Vampirjagd. Heike Möller

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Название Vampirjagd
Автор произведения Heike Möller
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738005189



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bitte nimm mir nicht mein einziges Kind!<

      Die Frau fuhr los und Jannik merkte sich das Kennzeichen. Er hatte die tiefe Verzweiflung der Frau gespürt, ihre Angst. Er wollte wissen, wer sie war und welches Schicksal sie bedrohte. Vielleicht konnte er über die Zulassungsstelle den Namen der Frau erfahren und dann weiter ihre Geschichte. Er war neugierig geworden, wollte helfen.

      >Verdammt! Ich kann nicht die ganze Welt retten!< Über sich selbst verärgert gab er Gas und bog wenige Minuten später in die Straße ein, in der die Tiefgaragen standen, die für Geschäftsleute, deren Angestellte, Gäste und einige Anwohner reserviert waren, da in den Straßen selbst kaum Parkplätze zu bekommen waren. Die Tiefgaragen waren durch ein Tunnelsystem mit den drei größten Bürokomplexen des Straßenzuges miteinander verbunden, sodass man nicht erst auf die Straße gehen musste, um in das Haus zu gelangen, in das man wollte.

      Jannik Cerný schnappte sich seinen Aktenkoffer, verließ sein Auto und betätigte die elektro­nische Verriegelung. Das Piepen verriet ihm, dass sein Mercedes verschlossen war. Mit langen Schritten durchquerte er das Parkdeck, eilte auf den Aufzug zu.

      >Hoffentlich ist Leclerc noch nicht da!<, dachte Jan. Er mochte den Franzosen nicht, aber die Cernýs hatten nun mal des Öfteren mit ihm geschäftlich zu tun. Er war einer der wichtigsten Lieferanten für die Plastikbeutel, in denen die Blutspenden gesammelt und gelagert wurden.

      Und auch unter den Vampiren bei Bedarf verteilt wurde.

      Jannik Cerný betrat den Fahrstuhl und drückte auf den Knopf mit der Zahl vier. Dann nahm er seine Freisprechanlage von seinem Ohr, holte Luft und pustete im Rhythmus der nervtötenden Fahrstuhlmusik.

      >Hoffentlich ist Leclerc nicht mehr verstimmt wegen des Vorfalls in der Oper im letzten Jahr<, dachte Jan.

      Er, sein Mentor Adolar und Nicole, die damals noch nicht mit Adolar verheiratet und noch sehr sterblich war, hatten sich in der Prager Oper Tosca angesehen. In der Pause zwischen dem zweiten und dritten Akt trafen die drei auf Bertrand Leclerc, der ein unverhohlenes Interesse an Nicole gezeigt und auch versucht hatte, sie Mental zu beeinflussen. Aber Nicole hatte einen unglaublich starken Willen und war nicht so leicht zu beeinflussen. Sie hatte den Franzosen zurückgewiesen. Adolar und Jannik hatten sich zusätzlich schützend neben sie gestellt und Leclerc somit gezeigt, dass er verbotenes Terrain betreten habe.

      Bertrand Leclerc war sichtlich wütend davon gerauscht. Jannik schmunzelte bei der Erinnerung, dem blasierten Gockel eins ausgewischt zu haben.

      Die Fahrstuhltüren öffneten sich und Jannik Cerný ging auf die großen Milchglastüren des rechten Korridorflügels zu, der zu ´Cerný Blood and Health Development` führte`. Daneben befand sich ein Decodiergerät mit einem Tastenfeld von 0 bis 9 sowie Raute- und Sternchentaste. In diesem Gerät befand sich auch ein Schlitz für eine Keycard, die Jannik jetzt benutzte. Ein leises Summen der Tür sagte ihm, dass die Tür freigegeben war und er zog sie auf.

      Ein dunkelblauer Teppich aus einer edlen Faser lag im ganzen Foyer. Geradezu befand sich der Empfang, bestehend aus einem fast brusthohen Tresen aus hellem Kirchbaum. Dahinter saßen zwei attraktive Damen unter dreißig, die die Gäste willkommen hießen und den Besuch den entsprechenden Abteilungen zuführten. Sie nahmen auch Lieferungen entgegen und zentrale Telefonate.

      „Guten Morgen, meine Damen!“ Jannik Cerný lächelte die beiden Frauen freundlich an.

      Sofort schmolzen die beiden, eine Brünette mit Brille und eine Dunkelblonde mit Stupsnase und Sommersprossen, förmlich dahin.

      „Guten Morgen, Herr Cerný!“, flöteten sie zurück, waren dabei absolut synchron. Jannik hätte schwören können, dass die beiden sich regelrecht in die Brust warfen, um ihre Weiblichkeit zu präsentieren.

      Innerlich grinste Jan, ließ sich aber nichts anmerken. Er ging an der kleinen Sitzgruppe aus schwarzem Leder und Chrom mit dem kleinen Couchtisch vorbei und wendete sich nach Links, um zu seinem Büro zu gelangen. Der Teppich in Blau ging auch in diesem Korridor weiter, vorbei an kleineren Büros, deren Türen aus einem Gemisch aus Klar- und Milchglas war. Wenn man direkt vor der Tür stand, konnte man hineinsehen, ob der Mitarbeiter gerade im Raum war. Einen Schritt weiter zurück, und man hatte keine Einsicht in den Raum. Andererseits konnten die Mitarbeiter in den Räumen auch nicht sehen, wer gerade über den Korridor lief. Lediglich die Beine waren zu sehen.

      Jannik ging durch die letzte Glastür auf der rechten Seite ohne anzuklopfen. „Noch mal einen schönen Guten Morgen, Marie!“, sagte er und lächelte seine Chefsekretärin freundlich an.

      Marie Schraner war eine Frau Mitte vierzig, verheiratet, zwei Kinder im Teenageralter, leicht rundlich, aber elegant und attraktiv. Die dezent braun gefärbten Haare waren auf Kinnlänge und tadellos frisiert. Nur kleine, goldene Ohrringe, eine goldene Kette mit ihrem Sternzeichen, der Ehering und eine schmale goldfarbene Uhr schmückten die Frau. Ihr Make-up war unauffällig, farblich perfekt auf ihre Kleidung abgestimmt. Marie Schraner bevorzugte klassische Kostüme und Hosenanzüge im Büro, variierte sie aber immer mit einer anderen Bluse oder einem schicken Halstuch.

      Sie lächelte ihren Chef an und zeigte dabei gepflegte und gerade Zähne. „Guten Morgen, Herr Cerný.“ Sie stand auf und nahm einen kleinen Packen Briefe von der Ecke ihres Schreibtisches. Dann begleitete sie Jannik in sein Büro, das an ihrem angrenzte.

      Sein Büro war das einzige in der Firma, das keine Glastür hatte, sondern eine aus hellem Kirschbaum. Eine cremefarbene Auslegeware von hoher Qualität bedeckte den Boden, die Wände waren teils in dem hellem Holz getäfelt, aus dem auch die Tür bestand, teils lugten immer wieder die Backsteinwände des Gemäuers hindurch, zeigten die Struktur des Denkmal geschützten Gebäudes. Überall standen Grünpflanzen, in kleineren Töpfen und größeren Kübeln. Ein kleiner Couchtisch und vier Sessel aus hellbraunem Leder und Chrom standen im ersten Drittel des Raumes. Hier pflegte Jannik seine Geschäftspartner zu empfangen, sich mit ihnen zu unterhalten, Verträge abzuschließen. Auf der rechten Seite an der Holztäfelung waren einige Flachbildmonitore angebracht. Zwei Fernseher, die auf die Börsenkanäle eingestellt waren, ein Computermonitor mit Internetkamera, um mit Geschäftspartnern in aller Welt von Angesicht zu Angesicht reden zu können. Auch mit Adolar, seinem Urgroßvater mit sechzehn Urs davor, Mentor und Mitinhaber von ´Cerný Blood and Health Development`.

      Ein kleinerer Monitor zeigte ihm in wechselnden Bildern den Betrieb im Foyer, den Korridor direkt vor seinem Büro und den Fahrstuhl. Gegenüber den Monitoren stand sein Schreibtisch aus hellem Kirschbaum. Der Schreibtischsessel war modern und ebenfalls aus hellbraunem Leder, passend zu den Sesseln der Sitzgruppe. Auf dem Schreibtisch stand ein neuerer PC mit Flachbildmonitor und allem, was dazu gehörte.

      >Ein Hoch auf die modernen Zeiten!<, dachte Jannik. >Was haben wir nur vor einhundert Jahren gemacht, als es noch keine Computer gab?<

      „Herr Cerný, Monsieur Leclerc ist noch nicht eingetroffen. Möchten sie Ihren Kaffee schon haben?“

      „Ja, Marie. Bitte sehr. Sie wissen doch, ohne mein Koffein am Morgen bin ich nur ein halber Mensch.“ Jannik stellte seinen Aktenkoffer auf den Schreibtisch und öffnete ihn gleichzeitig. Dabei lächelte er seine Chefsekretärin dankbar an. Sie wusste einfach, was er am frühen Morgen benötigte. Er nahm Marie die Briefe ab und legte sie erst einmal neben seinen Aktenkoffer.

      „Wenn Leclerc kommt, führen Sie ihn bitte umgehend herein.“

      „Selbstverständlich, Herr Cerný.“ Marie drehte sich um und ging hinaus, schloss leise die Holztür.

      Jannik schaltete seinen Computer und die Monitore an, hörte seinen Anrufbeantworter ab. Nur wenige hatten die direkte Nummer seines Büros, Adolar und Nicole gehörten selbstverständlich dazu.

      „Guten Morgen, du Langschläfer!“ Die weiche, leicht heisere Stimme Nicoles ließ Jannik lächeln. Er mochte die Frau seines Mentors, war sogar ein wenig in sie verliebt. Aber natürlich war sie tabu für ihn und somit begnügte er sich mit einer tiefen und ehrlichen Freundschaft zu der Frau.

      „Magda lässt fragen, wann du endlich mal wieder zur Burg kommst. Sie vermisst dich, ebenso Regula und einige andere Damen. Vielleicht