Grüße von Charon. Reinhold Vollbom

Читать онлайн.
Название Grüße von Charon
Автор произведения Reinhold Vollbom
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738054286



Скачать книгу

zu seinen Kumpanen hinüber, der nun seinerseits den Revolverlauf noch ein weiteres Stückchen in den Mund des Kunsthändlers schob. »Ich hasse es, wenn man mich nicht verstehen will«, sprach er übellaunig.

      »Verflixt, was wollen Sie denn?«

      Der gewichtige Rosco sah den Kunsthändler mit vernichtender Miene an. »Stell dir vor, wir haben vor einigen Tagen von dem Gemälderaub, beim alten Grafen oben im Schloss, in der Zeitung gelesen. Und nun haben uns ein paar nette Vögelchen gezwitschert, dass die Eigentumsübertragung auf dein Konto geht. Jetzt sind wir hier und wollen das hübsche Bildchen seinem Eigentümer zurückgeben.«

      »Sie meinen den Blauen Engel

      »Ach, sie mal einer an, der Schlaufuchs denkt mit. Ja, genau. Wir wollen den braven Himmelsboten seinem rechtmäßigen Besitzer zurückgeben. Natürlich nicht kostenlos. Der Graf scheint in den Engel ja richtig verknallt zu sein. Anders können wir uns das nicht erklären, dass er für die Wiederbeschaffung eine Belohnung ausgesetzt hat.« Rosco sah schmunzelnd zu seinem Kumpel hinüber.

      »Und nun bist du dran, Moreaud. Rück das Engelchen heraus, sonst machen wir aus dir eines.«

      Auf der Stirn des Kunsthändlers bildeten sich dicke Schweißperlen. »In Ordnung, aber tut mir nichts. Es liegt hier hinten in der Werkstatt.«

      »Hier?« Rosco sah ihn verblüfft an. »Ganz schön leichtsinnig von dir. Wo ist es?«

      Der Kunsthändler führte sie in eine abgelegene Ecke der Werkstatt.

      »Willst du uns an der Nase herumführen?« Torro ergriff den Kunsthändler beim Kragen. »Da ist nur ein alter Fischkutter drauf zu sehen.«

      »Es ist da drunter.« Gilbert Moreaud beeilte sich, das Gemälde aus dem Rahmen zu lösen. Gleich darauf entfernte er die Leinwand und zutage kam eine Abbildung, auf der ein blauer Engel zu erkennen war. Beim Anblick des Bildes entlockte es den beiden einen erfreulichen Pfiff.

      Rosco fand zuerst die Worte wieder. »Und nun her damit. Denke stets daran, uns kann keiner was. Das Bild hast du schließlich geklaut.«

      Die beiden Gauner warfen eine Decke über das Gemälde und verschwanden damit genauso flink, wie sie gekommen waren.

      ◊

      Rosco und Torro saßen in einem Hotelzimmer und feierten ausgiebig ihre Errungenschaft.

      »Morgen früh rufen wir den alten Grafen an.«

      »Es hat geklopft, Torro. Mach mal auf. Die Bedienung bringt die neue Flasche Schampus.«

      Der Angesprochene quälte sich zur Tür. Kaum das diese einen Spaltbreit geöffnet war, stürmten mehrere Polizeibeamte in das Zimmer.

      Einer der Beamten in Zivil hielt den beiden eine Polizeimarke unter die Nase. »Kommissar Palmut, Raubdezernat. – Da drüben in der Decke, da wird es drin sein.«

      Rosco und Torro sahen den Kriminalbeamten mürrisch an. »Was soll der Blödsinn?«

      Kommissar Palmut antwortete gelöst. »Der Kunsthändler Moreaud rief uns an. Er hat uns mitgeteilt, dass man ihm das gestohlene Bild des Grafen, den Blauen Engel, zum Kauf angeboten habe. Dann hat er sich die Autonummer aufgeschrieben, von dem Wagen, mit dem die Gangster gekommen sind. Tja, und nun haben wir euch.«

      »Das sind sie, Herr Kommissar.« Gilbert Moreaud betrat das Zimmer. »Da ist ja auch das Kunstwerk. Wir sollten keine Zeit verlieren und dem Grafen das Gemälde noch heute zurückgeben. Ich erkläre mich bereit, Ihnen beim Transport zu helfen. Zum anderen ist dieser adlige Herr auch ein Kunde von mir.«

      Zwei Stunden später befanden sich Kommissar Palmut und Gilbert Moreaud in der Gemäldegalerie des Grafen.

      »Wie kann ich Ihnen nur danken, Herr Moreaud? Selbstverständlich steht Ihnen die ausgesetzte Belohnung zu.«

      Gilbert Moreaud war damit beschäftigt das Gemälde an seinem bisherigen Platz zu befestigen. »So, hier haben Sie Ihr Lieblingsstück zurück.«

      »Danke, Herr Moreaud. Morgen werde ich gleich die Sicherheitsmaßnahmen für die Galerie verschärfen.«

      Der Kunsthändler bedankte sich für den Scheck und verabschiedete sich formgewandt.

      Gilbert Moreaud war bereits mehrere Kilometer mit seinem Wagen gefahren. Beim Blick in den Rückspiegel sah er die Kontur des Schlosses, wie es sich am klaren Sternenhimmel abzeichnete. Auf einmal fing er an zu schmunzeln. Die Polizei war zufrieden, weil sie die vermeintlichen Gemäldediebe dingfest machen konnte. Der Graf, weil in seiner Galerie wieder der Blaue Engel hing.

      Am zufriedensten von allen aber war er, der Kunsthändler Gilbert Moreaud. Sein Vorhaben war bis aufs Letzte aufgegangen. Nachdem er dem Grafen das Bild aus seiner Galerie gestohlen hatte, ließ er die Information der Unterwelt zukommen. Erwartungsgemäß biss gleich jemand an: Rosco und Torro. Diese Dummköpfe, die von Kunst nicht die geringste Kenntnis haben.

      Obwohl, das gab er einwandfrei zu, die Kopie, die er den beiden Gaunern gegeben hatte, täuschend echt aussah. Ein simples Austauschen in der Galerie wäre einem wachsamen Beobachter unter Umständen aufgefallen. So aber lag ein Zeitraum von einigen Tagen dazwischen. Und der Graf, sinnierte er, ist soundso halb blind. Für den reicht diese Kopie vollkommen aus. Nur einem wahren Kunstliebhaber wie ihm, Gilbert Moreaud, stand es zu das Original zu besitzen.

      Gefährliches Obst

      Gefängnismauern sind löchrig wie ein Schweizer Käse, – zumindest beim Hinaus- oder Hineinschmuggeln von Informationen. Aus diesem Grund blieb es kein Geheimnis, dass die Polizei den Inhaftierten Joe Patzke monatelang bearbeitete. Und das die Bearbeitung erste Früchte trug.

      Joe, und seinem Kumpanen Gil Harnoff, war vor einem Jahr ein bedeutsamer Coup geglückt. Joe Patzke hatte es nur einem unerfreulichen Zufall zu verdanken, dass man ihn kurz nach dem Banküberfall erwischte. Gil Harnoff, der die gestohlenen Scheine bei sich hatte, entkam unerkannt.

      Die ganzen Monate über hielt Joe dicht. Mit keinem sprach er darüber, wer der zweite Täter war, der mit dem Geld untertauchte. Seit einiger Zeit kam es den anderen Inhaftierten vor, dass Joe anfing, den Widerstand zu verringern. Und diese Information erhielt Gil Harnoff brennend heiß.

      Ebendarum war es nicht verwunderlich, dass Gil kurz darauf im Besucherzimmer des Gefängnisses auftauchte. »Hallo, Joe! Altes Haus, wie geht es dir? Ich habe gehört, du hast vor einiger Zeit eine krumme Sache gedreht, bei der sie dich erwischt haben. Na, und da ich zufälligerweise in der Gegend zu tun hatte, dachte ich, besuche doch deinen alten Kumpel Joe einfach mal. Und weil ich weiß, dass du so verrückt auf Obst bist, habe ich dir gleich einen ganzen Korb voll mitgebracht. Sicherlich wird keiner etwas dagegen haben, nicht wahr?!« Gil Harnoff gab das Körbchen mit den Früchten einen Aufseher. Der untersuchte das Geschenk gleich aufs Sorgfältigste.

      »Joe, erzähle doch mal, wie es hier so läuft.«

      Joe Patzkes Augen sahen sein Gegenüber teilnahmslos an. Er hörte davon, dass Gil das Geld aus dem Raubüberfall großzügig ausgab. Entgegen den Abmachungen. Der Besuch heute war reine Heuchelei. Ihn bei Stimmung halten, darum bemühte sich Gil mit bemerkenswerter Mühe.

      »Pass auf, Joe, wenn du hier heraus kommst, steigst du bei mir mit ein. Ich habe etwas Geld geerbt und mir ein kleinen Laden gekauft. Was hältst du davon?«

      Joe Patzke schwieg zu dem Angebot. Das waren leere Phrasen für ihn. Wenn er rauskommen würde, hätte Gil das Geld auf den Kopf gehauen, soviel war ihm klar. Im Knast hatte Joe genügend Informanten, die ihn auf dem Laufenden hielten.

      Für Joe Patzke gab es eine Möglichkeit wenigstens einen Teil der Beute zu retten. Er musste aus diesem verdammten Loch raus. Ein, zwei Tage genügten ihm vollauf, um das Finanzielle auf die Reihe zu bringen. Hinterher hätte Gil das Nachsehen. Morgen Nachmittag gab es einen Termin mit dem Polizeichef. Der beabsichtigte mit ihm über den zweiten Täter zu sprechen, der die Beute hatte. Taktik war angesagt, wägte Joe ab.

      »He, Joe, was ist