Rostam und Sohrab. Friedrich Ruckert

Читать онлайн.
Название Rostam und Sohrab
Автор произведения Friedrich Ruckert
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783869319391



Скачать книгу

Schah Afrasiab in Turan ward gesagt,

      Dass seinen Flug vom Nest ein junger Adler wagt,

      Der altershalben zwar nichts weniger als flück,

      Doch seinem guten Mut vertraut und gutem Glück.

      Ihn hat die Friedensruh, die Turan schläft, verdrossen,

      Er rüstet sich zu Kampf und sammelt Schwertgenossen.

      Von allen Orten strömt ein Heer zu ihm herbei,

      Darob hebt er sein Haupt wie eine Zeder frei.

      Es sprosst der erste Flaum auf seiner Wange kaum,

      Und schon ist seinem Traum zu eng der Welten Raum;

      In alle Himmel hoch wächst seiner Hoffnung Baum.

      Aus seinem Odem weht ein süßer Milchgeruch,

      Doch eitel Schwert und Dolch ist seiner Lippen Spruch.

      Mit seinem Dolch will er die Brust der Erde ritzen

      Und an die Abendwolk’ ihr rotes Herzblut spritzen;

      Kay Ka’us soll vom Thron, dort will er selber sitzen!

      Den Beutelustigen, die ihm mit leeren Händen

      Und vollem Mute nahn, hat er viel Gut zu spenden

      Und mehr Verheißungen, die denkt er zu vollenden!

      Sie drängen sich um ihn wie Strahlen um die Achse

      Der Sonn’, als ob ein Heer ihm aus dem Boden wachse;

      Als sei er Rostams Kind und reit’ ein Kind vom Rachse!

      In Wahrheit, wer ihn sieht, der glaubt wohl dem Gerüchte,

      Weil von dem Stamme weit nicht fallen dessen Früchte;

      Er scheint, mit solcher Zucht, von Rostam ein Gezüchte.

      Wenigstens mutterhalb ist Sohrab edel schon,

      Des alten Königs von Samangan Tochtersohn!

      So ward dem Türkenschah geredet und geraunt

      Von Sohrab, und er war darüber nicht erstaunt.

      Er lachte still, es war vom Anbeginn ihm kund

      Tahmines und Rostams geheimer Liebesbund.

      17.

      Afrasiab, der Schah, nachdem er den Bericht

      Erwogen, lachte noch, und er missfiel ihm nicht.

      Der Häupter seines Heers, des nun lang ausgeruhten,

      Berief er einen gleich, Barman, den hochgemuten.

      Zwölftausend Recken, frisch von Kraft und scharf von Schneide,

      Las er dazu und gab sie ihm mit dem Bescheide:

      Bewährter Baruman, auf! Nach Samangan lenke

      Den Schritt mit diesem Heer, mit Briefen und Geschenke.

      Ermutige mir dort des Mutes jungen Keim!

      Doch die Geschichte bleibt still zwischen uns geheim.

      Sag’ ihm, Afrasiab send’ ihm Hilfsmannschaft zu,

      Damit nach Iran er kampflustig zieh’ im Nu.

      Dort aber darf den Sohn der Vater nicht erkennen,

      Und niemand soll dem Sohn des Vaters Namen nennen.

      Was weiß ich, ob ein Sohn des Rostam Sohrab sei?

      Ich frage nicht danach; mir feind sind alle zwei.

      Wenn so den einen Feind wir auf den andern hetzen,

      Können sie doch gegen uns sich nicht zur Wehre setzen.

      Und wenn die beiden dort einander setzen zu,

      So sehen wir dem Spiel hier mit Ergötzen zu.

      Vielleicht gelingt es uns: Der grimme Kampfleu alt

      Erliegt im Kampfe vor des jungen Leun Gewalt.

      Wenn Rostam gegen uns nicht ferner Iran hält,

      Im Spiele jagen wir den Ka’us aus der Welt.

      Dann aber wollen wir den Sohrab auch beschicken,

      Mit Schlummer eines Nachts sein Auge so bestricken,

      Dass ihm die Lust vergeht, nach Kronen aufzublicken!

      Denn mir ist wohlbekannt, dass dieser tolle Knab

      Erst an Kay Ka’us will, dann an Afrasiab.

      Doch wenn dem greisen Wolf erliegt das zarte Lamm --

      Wenn Sohrab wirklich ist ein Reis von Rostams Stamm –

      Wenn denn das zarte Lamm dem greisen Wolf erliegt,

      So hoff’ ich, dass im Schlamm der alte Brunn versiegt!

      Dass sich der zähe Stamm von diesem Kummer biegt!

      Und so ist oder so von einem uns geholfen,

      Es sei vom jungen Welf, es sei vom alten Wolfen.

      18.

      Da schrieb Afrasiab an Sohrab einen Brief,

      Darin er Gottes Heil ob ihm zum Eingang rief:

      Das Glück geleite dich, beherzter Heldenknabe,

      Zum kühnen Werk, das ich mit Lust vernommen habe.

      Dir send ich fürstliche Geschenke meiner Gnaden,

      Ross’ und Kamele mit Kleinodien beladen;

      Türkis’ aus Turkistan, aus Badachschan Rubinen,

      Smaragdne Sträuße drei mit Perlentau auf ihnen.

      Ich habe dir erwählt zwei Kronen edelsteinern

      Und ihnen beigezählt zwei Thronen elfenbeinern.

      Froh mögest du zu Thron auf Elfenbeine sitzen,

      Und über dir die Kron’ aus Edelsteine blitzen!

      Wirst du erst Irans Kron’ im Streit gewonnen haben,

      Dann wird Ruh auf dem Thron die Zeit gewonnen haben.

      Denn ewig ist entzweit, wie Tag und Nacht im Streit,

      Iran und Turan; du sollst stiften Einigkeit.

      Von dieser Mark’ ist weit zu jener nicht der Weg;

      Samangan, Turan und Iran ist Ein Geheg.

      Deswegen ist gestellt Samangan auf der Scheide

      Von Iran und Turan, um zu beherrschen beide.

      Nun send’ ich Truppen dir, soviel ich nötig glaube;

      Kühn setze dich aufs Ross und auf dein Haupt die Haube!

      Von meinen Feldherrn send’ ich dir den Baruman,

      So tapfer als getreu; der sei dir untertan!

      Er sei dir untertan mit allen, die er führt;

      Von ihnen sei die Welt dem Feinde zugeschnürt!

      Zieh aus zu Kampf und Sieg! Dich soll im Laufe stören

      Kein Graben und kein Wall, und keine List betören!

      Bald lass’uns das Gerücht von deinen Taten hören!

      Von meinen Söhnen all soll keiner meinem Thron

      So nah stehn als Sohrab, den ich begrüß’ als Sohn.

      Er schriebs und siegelte und gabs dem Baruman;

      Der trat nicht leichten Muts die schwere Sendung an.

      In diesem Kriege war kein Ruhm ihm zu erwerben,