Der Teufelssumpf. Жорж Санд

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Название Der Teufelssumpf
Автор произведения Жорж Санд
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
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war's, was er so ausführlich mit Euch besprach?

      Gewiß; er hatte dir bei dem Verkauf deines Viehs zugeschaut und gefunden, daß du deine Sache gut gemacht; dein lebendiges und verständiges Wesen hatten ihm in die Augen gestochen, und als ich ihm Alles auseinandersetzte, wer du bist, und wie du dich mit uns so wohl verträgst seit den acht Jahren, wo wir zusammen leben und wirthschaften, und wie es zwischen, uns noch nie zu einem bösen Wort gekommen, da gerieth der Alte auf den Gedanken, aus dir seinen Tochtermann zu machen; ich ging, offen gesagt, gleich darauf ein in Anbetracht des guten Rufs der Wittfrau sowohl als der Rechtschaffenheit ihrer Verwandtschaft und des günstigen Standes ihres Vermögens.

      Wie mir scheint, Vater Maurice, legt Ihr auf das Vermögen, einen ziemlich großen Werth.

      Allerdings schlage ich's hoch an. Legst denn du keinen großen Werth darauf?

      Ich will ihn Euch zu Lieb drauf legen, wenn Ihr's begehrt; aber Ihr wißt, daß ich für meinen Theil mich blutwenig drum kümmere, wie viel oder wie wenig von unserem gemeinsamen Erwerb für mich abfällt; ich verstehe mich ein für allemal nicht aufs Rechnen; dergleichen wollte mir nie recht in den Kopf. Auf den Grund und Boden versteh' ich mich und auf Ochsen, Pferde, Wagengeschirr, Sämereien, Dreschen und Futterschneiden. Was die Schafzucht, den Wein-, Garten-, Gemüsebau betrifft und Alles was sonst noch dazu gehört, so wißt Ihr, daß das Eures Sohnes Sache ist, und daß ich so gut wie nie dreinrede. In Geldangelegenheiten läßt mich mein Gedächtniß im Stich, und lieber würde ich auf Alles verzichten, als über das Mein und Dein herumstreiten, denn ich müßte befürchten, vielleicht mehr zu verlangen, als mir billigerweise zukommt, und würde mich überhaupt in Fällen, die nicht ganz klar und einfach wären, nun und nimmermehr zurechtfinden.

      Das ist ein Fehler, mein Sohn, und darum wünsch' ich dir ein kluges Weib, damit Jemand für mich einspringe, wenn ich einmal nicht mehr bei der Hand bin. Du hast es von jeher vermieden, über unsere Abrechnungen einen genauen Ueberblick zu gewinnen, und das könnte zwischen dir und meinem Sohn zu Ungelegenheiten führen, wenn ihr mich nicht mehr um euch haben solltet, um Alles zu schlichten und euch zu sagen, was einem Jeden zufällt.

      Möget Ihr noch lange leben, Vater Maurice! Wie es nachher gehen wird, darüber macht Euch keine Sorgen, denn mit Eurem Sohn werde ich nie uneinig werden, dem Jakob vertrau' ich, wie Euch selber, und da ich ja nichts mit in die Ehe gebracht habe, da Alles, was etwa noch mein werden kann, von Eurer Tochter kommt und unsern Kindern angehört, so dürfen wir Beide ganz ruhig sein; dem Jakob wird es nicht im Traum einfallen, die Kinder seiner Schwester, die ihm fast eben so lieb sind wie die eigenen, zu Gunsten der Seinigen an ihrem Erbe zu schädigen.

      Da hast du wieder Recht, Germain. Mein Jakob ist ein guter Sohn, ein guter Bruder und ein wahrhaftiger Mensch. Aber er könnte vor dir sterben, eh' eure Kinder großjährig geworden, und in einer Familie muß immer darauf geachtet werden, daß ein Oberhaupt da sei für die Unmündigen, um ihnen guten Rath zu ertheilen und den Hausfrieden zu erhalten, sonst mischen sich die Advocaten drein und hetzen so lang den Einen auf den Andern los, bis das Processiren den letzten Heller aufgefressen hat. Folglich müssen wir bei der Aufnahme irgend eines neuen Gliedes in unsere Familie, gleichviel ob Mann ob Weib, immer die Möglichkeit bedenken, daß dies Familienmitglied später vielleicht in den Fall kommen wird, den Lebenswandel und das Vermögen so und so vieler Kinder, Enkel, Schwiegersöhne und Sohnsfrauen zu überwachen und zu verwalten, denn man kann nie wissen, in welchem Maß eine Familie sich mehren wird, und fügt sich's einmal so, daß das Bienenhaus nicht mehr groß genug ist für den ganzen Schwarm, und daß ausgeflogen werden muß, dann ist jeder Einzelne darauf bedacht, seinen Honig mit fortzutragen. Wie ich dich als Schwiegersohn zu mir ins Haus nahm, war ich mit der Wahl meiner Tochter einverstanden, wiewohl sie reich war und du arm. Ich kannte dich als einen tüchtigen Arbeiter und wußte, daß zwei kräftige Arme und ein Herz, wie du eins hast, das beste Heirathsgut sind für uns Bauersleute. Wenn ein junger Bursche das mit in die Ehe bringt, braucht man von ihm weiter nichts zu begehren. Von einem Weib hingegen darf man mehr verlangen: der Fleiß der Hausfrau mehrt den Erwerb nicht; er hält ihn bloß zusammen. Uebrigens mußt du auch bedenken, daß die Kinder deiner zweiten Frau, die an dem Erbe deiner jetzigen Kinder keinen Antheil haben werden, ins Elend kämen, wenn du sterben solltest und ihre Mutter nicht einiges Vermögen besäße. Und dann werden auch die Kleinen, die dein Weib dir schenken wird, mancherlei Ausgaben nach sich ziehen. Wir würden sie freilich von Herzen gern ernähren, hätten wir allein die Lasten zu tragen; aber diese Lasten würden ja den Wohlstand der ganzen Gemeinschaft verringern, und deine Kinder aus erster Ehe müßten die daraus hervorgehenden Entbehrungen gleichfalls mit in den Kauf nehmen. Wenn sich die Familien übermäßig, das heißt, ohne eine entsprechende Vermehrung der Einkünfte vergrößern, reißt die Armuth ein, wie sehr man sich auch dagegen wehrt. Das sind so meine Betrachtungen, Germain; mach sie dir zu Nutzen und suche der Wittwe Guerin zu gefallen, denn an ihren guten Eigenschaften und ihren blanken Thalern würden wir für die Gegenwart eine Stütze gewinnen und einen Trost für die Zukunft.

      Abgemacht, Schwäher. Ich werde darnach trachten, ihr zu gefallen und Gefallen zu finden an ihr.

      Nun, so mußt du sie aufsuchen und kennen lernen.

      In ihrer Heimath? In Fourche? Aber sagt mir, ist das nicht ein entfernter Ort? Und jetzt, wo eben geackert wird, bleibt schwerlich genug Zeit übrig zu einer Reise.

      Wer aus Liebe heirathen will, der muß sich darauf gefaßt machen. Zeit zu verlieren; aber eine Vernunftheirath zwischen Leuten, die keine Flausen im Kopf haben und genau wissen, was sie thun, kommt rasch zu Stand. Morgen ist Samstag; da machst du etwas früher Feierabend, kannst des Nachmittags um Zwei reisefertig sein, und bist noch vor Nacht in Fourche; übrigens haben wir ja Vollmond; die Wege sind gut, und das Dorf liegt kaum mehr als drei Meilen von hier, ganz nach bei Magnier. Zudem wirst du hinreiten.

      Bei der kühlen Witterung möcht' ich eigentlich lieber, gehen.

      Ganz recht, aber unsere Stute ist ein schmuckes Thier, und ein schön berittener Freier nimmt sich besser aus. Du wirst auch deine neuen Kleider anziehen und für den alten Leonard ein paar Stück Wildpret mitnehmen zum Geschenk mit einer Empfehlung von mir; dann redest du mit ihm ein vernünftig Wort; den Sonntag bringst du mit der Tochter zu, und kannst schon am Montag in der Früh mit einem Ja oder einem Nein zurück sein.

      Gut, erwiderte Germain mit Gelassenheit, wiewohl er sich innerlich nicht vollkommen beruhigt fühlte.

      Germain hatte von jeher, wie alle arbeitsamen Landleute, ein geregeltes, sittsames Leben geführt. Seine Frau, die er in seinem zwanzigsten Jahr geheirathet, war und blieb seine erste und einzige Liebe; trotz seines leicht erregbaren, zur Munterkeit hinneigenden Naturells hatte er, seit sie gestorben war, mit keiner Andern gelacht oder gescherzt. Treu und wahr hatte er die Trauer um die Todte im Herzen gehegt, und nun gab er nicht ohne eine wehmüthige Beklommenheit dem Drängen seines Schwiegervaters nach. Der Gedanke an eine Auflehnung gegen die guten Gründe desselben und den Vortheil Aller konnte jedoch in ihm nicht aufkommen, denn der Schwiegervater hatte die Familieninteressen stets mit großer Umsicht verwaltet, und Germain, der mit seiner ganzen Kraft für das Gemeinwesen einstand, war dem leitenden Oberhaupt mit Leib und Seele ergeben.

      Dennoch war ihm das Herz schwer. Selten verging ein Tag, wo er nicht unter heimlichen Thränen seiner Frau gedachte, und wenn ihm auch die Einsamkeit peinlich zu werden begann, so war doch in ihm das Bangen vor einer neuen Heirath stärker als der Wunsch, sieh dem Gram zu entziehen. Eine dunkle Ahnung raunte ihm zu, daß eine unverhoffte Liebe ihn vielleicht trösten könnte, denn nur den, welchen sie überrascht, tröstet die Liebe. Wer sie sucht, findet sie nicht; sie stellt sich ein, wenn wir sie am wenigsten erwarten. Der kalt vernünftige Heirathsplan des Schwiegervaters, jene unbekannte Braut und wohl auch all die schönen Lobreden über ihre Klugheit und Tugend machten Germain nachdenklich. Und so ging er vor sich hin, grübelnd wie Einer, dessen innere Gefühls-Gegensätze zu unbestimmt sind, um in offenen Widerstreit zu gerathen, wie Einer, der die egoistischen Gründe seines Widerstrebens nicht in deutliche Worte fassen kann, aber einen dumpfen Schmerz empfindet und den Kampf gegen ein unvermeidliches Uebel nicht aufzunehmen wagt.

      Mittlerweile war bei heranbrechender Nacht Vater Maurice in die Meierei zurückgekehrt, Germain benutzte noch die letzte Tagesstunde, um die Lücken zu verschließen, welche die Schafe bei den Wirthschaftsgebäuden durch eine Umzäunung