Himmelgelb. Gudrun Baruschka

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Название Himmelgelb
Автор произведения Gudrun Baruschka
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742729354



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Ich löschte das Licht, hörte aber im Hinausgehen das neugierige Flüstern des Kleinen, der vor Aufregung noch wachgelegen hatte: 'Hast du auch eine Spritze gekriegt? Hast du da geweint?' Und die Antwort des Bruders: 'Nö, Mutti und Vati waren ja da.' Da konnte ich leise die Tür schließen und wieder lächeln.“

      „Kinder“, sagte ihr Gegenüber mit weitgeöffneten Armen und einen halb liebevollen, halb besorgten Ausdruck im Gesicht. Er schob dann die leeren Eisbecher in die Mitte des Tischchens.

      „Kommen Sie. Gehen wir zur Maschine zurück.“

      „Nicht nur Kinder... 'Pünktchen' gibt’s ja auch noch.“

      „Ein Haustier?“

      „Eine Katze. Ihr eindringliches Mauzen an der Schlafzimmertür oder an der Fensterscheibe wird geliebt und verflucht, weil es uns auch sonntags beim Morgengrauen aus den Betten zwingt. Allerdings geht es sogleich in ein inniges Schnurren über. Meine Kinder tragen die Spuren ihrer Krallen dennoch stolz wie eine Kriegsbemalung auf Händen und Gesichtern. Ich lieb sie aber auch und mag besonders, wenn sie sich die Pfötchen reinigt und sie dabei anmutig einkrümmt. Als das Tierchen in unser Haus kam, da war es nicht größer als eine Männerhand. Im ruppigen Fellchen Ungeziefer. Kreisrunde bläuliche Augen starrten ängstlich und ein Stimmchen schien es da noch nicht zu haben. Unsere Familie war auf die Katzenankunft vorbereitet: wir holten das Körbchen mit der Schlafdecke hervor, die Kiste mit dem Sand und öffneten das erste 'Schleckertöpfchen'. Diesen allerersten Abend verbrachte unser Kätzchen auf meinem Schoß, ließ sich schon zutraulicher streicheln und die Haarlinge entfernen und guckte erstaunt Fernsehen. Meine wilden Rangen schlichen auf Zehenspitzen heran, um es hin und wieder behutsam zu kraulen. Da liebten wir es schon.“

      „Wie kam es zu dem ungewöhnlichen Namen? Warum nicht Mieze oder Morle?“

      „Das lag einfach nahe, weil große und kleine schwarze Flecken auf dem Rücken und am Kopf ihr weißes Fell durchbrachen. Deshalb Pünktchen. Eine Bekannte fand einmal, dass unsere Katze einer verkleinerten Kuh gleicht. Daran denken wir nicht gerade gern, vielmehr erinnern wir uns gegenseitig daran, wie ich an einem der ersten Tage mit einem weichen Tuch vergeblich versucht hatte, einen vermeintlichen Schmutzfleck aus dem weißen Fell rechts neben dem Katzennäschen zu entfernen, bis ich schließlich erkannte, dass es sich dabei um den winzigsten schwarzen Punkt der Fellzeichnung handelte... Seither wohnt Pünktchen zusammen mit uns in unserem zweistöckigen Haus mit Hof und Garten am Rande der Stadt. Jeden unserer Wege kennt sie, begleitete uns oft zum Kindergarten, zur Schule, zum Bäcker, ließ sich nicht zurückschicken, wartete ausdauernd und eigensinnig an Wegbiegungen, Einzäunungen oder auf Fensterbänken, bis wir wiederkamen, um mit uns heimzugehen. Die Anwohner unserer Straße sind dies Bild längst gewohnt; man kennt uns und schmunzelt darüber.“

      „Sie führen ein überaus interessantes und abwechslungsreiches Leben. Ich bin beeindruckt“, sagte er, als er sich den Motorradhelm aufsetzte und unterm Kinn befestigte. Ihr war beim Klang seiner Stimme nicht ganz klar, ob er das ganz ehrlich oder ein wenig ironisch gemeint hatte.

      „Sie sind mir genauso sympathisch“, erwiderte sie nur mit einem vielsagenden Augenaufschlag und drückte sich rasch ihren Helm aufs Haar.

      Dann der Heimweg. Zurück nach Stendal. Zwischen den Buchen- und Eichenwäldchen greift die schräg schimmernde Sonne nach ihrem Gefährt. Noch immer lehnt sie zufrieden am Rücken des Fahrers. Gefühle und Gedanken, weit unvergänglicher als himmelgelb blühende Chrysanthemen, die diese Stunden für sie zu haben schienen. Erst am Bahnhof kommt sie zu sich.

      Er holt ihr Gepäck und meint: „Ich bringe Sie nach Hause, einverstanden?“

      Wohlbekannte Straßenzüge und Häuserfronten, ein vertrauter Gartenweg. Als sie klingeln will, hält der Mann ihre Hand auf. Sie dreht sich um, sagt leise „Danke“. Endlich küssen sie sich. Doch da fliegt die Haustür auf. Zuerst sichtbar ein dicker Strauß gelber Federchrysanthemen. Dahinter ein pfiffiges Jungengesicht.

      „Mutti! Vati! Da seid ihr ja! Wir warten schon... Alles Gute zum zwanzigsten Hochzeitstag!“

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