Название | VERRÄTER (Extreme 2) |
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Автор произведения | Chris Ryan |
Жанр | Языкознание |
Серия | Extreme |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783958352704 |
»Fick dich, du blöder Wichser«, rief Bald dem sich bereits verflüchtigenden Schaum hinterher.
Und er lief weiter.
Während sich links von ihm die klobige Silhouette des Southbank Centre abzeichnete, verließ er die Brücke und betrat die Belvedere Road. Zügig lief er nach Süden, zur Waterloo Station, vorbei an einer Schar Studenten, die sich in einer ihm fremden Sprache unterhielten. Als er die Portland-Steintreppe unter dem Victory Arch hinauf hastete, war Joe Gardner für ihn bereits Geschichte, und Bald freute sich auf ein schnelles Bier in der Station, bevor er sich ins Waterloo Novotel aufmachen würde, wo bereits eine russische Blondine namens Lena nackt im Bett auf ihn wartete. Gott, was freute er sich darauf, sich über ihren Arsch hermachen zu können.
»Sie wollen schon gehen?«
Die Stimme kam von vier Uhr. Bald blieb auf der obersten Stufe stehen und drehte sich zu dem Kerl um. Der lehnte an der hohen Mauer neben der Bronzeplakette, die den 626 Männern der Southern Railway gedachte, die ihr Leben im Krieg von 1939 bis 1945 gegeben hatten. Der Mann zog an einer Zigarette.
»Cave«, sagte Bald. »Was zur Hölle wollen Sie?«
»Tss, tss, tss.« Der Mann nahm einen weiteren Zug und schnippte die Kippe dann die Stufen hinunter. »Blöde Angewohnheit«, sagte er. »Ich hab mich auf fünf am Tag einschränken können, aber weiter schaffe ich es nicht. Zu viel Stress. Schön, Sie zu sehen, John. Auch wenn ich es begrüßen würde, wenn Sie mich Danny nennen. Cave klingt so beschissen förmlich.«
Und wenn ich Sie einfach Arschloch nenne?, dachte Bald bei sich.
Danny Cave begutachtete seine manikürten Fingernägel. In einem anderen Leben wäre er Grundstücksmakler gewesen, der Atelierwohnung in Camden verhökerte. »Das war ein netter Schachzug – mich bei dem Bewerbungsgespräch als Ihren Sekretär auszugeben«, sagte er. »Ich glaube, unser Freund Joe hat Ihnen das sogar abgenommen.«
»Ja, vielleicht.« Bald wischte sich den Schweiß von seinem stacheligen Kopf. »Ich konnte dem Burschen ja schlecht erzählen, dass irgendein Wichser von der Firma in seinem Bewerbungsgespräch sitzen würde. Der hätte schneller dichtgemacht als ein Arschloch bei einer Gefängnisrevolte.«
»Zum Glück kann ich einen Witz besser vertragen als mein Vorgänger.« Cave strich sich einen imaginären Fussel von seinem Jackett und fuhr fort: »Die Sache ist die, John. Ich bin nicht nur wegen eines netten Plauschs hierher gekommen.«
Bald machte kein überraschtes Gesicht, denn er war nicht überrascht. Die Firma führte keine belanglosen Gespräche. Alles was sie sagten, alles was sie taten, war kalkuliert und immer nur zur Hälfte oder einem Viertel wahr.
»Ich wollte mit Ihnen über den Job reden«, sagte Cave.
»Ich habe noch nicht den richtigen Mann dafür gefunden.«
»Oh, aber ich.«
Cave glitt die Stufen nach oben, bis er neben Bald stand. Er legte eine knochige Hand auf Balds Schulter und nickte zur Straße unter ihnen, wo gerade ein Lexus GS einbog. Bald gefielen die verchromte Karosse und die tief getönten Windschutzscheiben. Der Fuhrpark des MoD war von den Etatkürzungen offenbar nicht betroffen gewesen. Typisch, dachte Bald. Es ging in Ordnung, den einfachen Soldaten schrottreifes Equipment aufzuhalsen, aber wehe, es entzog jemand den Schreibtischtätern die teuren Firmenwagen oder die Spesenkonten.
Ein Fahrer stieg aus und öffnete die hintere Beifahrertür.
»Soll ich Sie mitnehmen?«, fragte Cave.
»Nein, danke.«
»Unsinn, Mann. Steigen Sie ein. Wir können unsere kleine Unterhaltung unterwegs weiterführen.«
Bald seufzte. Seitdem er auf der gepunkteten Linie bei Talisman International unterschrieben hatte, hatte Bald Cave auf Abstand gehalten. Aber nun hatte die Firma bei Ihnen angeklopft, und wenn Cave reden wollte, dann hatte man gefälligst zuzuhören.
Bald schüttelte Caves Hand ab. »Bringen wir's hinter uns.«
Sie liefen die Stufen hinunter und Bald stieg in den Lexus. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit war er rank und schlank gewesen, mit einem Taillenumfang von vielleicht fünfundsiebzig Zentimetern, doch mittlerweile verrieten die zehn Zentimeter, die dazu gekommen waren, seine üppigen Mittagsmahlzeiten. Er fühlte sich lahm, schwerfällig. Sie schlängelten sich aus der Station und fuhren in Richtung Westen auf der Waterloo Road entlang, bevor sie östlich in Richtung des Bahnhofs Elephant & Castle abbogen. Aus der stahlgrauen Skyline ragten zwei Hochhäuser, die wie ausgestreckte Mittelfinger der Welt scheinbar ein trotziges »Fuck You« zuriefen.
»Also, verraten Sie mir eines«, sagte Bald. »Wie hat es ein gewöhnlicher Arsch wie Sie in die Firma geschafft?«
Cave rieb sich über seinen sorgfältig gepflegten Dreitagebart und sagte: »Was ein besoffener schottischer Schwanz wie Sie nicht versteht, ist, dass Leute wie ich in Whitehall zur Zeit schwer angesagt sind. Diese alten Sesselfurzer mit ihrem schnieken Tonfall und ihren beschissenen Prinzipien, die Leo Lands dieser Welt – deren Zeit ist vorüber. Die Welt ändert sich, John. Und die Firma ebenso.«
»Ach was, ich glaube nicht, dass sich etwas ändern wird. Jemanden wie Sie ans Ruder zu lassen ist nur Schönfärberei. Alles andere bleibt, wie es war.«
»Hören Sie, überspringen wir einfach den Schwachsinn«, sagte Cave. Er hörte sich mehr wie ein Gangsterkumpel an als jemand von einer Privatschule. »Ich will Sie bei dem Job dabei haben.«
Bald lachte. »Das bin ich doch bereits.«
»Nein, ich möchte, dass Sie ihn persönlich erledigen.«
Die Worte trafen Bald ins Mark. In all den Monaten seit seiner Reha, während all den quälenden Bewegungs- und Dehnungsübungen, mit denen er gewissenhaft seine Beine wieder zum Funktionieren gebracht hatte, war es ihm nie in den Sinn gekommen, wieder aktiv in den Dienst zu treten. Balds Pläne für die Zukunft beinhalteten Bier und Golfspielen an der Algarve sowie gelegentliche Jet-Ski-Fahrten.
»Ich bin im Ruhestand.«
Cave hob protestierend die Hand. »Denken Sie darüber nach, John. Sie sind der perfekte Mann für den Job. Sie haben Erfahrung darin, verdeckt zu arbeiten. Herrgott, das passt hervorragend.«
»Vergessen Sie's«, antwortete Bald. »Diese Tage liegen hinter mir.«
Cave verstummte eine Weile. Als sie an der Old Kent Road vorbeiglitten, zogen grellbunte Supermärkte, eingepfercht zwischen blinden Häuserreihen aus der Nachkriegszeit vorüber. Auf den kaugummiverklebten Straßen trieben sich arabische Frauen in schwarzen und weißen Burkas herum. Ein paar Besoffene schlurften ebenfalls vorbei und hielten sich ihre Hosen voller Pisseflecken fest. Er erinnerte sich wieder, warum er London hasste und trotz des Jobs bei Talisman nicht hierher gezogen war. Er war in Dundee aufgewachsen – oder Scumdee für die einheimischen, aber jedes Wochenende war er in die Cairngorms geflüchtet, wo er Laufen, Skifahren und Angeln gelernt hatte. Und dort, in den unerbittlichen schottischen Highlands, hatte John Bald die Fähigkeiten erworben, die er eines Tages brauchte, um ein Blade zu werden.
London konnte ihm gestohlen bleiben.
»Soll ich Ihnen ein kleines Geheimnis verraten? Es gibt da ein, zwei Dinge bei diesem Job, die Sie noch nicht wissen«, sagte Cave, während er aus dem Fenster starrte. »Informationen, die strengster Geheimhaltung unterliegen.«
Das weckte Balds Neugier. Die Informationen zu dem Einsatz waren bisher nur häppchenweise gekommen, aber wie bei allem, was die Firma tat, verrieten sie einem nur so viel, wie man wissen musste, oder was sie einen wissen lassen wollten. Bald hatte sich verpflichtet, die Informationen mit Gardner zu teilen, denn Cave wusste nicht, dass er John nur deshalb aus Hereford einbestellt hatte,