Название | Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel 1 |
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Автор произведения | Bettina von Weerth |
Жанр | Языкознание |
Серия | Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740940898 |
Zu allem Unglück waren sowohl Mike Bär als auch Jenny Müller auf einer Fortbildung. Das konnte man auch nicht einfach absagen, gehörte mit zur Ausbildung.
Es war zum Mäusemelken.
Paul starrte auf die goldene Kette, die die Frau getragen hatte, als könnte die ihm die Lösung bringen, als es klopfte, Leonie von Tenhagen hereinkam.
Normalerweise hätte er sich jetzt gefreut. Normalerweise …!
Sie sah die Kette, rief: »Das ist aber ein ganz besonders exclusives Stück, passen Sie auf, dass sie Ihnen nicht vom Schreibtisch gestohlen wird.«
»Von der Toten.«
Leonie setzt eich unaufgefordert. »Darf ich?«
Er schob ihr die Kette über den Tisch.
Sie nahm sie in die Hand, betrachtete sie gründlich, drehte sie um. Starrte darauf. Zuerst ein wenig ungläubig. Erstaunt! Dann schob sie ihm die Kette zurück.
»Entweder ist die Tote Italienerin, oder sie hat einen Bezug zu Italien.«
War sie doch Hellseherin? Niemand wusste etwas über die Tote, sie war nirgends registriert.
Die mühsam der Lederhaut entnommenen Fingerabdrücke hatten nichts ergeben, die Zahnabdrücke auch nicht.
Und nun kam diese Gräfin daher und stellte etwas in den Raum. Bei allem Wohlwollen!
»Ach, und woher wollen Sie das wissen?« Die Ironie in seiner Stimme war nicht zu verkennen.
»Ich entnehme es all den Zeichen hier hinten auf dem Verschluss …, der Juwelier ist Roberto Tozzi aus Mailand. Er ist über die Grenzen Italiens hinweg bekannt. Und bei dieser Kette handelt es sich um ein Unikat … Das erkennt man an dem RT und der verschlüsselten Zahl, die jede seiner Einzelanfertigungen trägt.«
Er starrte sie an wie eines der Weltwunder.
Was sie da herredete, hörte sich beeindruckend an. Sie besaß ein großes Wissen, wirklich. Aber das, was sie da von sich gegeben hatte?
Wieder konnte er seine Frage nur wiederholen, woher nun dieses Wissen wieder kam.
»Man legt Ihnen ein Schmuckstück vor, und Sie haben, wie aus der Pistole geschossen, eine Antwort parat, während wir uns stundenlang daran die Zähne ausgebissen haben … Ehrlich mal, liebe Frau von Tenhagen … Ich finde Sie großartig, Sie sind blitzgescheit … Sie haben es doch gar nicht nötig, mich mit so einer Geschichte beeindrucken zu wollen … Roberto Tozzi … Mailand … Unikat …, das kann man nachprüfen.«
Sie war ihm nicht böse, sondern lachte. »Das sollen, das müssen Sie sogar, mein lieber Hauptkommissar Schuster.« Leonie amüsierte sich köstlich.
Er wusste nicht, was er von alldem halten sollte.
Sie wurde wieder ernst. »Was ich Ihnen gesagt habe, stimmt wirklich. Und ich weiß das nur, weil meine Tante Klara von eben diesem Juwelier ebenfalls ein Unikat besitzt und mir, ob ich es nun hören wollte oder nicht, alles in epischer Breite erklärt hat …, ein Zufall? Vielleicht auch nicht. Vielleicht sollte es so sein. Denn ist es nicht wunderbar, dass Sie jetzt sofort aktiv werden können? Der Juwelier kann Ihnen Informationen geben, die Ihnen ganz bestimmt weiterhelfen können. Wenn Sie wollen, kann ich auch dabei helfen. Zufälligerweise spreche ich Italienisch.«
Allmählich begann Hauptkommissar Paul Schuster zu begreifen, was das für ihn bedeutete.
Keine langen Amtswege.
Kein Übersetzer, der sich den italienischen Kollegen gegenüber erklären musste.
Da saß eine Frau ihm gegenüber, die ihm ruckizucki weiterhelfen konnte.
Und dass er diese Hilfe in Anspruch nehmen würde, das war wohl klar.
Er entspannte sich.
»Tja, meine Liebe, dann musste es wohl auch so sein, dass ich Sie umrennen musste, genau zu dem Zeitpunkt, da wir die Wasserleiche gefunden hatten. Wäre es nicht geschehen, säßen Sie jetzt nicht hier … Also super, natürlich nehme ich Ihre Hilfe gern in Anspruch. Diese Spur bringt ein wenig Licht in all das Dunkel. Sie kann sich natürlich wieder ganz schnell verlieren, wenn der Juwelier zwar Auskunft geben kann, für wen er das Schmuckstück angefertigt hat. Es kann danach durch viele Hände gegangen sein.«
Dem widersprach Leonie.
»Eine Einzelanfertigung von Tozzi ist etwas Besonderes. Das gibt man nicht so ohne Weiteres weiter … Und ganz ehrlich mal, Herr Schuster. Das ist zwar meine ganz persönliche subjektive Meinung …, ich bin fest davon überzeugt, dass dieses Schmuckstück für niemanden sonst als diese arme bedauernswerte Frau bestimmt war, die es sogar mit in den Tod genommen hat …, keine Papiere, nichts, wodurch man sie sonst hätte identifizieren können …, den Schmuck konnte sie nicht zurücklassen.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr«, murmelte er, dann strahlte er sie an. »Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten? Der ist zwar nicht erste Güte, aber trinken kann man ihn.«
»Gern«, sagte Leonie. »Darf ich schon mal, während Sie den Kaffee holen, einen Text entwerfen?«
»Geht nicht«, bedauerte er. »Auch für solche Anfragen müssen wir uns an die Vorschriften halten.«
Beamtentum …
Eines wusste Leonie.
Schon allein aus diesem Grund wäre ein Beamtendasein nichts für sie.
Sie sah ihm zu, wie er zu einer Kaffeemaschine ging, einen Becher von einem Regal nahm, Kaffee einschenkte, den Becher auf ein kleines Tablett stellte, einen Löffel, ein Tütchen Zucker, eine Portion Milch dazulegte, ihr alles brachte.
Er hätte es einfacher haben können. Er hätte sie nur fragen müssen, dann hätte er erfahren, dass sie ihren Kaffee schwarz trank.
Nun ja, er war schon so viele Jahre in seinem Trott. Jemanden wie Paul Schuster änderte man wohl nicht mehr. Insgesamt war er ja nett, und sie würde ihm ewig dafür dankbar sein, dass er sie an seinem »Fall« mitarbeiten ließ.
Das mit dem Schmuckstück kam ihr natürlich sehr entgegen. Das war ein Glücksfall. Und jetzt konnte sie dran bleiben.
Roberto Tozzi würde natürlich auf Italienisch antworten, und da war sie wieder gefragt.
Der Kaffee schmeckte nicht gut, er war abgestanden und viel zu stark.
Sie nippte nur daran, dann überzeugte sie den Kommissar davon, dass es besser war, den Juwelier vorher telefonisch darüber zu informieren, dass man ihm gleich ein Foto mailen würde.
Wieder sagte er ja, und Leonie konnte ihn mit perfekten italienischen Sprachkenntnissen beeindrucken.
*
Eigentlich hatte Leonie nur mal kurz bei Kommissar Schuster vorbeischauen wollen, um sich nach dem neuesten Stand der Dinge zu erkundigen.
Mit dem Verlauf hatte sie nicht gerechnet.
Und jetzt kam sie viel zu spät in das italienische Restaurant, in dem sie sich mit ihrer Freundin Linda zum Essen verabredet hatte.
»Du bist spät dran, viel zu spät«, maulte Linda denn auch nach der Begrüßung. »Dabei weißt du, dass meine Mittagspause begrenzt ist. Auch wenn mir der Buchladen gehört und ich als Chefin darüber entscheiden kann, wann wo ich wie lange bleiben möchte. Das macht keinen guten Eindruck, und ich habe praktisch bereits mit der Muttermilch eingesogen, dass man als Chef ein gutes Vorbild sein muss.«
Sie lachte.
»So, jetzt aber genug gemeckert. Ich hatte bereits eine Vorspeise, wunderbare Nüdelchen mit Steinpilzen. Daran konnte ich nicht vorübergehen.«
Luigi, der Chef kam an den Tisch, war entzückt, dass Leonie ihn diesmal geradezu überschwänglich auf Italienisch begrüßte. Das machte sie, zu seinem Bedauern, eigentlich nie, wenn sie mit Linda zusammen unterwegs war. Linda sprach kein Italienisch, aber Luigi perfekt Deutsch. Profilieren