Das wundertätige Unterröckchen. Wobei der Berggeist Rübezahl auch eine Rolle spielt.. Alexander Zaunkönig

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Название Das wundertätige Unterröckchen. Wobei der Berggeist Rübezahl auch eine Rolle spielt.
Автор произведения Alexander Zaunkönig
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742744074



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mein Fräulein, werdet Ihr Euch am meisten wundern. Die Überraschung mit dem Namen ist eben der Spaß bei der Sache, ha ha ha! Nun, das wird ein recht freudiges Erstaunen geben, wenn Euch der alte gute Bekannte als seine Braut begrüßen wird, ha ha ha!“

      Klärchen drohte, nicht einen Schritt aus der Kammer zu tun, bevor sie den Namen nicht hörte, und geriet in außerordentliche Unruhe, als der Ritter vom Kynast, prächtig geschmückt, an des Vaters Hand hereintrat, und diesen Überfall mit einer Neigung zu ihr entschuldigte, die sich schlechterdings nicht länger bezähmen ließe.

      Achtes Kapitel. Worin ohne Zweifel die Ohrfeige das treffendste ist:

      Klärchen vernahm bei der Tafel, dass ihr Mut den ersten Funken der Liebe in die Brust des Kynasters geworfen habe, wie er sich selbst (für einen so durchaus prosaischen Mann immer noch poetisch genug), ausdrückte.

      Sie beugte aber der Verlobungsszene durch die Erklärung vor, dass eine Übelkeit sie befallen habe, welche ihr das Bett aufzusuchen gebiete.

      Alle Anwesende glaubten es, denn in der Tat hatte die sonst rotwangige Schöne, mit einem Male ein so bleiches Ansehen bekommen, als ob sie das Glück einer französischen Pension genösse.

      Der Bräutigam versuchte ihr beim Abschiede, als Unterpfand seiner Liebe, einen keuschen Kuss aufzudrücken; aber ihre gute Natur siegte für diesen Augenblick: er erhielt eine Ohrfeige, welche ihm wenigstens den Trost geben konnte, dass die Kräfte der Kranken noch immer nicht sehr gelitten hätten. Der Vater wollte zürnen, aber die edle Seele des nachsichtigen Bräutigams ließ den misshandelten Körper im Stiche und bat den Weiherhorster, dass er die unsanfte Ohrfeige als eine Wirkung der Krankheit gelinder beurteilen möchte.

      Frau Martha, bei der unter den vielen Ahnungen, mit denen sie behaftet war, auch zuweilen eine aufstieg, welche keiner Seifenblase glich, sondern in der Tat etwas zur Folge hatte, sah das ganze Ereignis von weitem mit an; und es ahnte ihr, dass die ganze Heiratsgeschichte schieflaufen werde. Zu ihrem Leidwesen; denn von innen und außen kannte sie das Schloss – der Kynast genannt – dessen Ruinen noch bis auf diesen Tag in der Nähe von Warmbrunn gesehen, und von Weisen und Narren, so wie auch solchen Leuten, die keins von beiden sind, besucht werden.

      Sie wusste, dass es dort außer dem Prunk, wovon sie Klärchen vorgeredet hatte, auch Männer gab, welche solche Weiber in Ehren hielten, denen an ihrer Ehre nicht sonderlich viel gelegen war.

      Ja. Sie hatte sogar schon die Fähigkeit einiger, ihr Unterhaltung zu machen, geprüft. Wie ein geistlicher Herr aus der ödesten Pfarrei nach einem höheren Kirchenamt, so wünschte sie sich daher von der Burg Weiherhost auf die Burg Kynast.

      Was durch Zureden zu bewirken war, das versuchte sie diesen Abend noch an dem Fräulein; aber vergebens. Klärchen warf weinend die Kleider von sich, legte sich ins Bett und stellte sich schlafend, mochte auch Martha reden, was sie wollte. Selbst die Erinnerung machte keinen Eindruck auf das Mädchen, dass sie dem lieben Gott die letzte Hälfte des Lieds noch abzutragen hätten.

      Sie spielte die Schlafende nach wie vor.

      Neuntes Kapitel. Chirurgische Operationen:

      Klärchen hatte indes ganz andere, wenn auch nicht angenehmere Dinge vor, als zu schlafen.

      Grausam wie ein Naturforscher in der Wirklichkeit, riss sie in Gedanken dem Ritter vom Kynast jedes einzelne Glied vom Gesichte, und stellte es neben das Bild, das sich stets zwischen ihr Auge und andere Gegenstände einschob, nämlich Fritzens.

      Ei, wie schlecht kam da nicht die dicke, bucklige, weinrot- glänzende Nase des Ritters gegen des Jünglings Nase weg, die mit griechischer Kühnheit aus ein paar sanft gerundeten Wangen hervortrat, wie schlecht zumal, wenn Klärchen die ziegelroten Backen, in denen sie sich beinahe verlor, zugleich mit betrachtete. Die breiten, langen Lippen des Herrn vom Kynast, von seinem Knebelbarte überschattet, nahmen sich ebenfalls sehr traurig aus gegen Fritzens schmale Rosenstreifen, woran sich ein Kinn, glatt wie Klärchens, anschloss.

      So groß aber auch zwischen diesem allen der Unterschied sich zeigte, so war er doch unbedeutend, wenn das Mädchen die Augen des Ritters neben Fritzens Augen legte. Nein, so etwas Unausstehliches ließ sich nicht lange mitansehen. Die kleinen, grauen, toten, mit Rot umzogenen Sehwerkzeuge des Kynasters, wie sollten die es anfangen, um gleich des Jünglings großen, blauen, lebendigen, mit jedem Momente Klärchen das Wörtchen Liebe zuzurufen?

      Des Ritters ergrauende Haare würdigte sie nicht einmal eines besondern Anschauens, da es ihr schon ahnte, wie armselig sie den blonden, schimmernden Locken ihres Freundes gegenüber stehen müssten. Auch vergaß sie einige Warzen in der Vertiefung zwischen des Kynasters runder Stirn und der Nase in Anschlag zu bringen, weil schon ohne diese Verzierung, der sanfte Übergang von Fritzens Stirn zu dessen Nase schön genug war, um jene Hässlichkeit ganz darzustellen.

      Die starren, buschigen Augenbrauen des Herrn vom Kynast hielt sie ebenfalls nicht der Mühe wert, sie erst mit den Wölbungen zu vergleichen, welche sich mit weicher Anmut über ihres Freundes Augen hinzogen. Überhaupt hatte sie so vollkommen genug an der Zergliederung seines Gesichts, dass sie den übrigen Körper des Zerstückelns nicht würdigte, sondern ihn im Ganzen neben Fritzens stellte.

      Auch diese Mühe war unnötig. Die schlanke gerade Figur des Jünglings, mit ihren passenden schönen Gliedern, verhielt sich zu der Gestalt des Ritters, wie ein warmer- heiterer Maimorgen, zur kalten- stürmischen Dezembernacht. Sah Klärchen ihren Bräutigam von vorn an, so stieß sich ihr Blick unangenehm an dem dicken Bauch; wollte sie sich für dieses Begegnis an seinem Rücken schadlos halten, so kam sie aus dem Regen in die Traufe: denn, allen Schönheitslinien Hohn sprechend, sprang ihr ein abscheulicher Höcker entgegen. Die Beine mochte sie von vorn oder hinten besehen, immer blieben sie krumm und dünne.

      „Was!“, sprach sie voll Ärgers zu sich selbst: „Ich – der jeder Bach sagt, dass mein Gesicht im Range sogleich nach der heiligen Jungfrau ihrem kommen muss – sollte in meinem sechszehnten Jahre diesen Unhold von fünfzigen heiraten; ich, die ich den achtzehnjährigen Fritz kenne, der mir so gut ist. Daraus wird nun und nimmermehr etwas. Nein, lieber ins Grab, als auf den hässlichen Kynast!“

      So geschwind ich auch aus Billigkeitsliebe den Leser über diese nächtlichen Betrachtungen des Mädchens hinschlüpfen lasse, so glaube man doch ja nicht, dass Klärchen mit gleicher Schnelligkeit dabei zu Werke ging. Das arme Ding brauchte, weil es dazwischen immer weinen musste, eine ganze Nacht dazu, und doch wusste sie, als die Zeit zum Aufstehen gekommen war, immer noch nicht, was sie anfangen sollte.

      Erst als sie schon die Sporen ihres Vaters und noch eines Mannes – wahrscheinlich des Bräutigams – über den Saal nach ihrer Kammer klirren hörte, erst dann geriet sie auf den Gedanken, so lange das Bett zu hüten, bis der Mann vom Kynast die Weiherhorst wieder verlassen hätte.

      Zehntes Kapitel. Welches unter andern vom Schein-Schlafe spricht, und die Augen des Lesers vielleicht zu einem Wirklichen veranlassen wird:

      Die Ritter fanden Klärchen schlafend, wenigstens glaubten sie die Kleine so zu finden, weil sie sich nicht anders benahm, wie den Abend zuvor gegen die Frau Martha.

      Sie beschlossen daher, die Sache abzuwarten, ließen Wein in die Kammer bringen und bestimmten dabei die einzelnen Punkte ihres Kontrakts, wie viel z. B. einer dem andern – im Fall einer Fehde – Hilfsmannen zuschicken, was der Herr vom Kynast Klärchen für ein gewidmetes Gut aussetzen solle, und das mit der größten Genauigkeit.

      Martha kam einige Mal herein und schlug die Hände über dem Kopfe zusammen, dass das Fräulein auch gar nicht erwachen wollte.

      „Ob ich sie wohl wecke?“, sagte sie endlich.

      Der Vater sprach dafür, der Kynaster dagegen, indem er meinte, dass die Krankheit vielleicht gerade durch diesen Schlaf sich heilen könne.

      Am besten