Название | Abrechnung in London |
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Автор произведения | Thomas Riedel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783746756400 |
Der Arzt zuckte mit den Schultern. »Höchst unwahrscheinlich ... Wo sollte sich die Tote gestochen haben? Zumal an dieser Stelle!« Er wandte sich von den beiden ab und gab Anweisung, die Leiche hinauszuschaffen.
»Kann es sein, dass Dorsey dich angerufen hat?«, fragte Primes unvermittelt und sah einem seiner Beamten zu, der sich eingehend mit einem zertrümmerten Stuhl beschäftigte.
Bradley war der neugierige Blick seines Freundes nicht entgangen. »Der ging zu Bruch, als Dorsey über ihn fiel!«, schmunzelte er. »Aber, um auf deine Frage zu antworten, Alexander: Ich halte es für mehr als unwahrscheinlich, dass es Dorsey war, der mich angerufen hat. Warum hätte er sich dann davongeschlichen und sich mit mir herumgeprügelt? Mal ehrlich: Das scheint mir gegen jede Vernunft.«
»Den werde ich mir vorknöpfen«, entschied Primes. »Und du bleibst hier, auch wenn es ihm nicht passt!«, fügte er hinzu, als er sah, dass Bradley sich seinen ›Homburger‹ angeln wollte.
Bradley fiel die Schmuckkassette ein, die er eingesteckt hatte. Er zog sie aus der Tasche und übergab sie Primes. »Hätte ich fast vergessen.«
»Kennst du diesen Roger Kensington?«, fragte Primes, als er die Widmung auf der Innenseite des Deckels gelesen hatte.
»Nein.« Er ließ sich in einem Sessel nieder, während sein Freund einem der Beamten den Auftrag gab, Dorsey zu holen.
»Gut … Also ein Unbekannter mehr in dieser Angelegenheit«, meinte Primes und setzte sich ebenfalls. Er meinte damit Kensington, der Mrs. Dorsey ganz offenkundig das Geschenk gemacht hatte. »Was könnte Mrs. Dorsey hier gewollt haben? Warum hat weder sie noch ihr Mann uns gerufen? Das sind durchaus belastende Momente … Andererseits, … welches Motiv sollten sie für eine solche Tat haben?«
Eine Weile hingen die beiden ihren eigenen Gedanken nach. Als vom Flur her Dorseys lautes Schimpfen zu hören war, sahen sie gespannt zur Tür. Gleich darauf betrat er das Zimmer. »Was soll das, Chief Inspector?«, knurrte er zornig. »Sie behandeln mich wie einen Verbrecher! Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass ich unsere Hausangestellte getötet habe, oder?«
»Hat jemand davon gesprochen, dass Ihre Bedienstete umgebracht wurde?«, hakte Primes sofort ein. »Haben Sie sie vielleicht untersucht?«
»Natürlich … nicht!«, erklärte Dorsey hastig. »Und ich protestiere aufs Schärfste … gegen Ihr Verhör und vor allem gegen die Anwesenheit dieses Herren, Mr. Hadley!« Er deutete auf Bradley.
»Colin Bradley!«, korrigierte dieser umgehend.
»Scotland Yard sollte derartige Vorfälle lieber verhindern, anstatt angesehene Bürger zu verdächtigen!«, erwiderte Dorsey bissig. »Ich habe eine Reputation zu verlieren!«
»Wollen Sie eine mitrauchen?«, fragte Primes beiläufig und reichte dem Arzt seine Schachtel hin, aber Dorsey, der vor dem Tisch stand, lehnte ab. »Ach, Sie müssen entschuldigen, ich vergaß, dass sie ja nur ›Abdullas‹ rauchen, nicht wahr, Mr. Dorsey?« Primes sah ihn dabei voll an, griff in die Anzugtasche, zog das Etui hervor und hielt es ihm unter die Nase.
»Woher haben Sie das? Es gehört mir!«, reagierte der Psychiater barsch. »Geben Sie es her!«
Hatte er damit gerechnet das Etui zurückzubekommen sah er sich getäuscht, denn Primes steckte es wieder ein und trat dicht vor ihn hin. »Sie waren als letzter mit Ihrer Bediensteten zusammen, und Sie haben eine filterlose ›Abdulla‹ geraucht … eine ›Flower of Virgina‹, um genau zu sein. Als Mr. Bradley kam, versteckten Sie sich und flohen anschließend!« Primes sprach in einem ausgesprochen scharfen Ton und verfolgte die Reaktion seines Gegenübers. »Ihr Verhalten erscheint seltsam, wie Sie wohl selbst eingestehen müsse, Mr. Dorsey!«
Bei jedem seiner Worte steigerte sich sichtlich Dorseys Zorn. »Schweigen Sie auf der Stelle!«, tobte er schließlich los. »Ich bin von diesem Mann«, er wies auf Bradley, »hinterrücks überfallen worden! Und ich werde dies dem Kronanwalt Mitchell berichten, und dafür sorgen, dass man Leuten wie ihm, die des nachts in fremde Wohnungen eindringen, das Handwerk legt!«
»Tun Sie, was Sie wollen, zunächst aber werden Sie mir antworten, Mr. Dorsey«, konterte Primes, der sich nicht aus der Ruhe bringen ließ. »Sie täten gut daran, sich nicht zu widersetzen! … Was suchten Sie also in diesem Zimmer und in der Wohnung Ihrer Bediensteten überhaupt?« Seine Miene war so eisig, wie der Ton seiner Worte.
»Ich habe mich versteckt!«, erwiderte Dorsey spöttisch.
»Rauchend?«, lächelte Bradley zurück.
In Dorseys Augen funkelte es gefährlich. Ehe er darauf etwas erwidern konnte, setzte Primes nach: »Vor wem? Und schön der Reihe nach! Wann und warum kamen Sie in das Zimmer?«
»Von mir erfahren Sie nichts mehr, Chief Inspector!«, schnaufte der Psychiater. »Und ich verspreche Ihnen: Ich werde dafür sorgen, dass Sie Ihren Posten verlieren!«
»Also gut, Mr. Dorsey, Sie wollen es ja nicht anders! Ich werde jetzt die Anwaltschaft der Krone persönlich anrufen und einen Haftbefehl gegen Sie erwirken … Wenn ich die Vorgänge hier schildere, dann können Sie mir glauben, dass er ganz gleich aller Freundschaft zu Ihnen, mit der Unterschrift keine Sekunde zögern wird!«, entgegnete Primes kalt. »Ich gebe Ihnen genau zwei Minuten Zeit … Vielleicht überlegen Sie es sich doch noch anders.«
Der Psychiater stieß einen hörbaren Seufzer aus. Es hörte sich an, als ob ein Flusspferd die Luft abließe. »Gut, ich rede! Aber das werden Sie noch bereuen, Chief Inspector!«, stieß er vor Zorn bebend hervor.
»Was suchten Sie hier?«, fragte Primes, die Drohung des Arztes geflissentlich überhörend.
»Gestern wurde es länger im Labor … Ist das kleine Gebäude rechts … Jedenfalls war es gegen neun Uhr abends«, begann Dorsey, »da hörte ich eine Tür schlagen, blickte durchs Fenster und sah einen Mann fortgehen ...«
»Kannten Sie ihn?«, wollte der Chief Inspector wissen.
»Ja. Es handelte sich um Albert Stirling. Er war mal mein Chauffeur und ist Olivias Verlobter.«
»Er arbeitet nicht mehr für Sie? Darf ich erfahren: Warum?«
»Dafür gab es einen triftigen Grund. Es kam zu fortwährenden Unkorrektheiten, sodass ich ihn vor knapp vier Wochen entlassen musste und ihm jedes weitere Betreten meines Hauses verbot«, erklärte er. »Ich habe es Olivia, unserem Hausmädchen gesagt, aber sie ließ ihn dennoch ein.« Er sah Primes an und schenkte Bradley einen Seitenblick, der seinen steifen Hut mit zwei Fingern an der hochgezogenen Krempe immerzu langsam drehte. »Er wohnt übrigens in der ›Union Street‹, Nummer 31, unterm Dach. Ich nahm an, dass Olivia noch da sei und rief nach ihr. Ich wollte sie bitten, mir noch einen kleinen Imbiss zu machen. Das Licht brannte. Da sie nicht reagierte, suchte ich nach ihr … Nun, Sie können sich denken, wie erschrocken ich darüber war, als ich sie tot fand. Ich untersuchte sie oberflächlich … Meiner Meinung nach starb sie durch ein Gift.«
»Können Sie mir erklären, warum Sie nicht direkt den Yard angerufen haben?« fragte Primes, während Bradley seinen Hut beiseitegelegt hatte und dazu übergegangen war, sich einige Notizen zu machen.
»Genau das hatte ich vor, aber da vernahm ich Schritte. Ich nahm natürlich an, Stirling würde zurückkehren und versteckte mich im Nebenzimmer. Aber es war nicht Stirling, sondern Mr. Bradley, wie sich herausstellte. Jedenfalls ging ich von meinem Ex-Chauffeur aus und fragte mich, was er noch hier wollte? Also beobachtete ich ihn, jeden Moment darauf gefasst, dass er mich entdecken würde. Um das zu verhindern, löschte ich das Licht und wollte mich davonmachen, um von oben aus die Polizei zu rufen. Dann war ich der irrigen Meinung, Stirling sei wieder fort und betrat das Zimmer, weil sich hier auch ein Telefon befindet … Und dann kam es zur Schlägerei.«
»Abgesehen davon, dass mir nicht einleuchtet, warum Sie der Meinung waren, Stirling sei wieder fort … Sie hätten schließlich seine Schritte hören müssen, zuvor taten Sie es ja auch … Warum