Die Rache der Zarentochter. Tatana Fedorovna

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Название Die Rache der Zarentochter
Автор произведения Tatana Fedorovna
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738063417



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Es waren eben russische, die schon so manchem fleißigen Bergmann das Leben gekostet hatten.

      Stimmen drangen von oben zu mir. Jemand wurde herabgelassen. Leise schlich ich zurück. Es blieb mir nur die Möglichkeit, mich erneut tot zu stellen.

      „Sei vorsichtig!“, rief man ihm nach.

      „Keine Sorge!“, scholl es leise zurück.

      Die Stimme gehörte zu einem Rotgardisten aus dem Bataillon unserer Bewacher. Mein Herz pochte wild. Instinktiv spürten meine Sinne die Nähe des Feindes. Man wollte mich vollends vernichten und gewaltsam in die alles verschlingende tobende Flut drängen, der ich gerade entronnen war. Panische Angst entfesselte meinen Mut, mich aufzulehnen gegen die Bestie, die in geheimnisvollen Dunkel ihr Werk verrichtete.

      Meine Wunden waren zwar tief, aber durch die Wirkung des Mittels konnte ich den Schmerz ertragen. Es hatte auch dafür gesorgt, dass ich nicht ganz verblutete.

      Es hatte auch dafür gesorgt, dass ich nicht verblutete.

      Ich musste listig sein. Das war meine einzige Chance.

      Jetzt sah ich den Mann. Das Seil hing von oben auf den Boden der Grube herunter. Sein schwitziger Geruch wehte herüber.

      „Bind immer nur einen fest. Wir ziehen den Toten dann hoch!“ rief der verhasste Jurowski herunter.

      Sie wollten die geschändeten Leichen wieder nach oben holen. Die Furcht, dass die Weißgardisten dieses Gebiet bald eroberten, da die Front nur noch wenige hundert Meter entfernt war, trieb sie an. Jetzt wollten sie ihr Verbrechen auf andere Weise vertuschen.

      Der Soldat band meine kostbare Mutter mit den Füßen an das Seil. Ich rang um Beherrschung. Nur mit Besonnenheit konnte ich aus dem Gefängnis entweichen.

      Wie ein Schlachttier wurde meine blutende Mutter mit den Beinen zuerst und herabhängenden, aufgelösten Haaren nach oben gezogen.

      „Bekommt ihr die Schlampe hoch?“, schrie der Mann von unten.

      Seine Herzlosigkeit würde ihn sein Leben kosten.

      „Kein Problem“, riefen die Oberen.

      Das Seil wurde wieder nach unten gelassen. Der Bolschewik hatte sich inzwischen eine Papyrus-Zigarette angezündet. Ich roch den billigen Tabak. Beim Anzünden musste ein Lichtschein bis zu mir gedrungen sein.

      „Ist da wer?“, fragte der Soldat vorsichtig, sich wohl selbst Mut machend.

      Erwartete der Narr, dass jemand antwortete?

      „Was ist los?“

      „Ich weiß nicht, ich hab da irgendetwas gesehen“, erwiderte der Soldat.

      „Scheiß nicht in deine Hose, da sind Ratten unten!“

      Der Rotgardist band nun Anastasia auf die gleiche würdelose Weise fest. Man zog sie nach oben. Nackt baumelte sie am Seil.

      Nun musste ich handeln. Es konnte nämlich sein, dass die oberen Männer in ihrer hinterhältigen Manier beschlossen, sich des Zeugen hier unten zu entledigen. Den Bolschewiken konnte man alles zutrauen.

      Schuldig war mein Feind genug. Seine herzlose Art zeigte, dass er längst abgestumpft war. Der Überraschungseffekt verschaffte mir einen gewissen Vorteil und die bessere Ausgangsposition.

      Ich schlich mich auf leisen Sohlen von hinten an ihn heran, als er Tatjanas Leichnam vorbereitete und beim Hochziehen unterstützte. Ich durfte keinen Moment zögern. Meine rechte Hand umklammerte einen spitzen Stein. Mit aller Kraft, voller Hass und Verzweiflung schlug ich so kraftvoll zu, wie ich es nur vermochte. Ich hatte nur diese eine Gelegenheit. Es durfte zudem kein Laut nach oben dringen, damit das Kommando dort keinen Verdacht schöpfte. Ich sah das dunkle Blut pulsierend aus seiner Wunde rinnen. Er sackte wie vom Blitz getroffen zusammen. Sein Lebenssaft sprudelte heraus und nahm ihm alle Kraft.

      Die erste Auseinandersetzung war gewonnen.

      Das Seil wurde bereits herunter gelassen. Um die Häscher oben nicht misstrauisch zu machen, beschmierte ich meinen nackten Körper rasch mit Schmutz und tarnte so das frische Blut. Dann band ich das Seil eilig um meine nackten Beine und ruckte an der Schnur.

      Die Rotgardisten zogen die nächste vermeintliche Tote rasch hoch. Die offenen Wunden begannen grausam zu schmerzen, doch ich unterdrückte jede Äußerung. Es ging um alles, jeder Laut hätte mich verraten und den endgültigen Tod bedeutet. Niemand schöpfte bis jetzt Verdacht. Die Männer schmissen mich achtlos auf die Erde und entfernten das Seil. In dem Moment kam eine Einheit fliehender Rotgardisten herbeigerannt und zog die Aufmerksamkeit der Männer auf sich.

      „Haut schnell ab!“, schrieen die Flüchtenden.

      „Die Weißen brechen durch die Front und sind hinter uns her!“

      „Verflucht!“, schrie einer der Männer, die mich hochgezogen hatten.

      „Wir müssen uns beeilen!“

      Sie ließen das Seil abermals hinunter. Doch niemand nahm es.

      „Was ist da unten los? Melde dich, Sergej, du Schwachkopf! Machst du gar mit den Toten rum?“

      Keine Antwort kam zurück.

      Die Männer wurden aufgeregt und schauten in die Grube, konnten jedoch nichts sehen.

      „Einer muss runter und nachsehen, was dort los ist!“, befahl ihr Kommandant.

      Ich nutzte diese Aufregung, da keiner zu mir schaute, um mich in nahe Büsche wegzurollen und leise zu fliehen. Das Gewehrfeuer peitschte inzwischen sehr nahe und Granaten explodierten in einiger Entfernung. Schreie und Gebrüll gingen hin und her. Chaos machte sich breit.

      „Sergej, was ist los?“, riefen die nervösen Rotgardisten immer wieder frustriert in den Schlund der Dunkelheit. Sie ahnten, dass etwas nicht stimmte.

      „Ich glaube das einfach nicht! Geht denn heute alles schief?“ Jurowski war außer Rand und Band.

      Sie ließen einen weiteren Mann zum Nachsehen hinunter. Ich kroch eilig in die Richtung der Gefechte, kam aber nicht weit. Das Gewehrfeuer war zu heftig. In einer Mulde versteckte ich meinen geschundenen Körper unter Erde und Laub. Ich konnte gerade noch das entfernte Gespräch verfolgen.

      Der im Loch angekommene Mordscherge schrie entsetzt herauf.

      „Jemand hat Sergej erschlagen! Vielleicht lebt ein Bär hier unten!“

      Ängstliches Schweigen breitete sich aus.

      Den Männern war die Entwicklung nicht geheuer.

      „Mach schnell, bind einfach eine weitere Leiche fest und pass gut auf!“, befahl sein Anführer.

      Sie zogen wieder jemanden aus meiner Familie hoch.

      „Wo ist die Dritte?“, hörte ich die Männer verdutzt rufen.

      „Das ist Hexerei!“, rief einer. „Mir war schon die ganze Zeit komisch zumute.“

      Sie machten aus Angst vor Jurowski trotzdem weiter. Neue Geschosse pfiffen durch die Luft, ebenso explodierten weitere Granaten. Die Front brach auf, immer mehr Rotgardisten flohen.

      „Weg hier! Schnell, uns bleibt keine Zeit! Die anderen beiden müssen wir später holen!“

      Sie zogen ihren Mann aus der Grube heraus. Eilig fuhren sie davon. Ich war für den Moment entkommen, doch längst noch nicht in Sicherheit.

      Die Gefechte fanden in unmittelbarer Nähe statt. Soldaten huschten durch den Wald und das Gebüsch. Hatte ich es geschafft? Würde ich tatsächlich überleben? Wie sollte ich mich verhalten, wenn ich auf die Unsrigen traf? Was würden sie zu einer vollkommen nackten Person sagen?

      Vorerst musste ich abwarten und vor allem am Leben bleiben.

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