Liebe (es waren kaum zwei Wochen seit unserer Bekanntschaft verstrichen), in jenem Zustande der leidenschaftlichen und fürsorgenden Anbetung, in welchem unsere ganze Seele unschuldig und unwillkürlich jede Bewegung des geliebten Wesens verfolgt, in welchem man von der Gegenwart derselben nicht satt wird, sich an dessen Stimme nicht satt hören kann – wo man lächelt und wie ein genesenes Kind aussieht, während ein einigermaßen erfahrener Mensch in einer Entfernung von hundert Schritten schon beim ersten Anblicke erkennen muß, was in solchen Seelen vorgeht. Bis zu diesem Tage hatte sich mir die Gelegenheit noch nicht geboten, Lisa am Arme zu halten. Wir schritten langsam nebeneinander über das grüne Gras dahin. Ein leiser Wind spielte um uns herum in den weißen Birkenästen und warf mir von Zeit zu Zeit das flatternde Band, das ihren Hut umwand, ins Gesicht. Ich verfolgte unaufhörlich ihren Blick, bis sie jedesmal munter nach mir aufschaute; und wir lächelten dann Eines dem Andern zu. Die Vögel zwitscherten über uns, der blaue Himmel schien anmuthig durch das dünne Laub. Der Kopf schwindelte mir vom Uebermaß der Wonne. Ich beeile mich zu bemerken – Lisa war nicht im Geringsten in mich verliebt. Ich gefiel ihr; sie war überhaupt nicht menschenscheu, aber nicht mir war es beschieden, ihre kindliche Ruhe aufzustören. – Sie schritt an meiner Seite wie neben einem Bruder hin. Sie war damals siebzehn Jahre alt . . . Und dennoch schon an diesem Abende und in meiner Gegenwart sollte sich in ihr jene geheime stille Wandelung vollziehen, welche den Uebergang vom Mädchen zum Weibe bedeutet. Ich war Zeuge dieser Umwandelung ihres ganzen Wesens, dieser unschuldigen Befangenheit, dieser fieberhaften Nachdenklichkeit, ich war der Erste, der diese plötzliche Weichheit des Blickes, diese klingende Unsicherheit der Stimme auffing – und, o ich dummer Mensch! o ich überflüssiger Mensch! – während einer vollen Woche schämte ich mich nicht zu vermuthen, daß ich, ich allein die Ursache dieser Veränderung sei.