Der gepuderte Pfau. null winterschlaefer

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Название Der gepuderte Pfau
Автор произведения null winterschlaefer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847622420



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Begegnung mit Kurtchen, den sie mir als alten Jugendfreund vorstellte. Er wäre nicht nur ein großartiger Mensch, sondern vor allem erfolgreicher Unternehmer, erklärte sie, wozu er eine gewichtige Miene schnitt, dann aber höchstlich lachte. Mir waren sofort sein goldenes Kettchen und die vielen Ringe aufgefallen. Auch stand es mit seinen Manieren nicht zum Besten, denn die Art, wie er dasaß, oder besser flegelte, ließ einiges vermissen.

      Er mochte um die fünfzig sein, war groß und stattlich, hatte ein breites, gelbliches Gesicht und eine fleischige Nase, die ihm etwas Grobes, beinahe Vertrotteltes gab. Den Gipfel der Absurdität bildete jedoch seine Frisur, die im Wesentlichen nur aus einem tiefsitzenden Scheitel bestand, von wo aus sich lange, pomadisierte Strähnen quer über seine Glatze legten und dadurch den Kopf sonderbar abplatteten. Hinzu kam seine unmögliche, auf jugendlich getrimmte Garderobe, bestehend aus einer ‚Hodenmumps‘ genannten Jogginghose mit Gummizug und darüber lappenden dunklen, viel zu engen Hemden mit Glitzerbesatz. Alles in allem machte er einen komischen, wenn nicht gar lächerlichen Eindruck, obgleich seine aufgeblasene Gestalt auch irgendwo bedrohlich wirkte.

      Er war in Begleitung dreier Frauen, die alle sehr geschminkt waren und nach süßlichem Parfüm rochen. Zudem rauchten sie und gaben sich recht ungezwungen. Während mich eine Blondine mit durchaus sympathischem, wenn auch etwas schläfrigen Gesicht fortwährend anstarrte, nahmen die beiden anderen, eine Dunkle und eine Brünette, von mir keine Notiz. Stattdessen ereiferten sie sich über etwas, was Kurtchen mit derben Zoten kommentierte. Komisch, dass die sich für so was hergeben, dachte ich, ohne zu wissen, warum. Natürlich schwieg ich, aber nicht aus Mangel an Gesprächslust, sondern weil es mir Susanne verboten hatte. Es wäre nicht schicklich, sich in fremde Gespräche zu mischen, außerdem könne man sich als Kavalier am besten schweigend empfehlen.

      So saßen sie bis spät abends beisammen und schwatzten, während ich mich in der Rolle eines Zuhörers begnügte. Worum es dabei ging, weiß ich zwar nicht, aber es war irgendwie lustig. Es begann immer damit, dass eine etwas sagte und die anderen das Gegenteil behaupteten - schon aus Prinzip, wie mir schien. Am Ende schaltete sich Kurtchen schlichtend ein, was den Streit nur noch mehr entfachte. Einmal jedoch - ich erinnere mich noch genau, weil es so unerwartet geschah - fragte er mich plötzlich nach meiner Meinung. Ich war so frappiert, dass ich nur ratlos die Schultern hob, worauf alles lachte. Komisch war das, zu komisch, auch wenn ich es gar nicht so komisch fand. Er wurde auch getrunken und gekokst, ich trank nichts und ich kokste auch nicht. Nur Kurtchens fortwährende Schweinigeleien störten mich.

      Zu fortgeschrittener Stunde schickte mich Susanne in meine Kammer. Ihr Klaps auf meinen Po löste eine weitere Lachsalve aus. Kurz darauf rief sie mich wieder heraus, und ich wurde von den Gästen erneut betrachtet, jetzt jedoch anders. Die Blondine nahm meine Hand, zog mich ungeniert zu sich herab. Dann sollte ich mich drehen, das Kinn heben und vornüber beugen. Mir war das sehr peinlich, da ich genau fühlte, wohin man schaute, blieb aber folgsam. Meinte ich doch zu ahnen, dass das von Bedeutung wäre und darum bemüht sein müsse, so unbefangen wie möglich zu bleiben.

      Nach einer Weile hörte ich ein leises Kichern und jemanden flüstern: „Nicht möglich, so was gibt es doch gar nicht.“ Es war die Brünette mit dem Rouge auf den Wangen. Sie hauchte den Qualm ihrer Zigarette gekünstelt in die Luft und kicherte aus unerfindlichen Gründen. Dann schien ihr etwas einzufallen und sie tuschelte, worauf mich die anderen recht ungläubig betrachteten. Susanne erwiderte zwar nichts, aber ihr Gesicht verriet großes Unbehagen. Kurtchen fand das eine ‚fabelhafte Idee‘, um danach verdutzt zu mir aufzuschauen. Schnell zwinkerte er der Blonden zu, die mich daraufhin wie auf Kommando anlächelte.

      Noch am selben Abend trat sie in meine Kammer und setzte sich auf mein Bett. Ich erschrak, obgleich ihr Profil im schrägen Schein des hereinbrechenden Flurlichtes durchaus madonnenhaft erschien. Sie meinte, es ginge schon in Ordnung, Susanne wisse Bescheid, und ich solle wie sonst sein. Ich verstand zwar nicht, aber was sie danach tat, war eindeutig. Sie hieß Joceline und sagte, sie habe Erfahrung; ich müsse keine Angst haben, nicht verkrampfen, und wenn es nicht ginge, solle ich die Augen schließen und an etwas Schönes denken, an weiße Pferde zum Beispiel, die mit gereckten Hälsen und wehender Mähne über eine grüne Weide jagen. Das habe bei ihr immer funktioniert.

      Als ihre Hand unter meine Decke glitt, glaubte ich zu verbrennen. Was tat sie da? Ihr nackter Körper schmiegte sich an mich, dabei durchdringende Ausdünstungen verbreitend. Ihre geschwellten Lippen näherten sich mir in glutendem Verlangen, ihr ganzer Leib bebte. Aber das war Routine, wie alles, was danach geschah, die zärtlichen Liebkosungen, ihr Zungenspiel.

      Schon küsste sie mich, während ich vor Schreck erstarrte. Doch ich fügte mich. Ich kann nicht sagen, was mich dabei bewog, denn obgleich ich nicht wirklich wollte, war meine Furcht zu versagen größer als meine Scham. Konnte ich mich doch des unbestimmten Empfinden nicht erwehren, dass Susanne mit mir renommiert hatte und nun so etwas wie eine Probe folgte. Und plötzlich – ich wunderte mich über mich selbst – dachte ich mit absonderlicher Genugtuung an den kalten Rauch und das Parfüm in ihrem Zimmer und wusste, dass ich damit nur Gleiches mit Gleichem vergalt. Folglich fand ich meine Skrupel absurd und musste unversehens lachen. Jocelin sah mich verwundert an, drückte mir dann aber erneut einen Kuss auf die Lippen. Also schloss ich die Augen, entspannte mich und zwang mich durch Konzentration in den dafür nötigen Zustand.

      Doch wie klopfte mein Herz angesichts dieser ganzen Szenerie. War das wirklich? Als sie sich zu mir herab neigte, stockte mir der Atem. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Aber während mich ihr heißer Atem streifte und ihre Lippen liebkosten, wölbte sich mein Leib unter ihren zärtlichen Berührungen, bereit, ihr in allem zu folgen, wohin sie mich auch führte. Wie war das nur möglich? Konnte ich mein tiefstes Empfinden an diese Frau verschwenden? Scheinbar ja - aber nur scheinbar, denn alles begann sich in mir zu drehen, und obgleich ich mich noch immer sträubte, verweigerte mein Inneres jeglichen Widerstand, machte mich gefügig für etwas, das ich nicht wirklich wollte und dennoch duldete. Einen Moment vermeinte ich zu träumen, doch dieser Traum war erschreckend real. Denn da war diese Wärme, diese Nähe, dieser süße, schier unerträglichen Duft von Moschus, der ihre Gier nach Lust entsprang, indes sie sich in selbstherrlicher Schamlosigkeit darbot. Gott, wie es mich schauerte, als sie mir ihren Steiß entgegenreckte und nach mir verlangte. Ich presste die Lippen zusammen, um nicht zu schreien, umklammerte den Bettgiebel und stemmte mich ihr entgegen. Doch sie lachte nur, nannte mich einen Dummkopf und stieß mich zurück. Dann grätschte sie über mich und hieß mich, still zu halten. Ihre wilde Verdorbenheit war schrecklich. Sie war so ganz anders als Susanne. Da war keine Harmonie, kein Taktgefühl, schon gar keine Wärme. Alles erfolgte mechanisch, ohne irgendeine Emotion oder Sinnlichkeit, allein auf körperliche Entspannung gerichtet. Ich glaubte zu verbrennen, wagte jedoch nicht zu intervenieren, aus Furcht, von Blamage.

      So blieb ich völlig konzentriert, den in mir tobenden Kampf mit Macht unterdrückend, allein darauf bedacht, nur ihr zu folgen. Aber gerade das schien ihr zu gefallen, ja zu erregen. Ab und an konnte ich im Halbschatten ihr Gesicht erkennen, das einen benommenen, beinahe berauschten Ausdruck annahm, sich dann wieder sanftmütig verklärte, bis ihr ein leises Stöhnen entfuhr und sich ihre Nägel in meine Brust krallten. Erneut sank sie auf mir nieder, fuhr im selben Moment wieder auf, taumelte wie in Trance, um sodann mit Macht über mich zu kommen. Bald wurde sie grob, als wolle sie etwas erzwingen, dann wieder zärtlich, wie um mich zu umgarnen. Doch je mehr sie kämpfte, je schwächer wurde sie, indes ich im Gleichtakt des knarrenden Bettes ihren abklingenden Rhythmus austarierte. Und mit Verwunderung bemerkte ich, wie schnell es gelang, dieses Treiben mit dem Gedanken an weißen Pferde und das Kopulieren mit der fertilen Stute, die sich über mir in Wonnen wand, nicht nur zu steuern, sondern zu beherrschen.

      Wie lange es dauerte, weiß ich nicht. Ich habe mir in der Folge abgewöhnt, die Qualität nach ihrer Dauer zu bemessen. Aber am Ende sank sie erschöpft neben mir nieder und flötete mir etwas Liebes ins Ohr. Dann zog sie sich an und verschwand.

      Ich lag wie tot. Noch lange betrachtete ich den kleinen Lichtspalt unter der Tür und lauschte beklommen dem gleichmäßigen Wispern der alten Wanduhr. Erst nach und nach kehrten meine Gedanken zurück und mit ihnen das dumpfe Gefühl einer erlittenen Schmach, einer Demütigung ob etwas Schmutzigem, Unerhörtem, wozu ich mich hergegeben hatte. Diese Vorstellung kränkte mich, auch wenn sie mir irgendwo