Название | Magische Bande |
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Автор произведения | Dennis Blesinger |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738028690 |
»Du weißt genau, was ich gemeint habe!«
Nadja blickte sich auf der Suche nach Unterstützung zu Vanessa um, die jedoch ruhig dastand und keine Anstalten machte, in die Diskussion einzugreifen. Typisch. Wieder einmal hatten sich beide offensichtlich vorgenommen, Nadja das Leben schwer zu machen. Sie wandte sich wieder Marc zu. Die Uhr im Wohnzimmer begann zu läuten und beendete die Unterhaltung. Verdammt! Jetzt musste sie rennen, wenn sie den Bus noch erwischen wollte.
»Ich muss los«, sagte sie knapp und wandte sich zum Gehen. Sie war noch keine zwei Meter weit gekommen, als sie hinter sich einen Hustenanfall hörte.
»Stopp!« Marc brachte das Wort zwischen zwei Hustern hervor. Nadja schloss die Augen, zählte bis drei und drehte sich betont langsam um.
»Was denn jetzt noch?«, fragte sie. »Ich komm zu spät.«
Sie blickte auf Marc, der immer noch mit dem verschluckten Kaffee kämpfte und mit der Hand in der Luft hin und her wedelte. Vanessa starrte sie mit großen Augen an und versuchte allem Anschein nach ein Lachen zu unterdrücken. Schließlich hatte Marc seine Sprache wieder unter Kontrolle.
»Unter gar keinen Umständen wirst du da heute Abend hingehen«, sagte er mit einem vehementen Kopfschütteln.
Fassungslos blickte Nadja ihre beiden Geschwister an. Wie um alles in der Welt hatten die beiden davon erfahren? Aber das war nebensächlich. Sie wussten von der Party und sie durfte nicht hin.
»Was … das … «, setzte sie an, um dann einen frustrierten Schrei abzufeuern. »Ihr seid so … so scheiße!«
»Damit müssen wir wohl oder übel leben«, lautete Vanessas trockener Kommentar. »Das ändert aber nichts daran, dass du nicht auf Partys gehen wirst, bevor du fünfzehn bist. Offiziell darfst du nach acht nicht einmal alleine auf die Straße ohne Begleitperson, geschweige denn, an irgendwelchen Orgien teilnehmen.« Wieder sah es so aus, als ob Vanessa damit kämpfen musste, ein Lachen zu unterdrücken.
Es dauerte eine Weile, bis Nadja begriffen hatte, dass dieses Verbot endgültig war. Sie erkannte die Gesichtsausdrücke ihrer beiden älteren Geschwister. In Vanessas dunkelblauen Augen war deutlich zu erkennen, dass die Diskussion vorbei war, noch bevor sie überhaupt angefangen hatte. Und sie war, was Dinge wie den Zapfenstreich anging, die Flexiblere von beiden. Nadja stieß ein frustriertes Lachen aus und schüttelte den Kopf.
»Super«, meinte sie. »Toll. Verpasse ich ja auch nur die beste Party des Jahres, während meine Freunde alle hingehen dürfen.« Sie nickte. In der Geste lag nicht der leiseste Hauch einer Einsicht. Marc freute sich bereits auf den Nachmittag, wenn Nadja von der Schule nach Hause kommen, und die Diskussion mit viel Geschrei, Tränen und letztendlichem Türengeknalle fortgeführt werden würde.
»Noch was?«, erkundigte sie sich übertrieben höflich, während sie mit ihren Blicken den beiden Giftpfeile entgegen schleuderte.
»Ja.« Marc nickte. Er sah an seiner kleinen Schwester hinunter, wie sie da stand, in ihren üblichen Kleidern. Er betrachtete den aus mehreren Lagen bestehenden weiten schwarzen Tüllrock, die schwarzen Spitzenhandschuhe, die bis an die Ellbogen reichten, und Stiefel, die Absätze aufwiesen, in denen es nicht einmal professionelle Models wagen würden, mehr als zehn Meter weit zu gehen. Das Bild wurde vervollständigt von einer schwarzen Fransenlederjacke und der in aller Eile gebändigten dunkelblonden Haarmähne. Er nickte erneut.
»Weiß Stevie Nicks eigentlich, dass du ihre Klamotten geklaut hast?«
Die Blicke der beiden trafen sich über den Küchentisch hinweg. Hätte sich etwas anderes als Luft zwischen ihnen befunden, wäre es vermutlich einen schnellen Tod durch Verbrennung gestorben. Vanessa hatte sich abgewandt, um das Grinsen zu verbergen, das, hätte Nadja es gesehen, nur noch mehr Öl ins Feuer gegossen hätte. Schließlich wandte sich Nadja um und verließ, nach einem letzten giftigen Blick in Richtung Marc, kommentarlos das Haus.
»Au!«
Marc blickte sich um und rieb sich die Schulter, auf der Vanessa einen satten Treffer gelandet hatte.
»Das war unnötig und gemein«, meinte sie, während sie erfolglos versuchte, das Grinsen unter Kontrolle zu bringen.
»Ist doch wahr«, entgegnete Marc.
»Ich denke, du stehst auf Stevie Nicks?«
»Ja. Tue ich. Aber die trägt so etwas nur auf der Bühne. Die Klamotten kannst du doch nicht im Alltag tragen. Das sieht ja schlimmer aus als Madonna in den Achtzigern.«
Vanessa blickte Nadja hinterher.
»Wir müssen was unternehmen mit der Kleinen«, meinte sie schließlich ernsthaft.
»Ich weiß.« Marc nickte zur Tür, durch die Nadja soeben verschwunden war. »Das wird immer schlimmer. Demnächst fragt sie wahrscheinlich noch, ob sie die Pille nehmen darf.«
»Ich rede nicht von ihrem Liebesleben. Das ist ganz normal für eine Vierzehnjährige. Hast du eigentlich eben mitbekommen, was passiert ist? Marc, Nadja sendet!«
Zum ersten Mal, seit die Diskussion begonnen hatte, blickte Marc seine Schwester ernst und besorgt an.
»Ich bin letzte Woche drei Mal aufgewacht, weil sich Nadjas Traumbilder in meine gemischt haben«, fuhr Vanessa fort. »Und glaub mir, das, was wir eben mitbekommen haben, war ein Kindergeburtstag dagegen.«
»Wieso hab ich das bisher nicht bemerkt ?«, fragte Marc ehrlich verwirrt.
»Keine Ahnung. Aber glaub mir, das war nur eine Frage der Zeit. Und früher oder später werden das auch normale Menschen hören und fühlen. Und dann haben wir wirklich ein Problem.«
Marc dachte darüber nach, was er eben gehört hatte. Telepathie war selten, aber nicht unüblich unter magiebegabten Personen. Und es war eine der schwierigsten Begabungen, die man haben konnte. Es brauchte Wochen, wenn nicht Monate, bis man willentlich verhindern konnte, dass andere die eigenen Gedanken hören konnten. Und auch, wenn dieser Umstand oberflächlich betrachtet kein anderes Risiko barg als die eine oder andere peinliche Situation, so war Telepathie in der Vergangenheit einer der häufigsten Gründe gewesen, weshalb magisch begabte Personen ausgegrenzt worden waren. Diese Ausgrenzungen hatten nicht selten zu tätlichen Übergriffen oder, in der Neuzeit, zu Zwangseinweisungen in psychiatrische Kliniken geführt. Die Menschheit war, wie ihre Familie bereits vor mehr als dreihundert Jahren hatte lernen müssen, nicht bereit für Dinge wie Magie.
»Wovon – «
»Glaub mir, du willst es nicht wissen. Ich musste kalt duschen.«
Marc nickte. »Gut. Du hast recht. Ich will es nicht wissen.« Betont nüchtern wandte er sich wieder seinem Frühstück zu. Vanessa setzte sich neben ihn. Ein Blick auf die Uhr ließ sie verärgert den Kopf schütteln.
»Ich muss los, ansonsten komme ich zu spät in den Laden. Versprich mir, dass wir heute Abend darüber reden, okay?«
»Ja. Versprochen.« Marcs Antwort hätte nicht weniger enthusiastisch klingen können. Vanessa warf ihm einen kritischen Blick zu und nippte an ihrem Kaffee.
»Uäh!«
Sie blickte in den Becher und zog eine Grimasse. Nach einem kurzen Blick auf die Uhr blickte sie ihren Bruder an, der nach wie vor ein Loch in die Luft zu starren schien, und schob ihm langsam den Becher hinüber, einen bittenden Ausdruck im Gesicht.
»Was?« Marc schaute auf den Becher. »Oh Mann«, meinte er schließlich. »Wir haben eine Mikrowelle.«
»Da wird der Kaffee immer so bitter. Wenn du das machst, bleibt er lecker. Und ich muss gleich los. Bitte. Bittebitte. Superbitte?«
Marc grinste und nahm den Becher entgegen. Er selbst war ein entschiedener Gegner von Magie im Alltag. Früher oder später führte das dazu, dass man die Grenze zwischen notwendig und leichtsinnig überschritt und Magie vor den Augen von anderen vollführte, ohne sich dessen bewusst zu sein. Allerdings waren sie hier in den eigenen vier Wänden und er hatte seiner Schwester