen Angaben nasführen will, folgende Andeutungen: Tompson ist Inder. Das Verbrechen ist kein Raub-, sondern ein Meuchelmord. Der Mörder schaffte sich einen unerbittlichen Feinde auf sehr raffinierte Art vom Halse. –
Wir, mein Freund und ich, hatten die Todesschreie des Opfers gehört; wir sind dann in das leere Haus eingedrungen und haben von dort einen Gegenstand mitgenommen, der zu dem Morde in aller engster Beziehung steht. – –
Dies mag vorläufig genügen. Suchen Sie nicht nach jenem Gegenstand! Sie würden ihnen doch nicht finden und den Erfolg nur gefährden! Das, was wir sozusagen nur mit Beschlag belegten, wird zur rechten Zeit wieder auftauchen. –
Viktor Ruhnau.‘
„Na, was sagen Sie nun?!“ fragte Ihle, als Spengler die Hand mit dem Briefe sinken ließ.
„Ich glaube, der Brief wird wohl die Wahrheit enthalten,“ erwiderte der Wachtmeister ebenso feierlich würdig, wie dies stets sein Gesichtsausdruck war.
Der Kommissar zog zweifelnd die Augenlider hoch.
„Die Wahrheit?! Hm, das wäre wirklich höchst eigenartig, – der Mörder auf der Jagd nach dem Mörder …!! Für meinen Geschmack zu romantisch …!“
„Ich werde mal zu den Eltern des Ruhnau gehen und feststellen, ob es seine Handschrift ist. Wenn ja, dann ist der Brief von großer Bedeutung. Und ich bin auch eigentlich schon jetzt davon überzeugt, daß Ruhnau ihm geschrieben hat. Außer uns und Hönig, Herr Kommissar, weiß bis jetzt niemand etwas von dem großen, runden Gegenstand, den die beiden nächtlichen Besucher des leeren Hauses mitgenommen haben. Das dürfen wir nicht vergessen!!“
„Allerdings. – Hm – ich werde mit zu Konsul Schimpel kommen, und wir werden nichts tun, was gegen die Anordnung des Briefes verstößt. Vielleicht – na, das wird sich ja aufklären!“
* * *
Ich muß hier einschalten, das Tory diese Schreiben am Mittag des Tages in den Briefkasten des Polizeipräsidiums geworfen hatte, an dem ich in meiner vorzüglichen Verkleidung morgens mit dem ersten Dampfer verabredungsgemäß nach Heubude gefahren war.
Tory hatte mir nichts von diesem Brief gesagt, ebenso wie er auch hinsichtlich der weiteren Einzelheiten seines Planes, den Täter zu überführen, sehr verschwiegen gewesen war, was mich etwas gekränkt hatte. Später war ich ihm ganz dankbar für die vorsichtige Zurückhaltung. Wer weiß, ob nicht vieles anders gekommen wäre, wenn er mich völlig eingeweiht hätte. Vielleicht wäre ich dann noch heute Junggeselle und nicht Ehegatte eines reizenden, lieben Geschöpfchens, das im Grunde genommen auch nur durch die Lahore-Vase mein wurde. –
* * *
Ihle hatte vorher bei der Firma Ruhnau telephonisch angefragt, wann und wo der Herr Konsul zu sprechen sei.
Das Telephonfräulein der Firma hatte ihn sofort mit dem Privatkontor des Chefs verbunden, und Schimpel hatte geantwortet, er erwarte Ihle sofort. –
„Ist es etwas Unangenehmes?“ hatte er noch gefragt. –
„Ja, es geht Ihren Schwiegersohn an!“ lautete die Entgegnung, und der Kommissar hatte dann einen tiefen Seufzer drüben am anderen Ende des Drahtes gehört. – – –
Professor Pinkemüller, der gerade seinen Schwager besucht hatte, um mit ihm weitere Schritte zur schleunigsten Entmündigung des ‚Verkommenen‘ zu beraten, sagte mit gen Himmel gerichtetem Blick: „Was werden wir wieder hören, Schwager …!! Welch’ ein Elend mit diesem jungen Menschen …! Sogar die Polizei beschäftigt sich schon mit ihm!“
Der Konsul erwiderte nichts. Ihm ging es in den letzten Tagen gesundheitlich recht schlecht. Er litt an allerlei nervösen Erscheinungen, war sehr zerstreut, hatte eine graue Gesichtsfarbe und stets dunkle Ringe unter den matten Augen.
Er schaute vor sich hin mit einem geistesabwesenden Ausdruck in dem sonst so energischen und lebhaften Antlitz.
Pinkemüller trank schnell sein Glas Madeira aus und füllte es wieder.
Dann meinte er zögernd: „Hm – was ich noch sagen wollte, Schwager … Könntest du mir bis zum Ersten vielleicht