Unterm Birnbaum. Theodor Fontane

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Название Unterm Birnbaum
Автор произведения Theodor Fontane
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
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Du bist ja gar nicht dran!« schrie Kunicke. »Himmelwetter, was ist denn los? Und wie der Kerl aussieht! Entweder is ihm eine Schwiegermutter gestorben oder er hat das große Loos gewonnen.«

      Hradscheck lachte.

      »Nu, so rede doch. Oder sollst Du nach Berlin kommen und ein paar neue Rapspressen einrichten? Hast ja neulich unserm Quaas erst vorgerechnet, daß er nichts von der Öl-Presse verstünde.«

      »Hab’ ich, und ist auch so. Nichts für ungut, Ihr Herren, aber der Bauer klebt immer am Alten.«

      »Und die Gastwirthe sind immer fürs Neue. Blos daß nicht viel dabei heraus kommt.«

      »Wer weiß!«

      »Wer weiß? Höre, Hradscheck, ich fange wirklich an zu glauben … Oder is es ’ne Erbschaft?«

      »Is so was. Aber nicht der Rede werth.«

      »Und von woher denn?«

      »Von meiner Frau Schwester.«

      »Bist doch ein Glückskind. Ewig sind ihm die gebratnen Tauben ins Maul geflogen. Und aus dem Hildesheim’schen, sagst Du?«

      »Ja, da so ’rum.«

      »Na, da wird Reetzke drüben froh sein. Er war schon ungeduldig.«

      »Weiß; er wollte klagen. Die Neu-Lewiner sind immer ängstlich und Pfennigfuchser und können nicht warten. Aber er wird’s nu wohl lernen und sich anders besinnen. Mehr sag’ ich nicht und paßt sich auch nicht. Man soll den Mund nicht voll nehmen. Und was ist am Ende solch bischen Geld?«

      »Geld ist nie ein bischen. Wie viel Nullen hat’s denn?«

      »Ach, Kinder, redet doch nicht von Nullen. Das Beste ist, daß es nicht viel Wirthschaft macht und daß meine Frau nicht erst nach Hildesheim braucht. Solche weite Reise, da geht ja gleich die Hälfte drauf. Oder vielleicht auch das Ganze.«

      »War es denn schon in dem Brief?«

      »I, bewahre. Blos die Anzeige von meinem Schwager, und daß das Geld in Berlin gehoben werden kann. Ich schicke morgen meine Frau. Sie versauert hier ohnehin.«

      »Versteht sich,« sagte Mietzel, der sich immer ärgerte, wenn von dem »Versauern« der Frau Hradscheck die Rede war. »Versteht sich, laß sie nur reisen; Berlin, das ist so was für die Frau Baronin. Und vielleicht bringt sie Dir gleich wieder ein Atlassopha mit. Oder ’nen Trumeau. So heißt es ja wohl? Bei so was Feinem muß unserein immer erst fragen. Der Bauer ist ja zu dumm.«

***

      Frau Hradscheck reiste wirklich ab, um die geerbte Summe von Berlin zu holen, was schon im Voraus das Gerede der ebenso neidischen wie reichen Bauernfrauen weckte, vor allen der Frau Quaas, die sich, ihrer gekrausten blonden Haare halber, ganz einfach für eine Schönheit hielt und aus dem Umstande, daß sie 20 Jahre jünger war als ihr Mann, ihr Recht zu fast eben so vielen Liebschaften herleitete. Was gut aussah, war ihr ein Dorn im Auge, zumeist aber die Hradscheck, die nicht nur stattlicher und klüger war als sie selbst, sondern zum Überfluß auch noch in Verdacht stand (wenn auch freilich mit Unrecht), den ältesten Kantorssohn – einen wegen Demagogie relegirten Thunichtgut, der nun bei dem Vater auf der Bärenhaut lag – zu Spottversen auf die Tschechiner und ganz besonders auf die gute Frau Quaas angestiftet zu haben. Es war eine lange Reimerei, drin jeder was wegkriegte. Der erste Vers aber lautete:

      Woytasch hat den Schulzen-Stock,

      Kunicke ’nen langen Rock,

      Mietzel ist ein Hobelspahn,

      Quaas hat keinem was gethan,

      Nicht mal seiner eignen Frau,

      Kätzchen weiß es ganz genau.

      Miau, miau.

      Dergleichen konnte nicht verziehen werden, am wenigsten solcher Bettelperson wie dieser hergelaufenen Frau Hradscheck, die nun mal für die Schuldige galt. Das stand bei Kätzchen fest.

      »Ich wette,« sagte sie zur Mietzel, als diese denselben Abend noch, an dem die Hradscheck abgereist war, auf der Ölmühle vorsprach, »ich wette, daß sie mit einem Sammthut und einer Straußenfeder wiederkommt. Sie kann sich nie genug thun, diese zierige Person, trotz ihrer vierzig. Und alles blos, weil sie ›Swein‹ sagt und nicht ›switzen‹ kann, auch wenn sie drei Kannen Fliederthee getrunken. Sie sagt aber nicht Fliederthee, sie sagt Hollunder. Und das soll denn was sein. Ach, liebe Mietzel, es ist zum Lachen.«

      »Ja, ja!« stimmte die Mietzel ein, schien aber geneigt, die größere Schuld auf Hradscheck zu schieben, der sich einbilde, Wunder was Feines geheirathet zu haben. Und sei doch blos ’ne Kattolsche gewesen und vielleicht auch ’ne Springerin; wenigstens habe sie so was munkeln hören. »Und überhaupt, der gute Hradscheck,« fuhr sie fort, »er soll doch nur still sein. In Neu-Lewin reden sie nicht viel Gutes von ihm. Die Rese hat er sitzen lassen. Und mit eins war sie weg und keiner weiß wie und warum. Und war auch von Ausgraben die Rede, bis unser alter Woytasch ’rüber fuhr und alles wieder still machte. Natürlich, er will keinen Lärm haben und is ’ne Suse. Zu Hause darf er ohnehin nicht reden. Oder ob er der Hradschecken nach den Augen sieht? Sie hat so was. Und ich sage blos, wenn wir alles hergelaufene Volk ins Dorf kriegen, so haben wir nächstens auch die Zigeuner hier und Frau Woytasch kann sich dann nach ’nem Schwiegersohn umsehn. Zeit wird es mit der Rike; dreißig is sie ja schon.«

      So ging gleich am ersten Tage das Geklatsch. Als aber eine halbe Woche später die Hradscheck gerade so wieder kam, wie sie gegangen war, das heißt ohne Sammthut und Straußenfeder, und noch ebenso grüßte, ja womöglich noch artiger als vorher, da trat ein Umschlag ein, und man fing an, sie gelten zu lassen und sich einzureden, daß die Erbschaft sie verändert habe.

      »Man sieht doch gleich,« sagte die Quaas, »daß sie jetzt was haben. Sonst sollte das immer was sein, und sie logen einen grausam an, und war eigentlich nicht zum Aushalten. Aber gestern war sie anders und sagte ganz klein und bescheiden, daß es nur wenig sei.«

      »Wie viel mag es denn wohl sein?« unterbrach hier die Mietzel. »Ich denke mir so tausend Thaler.«

      »O mehr, viel mehr. Wenn es nicht mehr wäre, wäre sie nicht so; da zierte sie sich ruhig weiter. Nein, liebe Mietzel, da hat man denn doch so seine Zeichen, und denken Sie sich, als ich sie gestern frug, ›ob es ihr nicht ängstlich gewesen wäre, so ganz allein mit dem vielen Geld‹, da sagte sie: ›nein, es wär’ ihr nicht ängstlich gewesen, denn sie habe nur wenig mitgebracht, eigentlich nicht der Rede werth. Das Meiste habe sie bei dem Kaufmann in Berlin gleich stehen lassen.‹ Ich weiß ganz bestimmt, sie sagte: das Meiste. So wenig kann es also nicht sein.«

***

      Unterredungen, wie diese, wurden ein paar Wochen lang in jedem Tschechiner Hause geführt, ohne daß man mit Hilfe derselben im Geringsten weiter gekommen wäre, weßhalb man sich schließlich hinter den Postboten steckte. Dieser aber war entweder schweigsam oder wußte nichts, und erst Mitte November erfuhr man von ihm, daß er neuerdings einen rekommandirten Brief bei den Hradschecks abgegeben habe.

      »Von woher denn?«

      »Aus Krakau.«

      Man überlegte sich’s, ob das in irgend einer Beziehung zur Erbschaft stehen könne, fand aber nichts.

      Und war auch nichts zu finden. Denn der eingeschriebene Brief lautete:

»Krakau, den 9. November 1831.

      Herrn Abel Hradscheck in Tschechin. Oderbruch.

      Ew. Wohlgeboren bringen wir hiermit zu ganz ergebenster Kenntniß, daß unser Reisender, Herr Szulski, wie alljährlich so auch in diesem Jahre wieder, in der letzten Novemberwoche, bei Ihnen eintreffen und Ihre weitern geneigten Aufträge in Empfang nehmen wird. Zugleich aber gewärtigen wir, daß Sie, hochgeehrter Herr, bei dieser Gelegenheit Veranlassung nehmen wollen, unsre seit drei Jahren anstehende Forderung zu begleichen. Wir rechnen um so bestimmter darauf, als es uns, durch die politischen Verhältnisse des Landes und den Rückschlag derselben auf unser Geschäft, unmöglich gemacht wird, einen ferneren Kredit zu bewilligen. Genehmigen Sie die Versicherung unserer Ergebenheit.

Olszewski-Goldschmidt & Sohn.«

      Hradscheck, als