Название | Seewölfe - Piraten der Weltmeere 21 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954392476 |
„Es wäre wohl auch zuviel verlangt.“ Karl blickte von einem zu anderen, dann fuhr er fort. „Mein Vater war der Generalkapitän und Gouverneur von Venezuela, einer Kolonie des deutschen Handelshauses der Welser. Ich habe ihn nicht mehr kennengelernt, denn ein halbes Jahr vor meiner Geburt geschah das Schreckliche: mein Vater wurde zusammen mit Barthel Welser, einem Sproß der Welser aus Augsburg, von den Spaniern ermordet. Das war 1556. Venezuela ging wieder in den Besitz der Spanier über. Ein Jahr verging, und die elenden Hurensöhne ermordeten auch meine arme Mutter. Eine indianische Amme brachte mich zum Stamm, dem sie angehört hatte. Eine Zeitlang durfte ich in Frieden leben, doch dann erschienen wieder die Spanier und rotteten den Stamm aus. Ich überlebte das Massaker wie durch ein Wunder. Seit ich denken kann, kämpfe ich auf Seiten der Indianer gegen die Spanier.“ Er legte eine kleine Pause ein, doch niemand ergriff das Wort. Hasard musterte ihn mit seinen eisblauen Augen, ohne eine Miene zu verziehen. Die neun Männer schauten von Hutten in einer Mischung aus Spannung, Mißtrauen und Erschütterung an.
„Ich muß allerdings hinzufügen, daß ich von meinem zehnten bis siebzehnten Lebensjahr in einem spanischen Kloster gewesen und von Mönchen unterrichtet worden bin“, erklärte er nun. „Schließlich gelang mir eine lange geplante Flucht. Ich erlebte Schreckliches, schier Unglaubliches, aber ich will das alles nicht schildern. Ich würde euch langweilen. Ich konnte mich bis zu den Araukanern durchschlagen. Bei einem Gefecht, das östlich von Valparaiso stattfand, wurde ich am Kopf verwundet. Die Spanier nahmen mich gefangen und führten mich auf dieses Schiff. In der Piek durfte ich schmachten und auf meinen Prozeß warten. Man wollte mich nach Lima bringen. Vor ein Gericht. Könnt ihr euch vorstellen, was mir blüht?“
„Nichts weniger als der Tod“, sagte Hasard.
„So ist es. Ihr habt mir das Leben gerettet.“
„Das freut mich. Du hast uns eine ziemlich wilde Geschichte erzählt, aber sie erscheint mir glaubhaft.“
„Sie ist wahr. Ich schwöre es.“
Hasard blickte ihm ernst in die Augen. „Wir sind Drakes Männer, wir haben mit ihm die Magellanstraße durchfahren und sind auf der Insel Mocha gelandet. Wir haben die Dons schädigen können, aber jetzt sind sie hinter uns her. Wir können dich an Land bringen.“
„An Land? Ich meine – wie komme ich dort weiter? Wohin kann ich noch gehen?“
„Du kannst auch bei uns bleiben. Ganz wie es dir gefällt.“
Karl von Hutten ballte die Rechte zur Faust und schlug damit in die geöffnete linke Hand, daß es klatschte. „Teufel auch, Killigrew! Du glaubst, ich habe nichts von den tollkühnen Unternehmungen des ‚El Draque‘ gehört? Mann, die sind doch so etwas wie eine Legende. Jedesmal, wenn ich einen Bericht über die Kaperfahrten aufgeschnappt habe, die er gegen die Spanier geführt hat, habe ich ihm Glück und Erfolg gewünscht. Und da fragst du noch, wofür ich mich entscheide?“
Hasard verschränkte die Arme und erkundigte sich förmlich: „Wie lautet also dein Entschluß?“
Karl streckte die Hand aus. „So wahr ich von Hutten heiße, ich will bei euch bleiben, mit euch kämpfen, so gut ich kann – bis ich von einer Kanonenkugel zerfetzt, einer Musketenladung durchbohrt oder einer Säbelklinge aufgeschlitzt werde. Nimm meine Rechte an, Killigrew, sie gehört einem ehrlichen, wenn auch im Augenblick etwas verkommenen Mann.“
Philip Hasard Killigrew ergriff die ihm dargebotene Hand. Er drückte sie und grinste plötzlich verwegen. Dan O’Flynn stellte sich dicht neben von Hutten und versetzte in der ihm eigenen vorlauten Art: „Übrigens, wir nennen ihn den Seewolf, unseren Kapitän Killigrew.“
Von Hutten hielt die Hand immer noch fest und betrachtete Hasard ungeniert von oben bis unten. „Jetzt kapier ich. Über den Seewolf gehen ja auch die tollsten Geschichten reihum. Nur einer Mannschaft wie euch konnte es gelingen, einfach so mir nichts, dir nichts die ‚Valparaiso‘ zu entern. Gratuliere! Das geht noch in die Geschichte ein!“
„Na, na“, sagte Hasard. „Nun übertreibe mal nicht. Los, wir schauen uns die Kombüse an. Hoffentlich haben die Dons ihren Koch darauf getrimmt, immer gute Vorräte zu halten.“
Karl von Hutten tat ein paar unsichere Schritte auf den Niedergang zu und knickte dann jählings in den Knien ein. Hasard und Ben Brighton fingen ihn auf. Das tagelange Schmachten in der Piek hatte gehörig an den Energien des Mannes gezehrt. Er wollte nicht zugeben, daß er sich schlecht auf den Beinen hielt und ihm rundum miserabel zumute war.
„Laßt mich los“, sagte er. „Bin doch kein Wickelkind.“
Sie taten ihm den Gefallen, und prompt strauchelte er auf den Stufen. Es polterte gehörig. Er rutschte ihnen wieder ein Stück entgegen, fluchte, rappelte sich auf und stützte sich ab. Dann mußte er es sich doch gefallen lassen, daß sie ihm unter die Arme griffen und ihn auf das Oberdeck beförderten.
Gemeinsam marschierte die elfköpfige Mannschaft über die Kuhl. Pablo wurde wieder zu seinem Kameraden an den Großmast gelegt. Der Mann schlief immer noch. Hasard ließ Karl von Hutten los und gab dessen linken Arm an Batuti ab. Er schritt auf das Kombüsenschott zu und öffnete es.
Was er im Halbdunkel des Raumes entdeckte, entlockte ihm einen Pfiff. „Dreimal dürft ihr raten, was es hier zu kauen gibt, Männer.“
Matt Davies verzog den Mund. „Bestimmt schimmeligen Schiffszwieback, total versalzenes Pökelfleisch und schlabberiges Dünnbier. Er will uns auf den Arm nehmen, Jungs.“
Dan drängelte sich durch und nahm die Kombüse selbst in Augenschein. „He!“ rief er. „Laß dich doch nicht ins Bockshorn jagen, Matt. Seht euch das an: Schinken, Würste, Frischfleisch, Hühner, Eier, Salat und anderes Grünzeug – alles, was das Herz begehrt! Und, wenn mich nicht alles täuscht, spanischer Rotwein!“
Karl von Hutten stöhnte auf. Batuti und Ben Brighton dirigierten ihn in die Kombüse.
„Du immer Hunger wie Gorilla, kleines O’Flynn“, sagte Batuti. „Aber Karl Kohldampf wie zehn Gorillas.“
Blacky und Gary Andrews übernahmen es, die unter den Deckenbalken baumelnden Schinken und Würste zu prüfen und die besten Stücke auszuwählen. Blacky holte einen Schinken herunter und warf ihn auf eine Tischplatte, daß es donnerte. Mit einem Entermesser schnitt er ihn in dicke Scheiben. Gary beschäftigte sich ausgiebig mit dem Zerteilen der Würste.
Batuti raffte Salat, Tomaten, Fenchel und andere Gemüsesorten zusammen, zerpflückte sie über einer Schüssel und goß Öl und Essig darüber. Dan O’Flynn hatte bereits mit seinen flinken Fingern eine Korbflasche geöffnet und schickte sich an, ihr auf den Grund zu gucken.
Hasard packte ihn am Kragen. „Das Besäufnis findet nicht statt“, sagte er. „Du schenkst jedem eine gerechte Ration Wein ein, verstanden?“
„Aye, aye, Sir.“
„Karl darf vorerst nur Wasser trinken.“
„Sonst kippt er vollends von den Sohlen“, fügte Ben Brighton hinzu.
Sie setzten sich. Blacky und Gary teilten Fleisch und Brot aus. Von Hutten stöhnte wieder und verdrehte die Augen, als er eine dicke Scheibe Schinken zwischen den Fingern hielt. Gierig schlug er seine Zähne hinein. Für die nächste Viertelstunde war er nicht zu sprechen.
Hasard legte ihm die Hand auf die Schulter. „Iß langsam. Du weißt, wie gefährlich es sein kann, alles hastig herunterzuwürgen, wenn man lange nichts zwischen den Zähnen gehabt hat.“
Von Hutten nickte, erwiderte nichts, kaute weiter. Er hielt sich aber an den Rat des Seewolfes. Auch Hasard und seine Männer verspürten ein unangenehmes Knurren in den Mägen. Es war schon einige Zeit her, seit sie das letzte Mal Nahrung gefaßt hatten. Voll Genuß widmeten sie sich den Köstlichkeiten, die die Kombüse bot. Der Wein war tief rot, jedoch nicht besonders schwer, er rann leicht die Kehlen herunter. Sicherlich hatten die Spanier von der „Valparaiso“ die Vorräte erst vor kurzem aufgenommen, und ganz bestimmt waren die Lieferanten irgendwelche Indianer, die unter dem Druck der Dons auch