DER AUFBRUCH. Michael Wächter

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Название DER AUFBRUCH
Автор произведения Michael Wächter
Жанр Языкознание
Серия Die Raumsiedler von Puntirjan
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742734709



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Anführer!“ Er erkannte den Gouverneursshuttle sofort, denn er hatte ihn bei einer Reichsgrenzschutzübung gesehen.

      „Fahnenmarschall, senden sie Grußfrequenzen!“

      Er flog vor Freude einen Salto. Der großkaiserliche Prinzgouverneur musste die Sarjowa unverzüglich zum Sar geschickt haben, um die Mündung zu blockieren.

      Der Gouverneursflieger hatte fast gigantische Maße und im Vergleich zu Arus Shuttle und dem Kampfhubschrauber wirkte er wie ein Flugzeugträger neben einem Gummiboot und einer auf dem Wasser treibenden Ente. Arfazzu Aru sah angewidert bis ängstlich die Markierung an der Außenwand empor, an der entlang er hochfligen sollte. An der Eingangsplattform landete er plötzlich neben einer Gardisten-Abordnung, an deren Vorderseite ein nordsarkarischer Garde-Offizier in einer schicken, frischen Gardeuniform auf ihn zukam.

      Aru salutierte und nahm mit knallenden Hacken Haltung an. Er schluckte aufgeregt.

      „Leutnantskommandeur Aru.“

      „Leutnant Narkjowair.“

      Der Offizier sah ihm in die Augen.

      „Ich muss sofort Ihren Kapitänleutnant sehen. Es geht um die Grenzsicherheit des Kaiserreichs.“

      Generalstabs-Kapitänskommandeur Prinz Sarfazzu Sarjowär setzte sich, als er Arfazzu Aru empfing. Er war gepflegt, kräftig und aus der Verwandtschaft des Großkaisers. Und er kam sofort zur Sache.

      „Die Cisnairi haben einen Besatzungstrupp im Sar gelandet, begleitet von einigen Armeegeschwadern?“

      „Neinein, äh, der Bericht ist aufgebauscht worden.“

      Arfazzu bedauerte es jetzt zutiefst, übertriebene Ausdrücke in seine Meldung platziert zu haben.

      „In Wirklichkeit war die Rede nur von ... …“ Er zögerte, „einem Shuttle.“

      „Typ, Größe, Bewaffnung?“ wollte Sarfazzu Sarjowär wissen.

      „Äh … ein unbewaffnetes Zwergshuttle, Frachtertyp Cisnapp 3.“

      Arfazzu Aru begann zu schwitzen, dass es ihm aus dem Gefieder tropfte. Der Kapitän runzelte die Stirn. „Von welchem Typ?“

      Arfazzu errötete vor Verlegenheit.“Eine Cisnapp 3.“

      „Das kann nicht sein! Unser Große Anführer und Großkaiser hat dem Regierungssitz des Président Cisnair ein Ultimatum zugemailt. Er hat die Mobilisierung für drei Kampfgeschwader-Divisionen befohlen!“

      Generalstabs-Kapitänskommandeur Sarfazzu Sarjowär drehte sich überrascht herum und begann nachdenklich auf der Kommandobrücke hin und her zu flattern.

      „Wozu diese Invasion? Warum dieser ... dieser Shuttle? Was soll ich dem Großkaiser melden?“

      Aru Arfazzu schnappte nach Luft. Er war einem Herzinfarkt nahe. Er wollte nicht mehr im Brennpunkt des Konfliktes stehen zwischen den Sarkariern und dem Rest der Welt. Er wäre am liebsten davongeflogen. Er suchte nach mündlichen Ausflüchten.

      „Äh, ich … ich habe recherchiert. Ich habe Informationen, dass die … äh … Invasion von einem illegalen Erzräuber und Terroristen namens Gugay Fiscaux angeführt wird …“

      „Erzdiebstahl ist immer illegal, was reden sie da?“, tobte der Kapitän. „Die Bodenschätze im Naturschutzgebiet gehört dem Kaiser allein!“

      „Wir … äh ... haben ihn aus seinem Frachtshuttle geholt, arrestiert … äh ... und Fracht und Shuttle versenkt …“.

      „Ich glaube, ich stelle sie gleich selbst unter Arrest! Sie reden Schwachsinn! Soll das ein Witz sein? Die kaiserliche Grenzschutzgarde macht sich zum Spott – ein ganzes Kampfgeschwader, nur um zwei Mineralien-sammelnde Guerilleros zu arrestieren!?“

      „Aber Kommandeur! Wir dürfen die Diebe doch nicht entkommen lassen! Sie haben der Natur im kaiserlichen Naturschutzgebiet irre Schäden zugefügt!“

      „Aber wir können auch nicht einen fremden Shuttle fast noch im Niemandsland mit einem, ganzen Kampfgeschwader attackieren, noch dazu, wenn es den Gris Quadre funkt! Das wäre eine völkerrechtswidrige Handlung, ein – Kriegsverbrechen!“

      „Aber Kommandeur! Wenn wir diesen Shuttle nun einfach spurlos verschwunden sein lassen?“

      Aru deutete durch das Fenster der Kommandobrücke auf den Schauplatz. „Da schwimmen sie noch. Sie werden sie jetzt auf der Flucht erschießen lassen, Kommandeur? Noch bevor sie fliehen können? Das geht viel diskreter und schneller, als sie groß jagen und aburteilen zu lassen!“

      Sarkindu Sarjowärs Mimik verdüsterte sich schlagartig. „Herr Aru! Ich werde die beiden Erzsucher weder abschießen noch sie ersaufen lassen! Wir nehmen sie fest.“

      Er wandte sich seinem Adjutanten zu.

      „Hauptmann, ziehen sie die Beiden aus dem Gewässer und nehmen sie sie fest!“

      Der diensteifrige Hauptmann blickte ihn mit aufgerissenen Augen an. „Bitte, Herr Kommandeur?“

      „Festnehmen! Nicht erschießen! Das war ein Befehl!“

      „Jawohl, Herr Kapitänskommandeur!“

      „Augenblicklich!“

      Der Hauptmann entschwand, ließ die Erzsucher aus dem Wasser fischen.

      Sarkindu Sarjowär begab sich zu Steuerpult, setzte sich und befehligte einen Fähnrich. Arus Einwände ignorierte er.

      ''Ändern sie unsere Position so, dass die Erzsucher aufgenommen werden können! Verhaften! Und dann fertig machen zum Rückflug ins Hauptquartier!“

      Kapitel 9

      Generalstabs-Kapitänskommandeur h. c. Sarfazzu Sarjowär verschluckte sich an den Rahm-Ravrokylkörnern so heftig, dass ihm das Armbanddisplay vom Handgelenk rutschte. Er blickte aus dem Brückenfenster des Cockpits und staunte nicht schlecht, als er die Holofunkmail zur Kenntnis genommen hatte. Nun musste er sich ersteinmal setzten. Die kaiserliche Regierung ordnete auf Grund eines diplomatischen Abkommens an, die beiden im Grenzgebiet festgenommenen, cisnairschen Staatsbürger direkt auf freien Fuß zu setzen. Die Spionageabwehr von Sarkar befasse sich nicht mit zivilen Mineraliensammlern. Kommandeur Sarjowär wurde zudem für sein korrektes Verhalten gelobt.

      Tüngör und Gugay waren lange verhört worden. Zum Glück hatte er Gugay nichts von seiner Mission erzählt. Und es hatte Tüngör geholfen, dass er im Unterschied zu Tüngör sarkarisch verstand. Er gab sich als Arbeit suchender Gastarbeiter aus, der Gugay nur begleitet hatte, und zeigte seine alte Arbeitserlaubnis für sarkarische Firmen. Der Übersetzer hatte sie immer wieder über ihre Erzraubpläne befragt, doch als kleiner Stiefbruder eines wohlbekannten „Mineraliensammlers“ war er den Sarkariern nicht verdächtig erschienen, auch nicht, als sich das cisnairsche Konsulat dann mit dem entsprechenden Freilassungsgesuch an Kommandeur Sarjowär wandte. Gugay bekam für den versuchten Erzraub zwar ein Einreiseverbot und Tüngör war seine Arbeitserlaubnis los, aber ein Aufenthalt im Straflager blieb ihnen nun erspart. Die illegalen Mineraliensammler mussten versprechen, ihren Erzfund nicht weiter zu publizieren, doch ansonsten durften sie – mit einer offiziellen Ausweisung bedacht – gehen.

      Tüngörs falsche Identität als Arbeit suchender sarkarischer Gastarbeiter hielt. Tüngör’s eigentlicher Arbeitgeber hatte natürlich von der Festnahme erfahren – und auf diplomatischem Wege die Freilassung der cisnairschen Staatsbürger erreicht – im Tausch gegen das Versprechen, dass die Lithiumerzfunde nicht veröffentlicht werden. Die Aggregate aus Amblygonit-Erz im Naturschutzreservat waren gewöhnlichen Quarzkristallen optisch ohnehin so ähnlich, dass mit weiteren Erzsuchern nicht zu rechnen war. Nur gewiefte Mineralogen konnten es durch Flammfärbung oder durch umständliches Lösen in Säure mit anschließender Phosphatfällung identifizieren. Und die anderen Lithiumerze lagen schließlich so tief in den kaum zugänglichen Urwäldern des Kaisers, dass wohl auch dort kaum wieder Erzräuber hinkommen würden – trotz ihrer Begehrtheit