Max Havelaar oder Die Kaffee-Versteigerungen der NiederländischenHandels-Gesellschaft. Multatuli

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Название Max Havelaar oder Die Kaffee-Versteigerungen der NiederländischenHandels-Gesellschaft
Автор произведения Multatuli
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
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vielleicht fürs Leben geholfen. Er könnte mit vier- oder fünfhundert Gulden anfangen; Bastiaans hat auch lange gearbeitet, bis er zu siebenhundert aufstieg  und ich hätte eine gute That gethan. Ja, mit dreihundert Gulden hätte er wohl anfangen können; denn da er nie im Geschäft gewesen ist, könnte er die ersten Jahre als Lehrzeit ansehen, was ja auch billig ist, denn er kann sich nicht mit Leuten vergleichen, die schon viel gearbeitet haben. Ich bin sicher, er würde mit zweihundert Gulden zufrieden sein …

      Aber ich war nicht beruhigt über seine Lebensführung … er hatte einen Shawl um; und schließlich wußte ich auch nicht, wo er wohnte.

      Ein paar Tage darauf waren der junge Stern und Frits zusammen auf einer Bücherauktion im »Wappen von Bern« gewesen. Ich hatte Frits verboten, etwas zu kaufen; aber Stern, der reichlich Taschengeld hat, kam mit einigen Fetzen nach Haus, das ist seine Sache. Aber sieh da, Frits erzählte, daß er Sjaalman gesehen hätte, der bei dem Bücherverkauf angestellt schien. Er hatte die Bücher aus den Kisten genommen und sie auf der langen Tafel zu dem Auktionator hingeschoben. Frits sagte, er sah sehr bleich aus, und ein Herr, der die Aufsicht zu führen schien, hatte ihn gescholten, weil er ein paar Jahrgänge der »Aglaja« hatte fallen lassen. Ich finde das auch sehr ungeschickt, denn es ist eine allerliebste Sammlung von Damen-Handarbeiten; Marie hält es zusammen mit den Rosemeyers, die in Zucker machen; sie häkelt daraus, aus der »Aglaja« meine ich. Aber bei dem Schelten hatte Frits gehört, daß er fünfzehn Stüber täglich verdiente. »Denken Sie, daß ich Lust habe, fünfzehn Stüber täglich an Sie wegzuwerfen?« hatte der Herr gesagt. Ich rechnete aus, daß fünfzehn Stüber täglich  Sonn- und Festtage werden wohl nicht zählen, sonst hätte er ein Monats- oder Jahresgehalt genannt  zweihundertfünfundzwanzig Gulden aufs Jahr machen. Ich bin schnell in meinen Beschlüssen  wer so lange im Geschäft ist, weiß sofort, was er zu thun hat  und am folgenden Morgen fragte ich bei Gaafzuiger an  das ist der Buchhändler, der den Verkauf abgehalten hatte; ich fragte nach dem Mann, der die »Aglaja« hatte fallen lassen.

      »Der hat seine Entlassung«, sagte Gaafzuiger, »er war träge, schwerfällig und kränklich.«

      Ich kaufte eine Schachtel Mundoblaten und beschloß sofort, es mit Bastiaans noch etwas anzusehen; ich konnte mich nicht dazu entschließen, einen alten Mann so auf die Straße zu setzen. Streng, aber, wo es sein kann, sanft  ist immer mein Prinzip gewesen.

      Ich versäume indessen nie, mich nach etwas zu erkundigen, was in den Geschäften zu paß kommen kann, und fragte deshalb Gaafzuiger, wo der Sjaalman wohnte. Er gab mir die Adresse, und ich schrieb sie auf.

      Ich dachte fortwährend an mein Buch, aber da ich die Wahrheit liebe, muß ich geradeweg sagen, daß ich nicht wußte, wie ich damit zustande kommen sollte. Ein Ding stand fest: die Baustoffe, die ich in Sjaalmans Paket gefunden hatte, waren für Makler in Kaffee von Interesse. Die Frage war indessen, wie ich handeln mußte, um die Baustoffe ordentlich zu schichten und zusammenzubringen. Jeder Makler weiß, wie wesentlich eine gute Sortierung der Haufen ist.

      Aber schreiben, abgesehen von der Korrespondenz mit den Prinzipalen, liegt nicht in meiner Thätigkeit, und doch fühlte ich, daß ich schreiben mußte, weil vielleicht die Zukunft der Branche davon abhängt.

      Die Aufklärungen, die ich in Sjaalmans Bündel fand, sind nicht von der Art, daß sie Last & Co. für sich allein behalten könnten; wenn das so wäre, begreift jeder, sollte ich wohl nicht ein Buch drucken lassen, das Busselinck & Waterman auch zu lesen bekommen; denn wer einem Konkurrenten vorwärts hilft, ist ein Narr, das ist ein festes Prinzip von mir. Nein, ich sah ein, daß da eine Gefahr droht, die den ganzen Kaffeemarkt verderben kann; eine Gefahr, die nur durch die vereinten Kräfte aller Makler abgewehrt werden kann. Und es ist sogar möglich, daß diese Kräfte dazu noch gar nicht ausreichen, und daß auch die Zuckerraffinadeure (Frits sagt Raffineure, aber ich schreibe »nadeure«, das thun die Rosemeyers auch, und die machen in Zucker,  ich weiß wohl, daß man sagt: »ein raffinierter Schurke«, und nicht »ein raffinadierter«, aber das kommt davon, daß man sich bei Schurken, wenn man schon mit ihnen zu thun hat, so wenig wie möglich aufhält)  daß also auch die Raffinadeure und die Indigohändler dabei nötig sein werden.

      Wie ich so beim Schreiben nachdenke, kommt es mir so an, daß sogar die Schiffsreedereien einigermaßen davon betroffen werden, und die Kauffahrteiflotte … gewiß, das ist wahr. Und die Segelmacher auch, und der Finanzminister, und die Armenverwaltung, und die anderen Minister, und die Pastetenbäcker, und die Kurzwarenhändler, und die Frauen, und die Schiffsbaumeister, und die Großhändler, und die im Kleinen verkaufen, und die Hausbewahrer, und die Gärtner.

      Und  sonderbar, wie einem so beim Schreiben die Gedanken kommen  mein Buch geht auch die Müller an, und die Geistlichen, und die, die Hollowaypillen verkaufen, und die Schnapsbrenner, und die Ziegelbrenner, und die von der Staatsschuld leben, und die Pumpenmacher, und die Seiler, und die Weber, und die Schlächter, und die Schreiber auf einem Maklerkontor, und die Teilhaber der Niederländischen Handelsgesellschaft, und eigentlich, genau genommen, alle anderen auch …

      Und den König auch … ja, den König erst recht

      Mein Buch muß in die Welt. Daran ist nichts zu ändern  mögen dann Busselinck & Waterman es auch zu lesen bekommen … Mißgunst ist meine Sache nicht; aber Pfuscher und Schleicher sind sie, das sage ich. Ich habe es noch heute dem jungen Stern gesagt, als ich ihn in »Artis« einführte; er kann's seinem Vater schreiben.

      So saß ich vor ein paar Tagen wieder da und brütete über meinem Buche, und sieh, Frits hat mich auf den Weg gebracht. Ich habe es ihm selbst nicht gesagt, denn man muß keinen merken lassen, daß man Verpflichtungen gegen ihn hat, das ist ein Prinzip von mir, aber wahr ist es. Er sagte, daß Stern so ein heller Bursche wäre, daß er so schnelle Fortschritte im Holländischen mache, und daß er deutsche Verse von Sjaalman ins Holländische übersetzt habe. Ihr seht, es war verkehrte Welt in meinem Hause: der Holländer hatte deutsch geschrieben, und der Deutsche übersetzt es ins Holländische; hätte sich jeder bei seiner Sprache gehalten, wäre Arbeit gespart worden. Aber, dachte ich, wenn ich nun mein Buch durch diesen Stern schreiben ließe  wenn ich etwas hinzuzufügen habe, schreibe ich selber von Zeit zu Zeit ein Kapitel. Frits kann auch helfen; er hat eine Liste von Wörtern, die mit zwei e geschrieben werden, und Marie kann es ins Reine schreiben. Da hat der Leser gleich eine Gewähr gegen alle Unsittlichkeit, denn das versteht sich doch, daß ein anständiger Makler seiner Tochter nichts in die Hände geben wird, was nicht mit Sitte und Anstand zusammenstimmt.

      Ich habe dann mit den beiden Jungen über meinen Plan gesprochen, und sie fanden ihn gut. Nur schien Stern, der, wie alle Deutschen, einen Stich ins Litterarische an sich hat, in der Art und Weise der Ausführung eine Stimme zu verlangen. Das gefiel mir nun nicht, aber weil die Frühjahrsversteigerung noch bevorsteht und ich von Ludwig Stern noch keine Aufträge habe, wollte ich im nicht zu stark widersprechen. Er sagte: »wenn die Brust ihm glühe für das Wahre und Schöne, solle keine Macht der Welt ihn hindern, die Töne anzuschlagen, die mit solch einem Gefühl übereinstimmten, und er wolle lieber schweigen, als seine Worte umklammert zu sehen von den entehrenden Fesseln der Alltäglichkeit.« Ich fand das ganz verrückt von Stern, aber mein Fach geht mir über alles, und der Alte ist ein gutes Haus.

      Wir setzten also fest:

      1. daß er alle Woche ein paar Kapitel für mein Buch liefern sollte;

      2. daß ich in seinem Geschreibe nichts ändern sollte;

      3. daß Frits die Sprachfehler verbessern sollte;

      4. daß ich das Recht haben sollte, von Zeit zu Zeit ein Kapitel zu schreiben, um dem Buche einen soliden Charakter zu geben;

      5. daß der Titel sein sollte: Die Kaffeeversteigerungen der Niederländischen Handelsgesellschaft;

      6. daß Marie eine saubere Abschrift machen sollte vor der Drucklegung; daß man aber mit ihr Geduld haben sollte, wenn die Wäsche käme;

      7. daß die fertiggearbeiteten Kapitel alle Woche in der Gesellschaft vorgelesen werden sollten;

      8. daß alle Unsittlichkeit vermieden werden sollte;

      9. daß mein Name nicht auf dem Titel stehen sollte, weil ich Makler bin;

      10.