Christmas Eve. Angelika Nickel

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Название Christmas Eve
Автор произведения Angelika Nickel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847663485



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Die Urgroßmutter wandte sich ab. Eilig lief sie zum Backofen und holte das Blech mit den Weihnachtsplätzchen aus dem Ofen. „Das war knapp.“ Sie sah Laura an. „Sie sehen aus, als würden Sie eine Tasse Kaffee gut vertragen können.“

      „Gerne. Danke.“ Laura zog den Mantel aus und hängte ihn über die Stuhllehne.

      „Und du, Großer, möchtest du ein bisschen Wasser schlappern?“ Oma strich Vivaldi über den Kopf. Sie gab dem Hund Wasser, danach setzte sie sich mit, an den Tisch. „Der Kaffee ist gleich fertig.“

      „Danke.“

      „Sind Sie neu im Dorf, oder befinden Sie sich nur auf der Durchreise?“, erkundigte sich die ältere Frau.

      „Uns beide hat der Schneesturm überrascht, so dass wir gezwungen waren, Halt zu machen und uns ein Quartier zu suchen.“ Laura tätschelte Vivaldi, ohne den Blick von Rufus‘ Urgroßmutter abzuwenden.

      „Tatsächlich? Wo, sind Sie abgestiegen? Soweit ich weiß, gibt es seit Jahren in unserem Dorf keine Übernachtungsmöglichkeiten für Fremde.“

      „Ich bewohne zurzeit das Haus, am Ende des Dorfes.“

      Das Gesicht der alten Frau versteinerte. „Wo sind Sie abgestiegen? Dort hinten, dort in dem Haus?“

      „Ja. Was ist so schlimm daran?“, fragte Laura verwundert, nachdem der entsetzte Gesichtsausdruck der alten Frau, nicht aus ihrem Gesicht verschwand.

      „Hab’ ich mich eigentlich schon vorgestellt?“, lenkte die Urgroßmutter, von Lauras Frage ab. „Ich bin Emma Green. Ich gehöre, seit ich denken kann, in dieses Dorf. Ganz selten, dass ich von hier einmal rausgekommen bin.“

      „In dem Haus soll es spuken, sagen die Leute“, sagte der Junge, ohne den Blick zu heben.

      „Rufus!“

      „Aber, Oma, wenn es doch stimmt. Auch Opa Sam hat das gesagt. Und du weißt es auch“, verteidigte Rufus sich.

      „In welchem Haus spukt es?“, fragte Laura, und es kam ihr vor, als würde sich eine eiskalte Hand auf ihren Rücken legen.

      „Na, wo schon. In dem Haus, in dem du wohnst.“ Rufus schaute verunsichert zu seiner Uroma hin. „Wenn es doch aber stimmt, Oma.“

      „Niemand kann sagen, ob es stimmt, Junge. Es sind“, sie suchte nach Worten, während sie Laura fast entschuldigend ansah, „nichts weiter, als Gerüchte. Gerede, von Leuten, die nichts Besseres zu tun haben, als solche Geisterkamellen in die Welt zu setzen.“

      „Aber, Oma, du selbst hast dich doch erst letzte Woche mit Opa Sam darüber unterhalten, dass seit einiger Zeit nachts wieder Geräusche von dem Haus kommen würden.“

      Emma Green hustete verlegen. „Nun ja, ich wollte Opa Sam nicht enttäuschen, deshalb …“

      „Bitte, Mrs. Green, versuchen Sie nicht, mir etwas vorzuenthalten. Wenn es Gerüchte um das Haus gibt, dann wäre es gut, wenn Sie mich sie wissen ließen. Immerhin, ich habe vor, dort einige Tage zu bleiben.“ Lauras Blick lag bittend, auf Emma Green gerichtet.

      „Ich weiß nicht …“ Emma stand auf. Holte Tassen, Zucker und Milch und stellte alles zusammen, auf den Tisch. Anschließend nahm sie die Kaffeekanne von der Maschine und befüllte die Tassen. „Für dich, Rufus, nur halb Milch, halb Kaffee. Wie immer. Ohne Ausnahmen.“

      „Ach, Omi …“

      „Nein. Wie immer!“ Sie stellte die Kanne zurück. Setzte sich und sah Laura nachdenklich an. „Ich wüsste nicht, was es bringen sollte, wenn ich Ihnen von den Gerüchten erzähle. Es würde Sie nur unnötig in Angst versetzen. Und wozu? Immerhin, Sie haben diese Nacht, allem Anschein nach, unbeschadet in dem Haus verbracht. Von daher …“ Sie winkte ab. „Nein, ich glaube nicht, dass Sie dort ernstlich in Gefahr sein werden.“

      Als Laura etwas erwidern wollte, ging das Türglöckchen, und ein alter Mann rief: „Emma? Rufus? Seid ihr da? Habt ihr schon die Neuigkeit gehört, dass seit gestern, jemand in dem Spukhaus wohnt?“ Sam McLoyd betrat die Küche und hielt verschreckt inne, als er Laura sah.

      Emma stand auf, zeigte auf den letzten freien Platz am Tisch. „Setz‘ dich, Sam. Du willst doch sicher auch einen Kaffee.“

      Sam nickte nur. Sprachlos schaute er Laura an. Er konnte den Blick einfach nicht, von ihr abwenden, obwohl Emma deswegen, sich immer wieder laut räusperte und ihren Blick zwischen ihm und der jungen Frau, hin und her wandern ließ.

      „Ich bin Laura Mac Allister. Ich bin es, die seit gestern in dem Haus, am Ende des Dorfes, wohnt.“

      „Das habe ich schon befürchtet. Gleich, als ich Sie hier, bei Emma, sitzen sah.“ Der Mann schluckte. Im Nachhinein hätte er sich auf den Mund schlagen können, dafür, dass er, ohne zu wissen, ob Oma Besuch hatte, mit der Neuigkeit herausgeplatzt war.

      Laura lächelte schwach. „Sehe ich derart furchterregend für Sie aus, Mister …“

      „Sam. Sam McLoyd. Aber sagen Sie einfach nur Sam zu mir. Das tun alle.“

      „Danke, Sam.“ Laura sah ihn und anschließend Emma an. „Bitte, erzählen Sie mir mehr über Haus.“

       8 Der Beginn einer langen

       Geschichte

      Sam streifte die graue Wollmütze ab, die ihm Emma vor einigen Jahren gestrickt und zu Weihnachten geschenkt hatte. Zusammen mit seiner groben Tweed Jacke legte er sie auf einem Hocker im Flur, ab.

      Während er sich zu ihnen setzte, zog er eine Kaffeetasse zu sich heran und trank auch sofort. Über den Tassenrand hinweg,sagte er: „’s bitterkalt draußen.“

      „Jetzt erzähl schon von dem Spukhaus, Opa Sam“, bettelte Rufus, der für die Geisterhausgeschichte, sogar sein Buch zugeschlagen hatte; natürlich nicht, ohne zuvor das Lesezeichen zwischen die richtigen Seiten gelegt zu haben.

      „Rufus, wie oft muss ich noch …“

      „Lass ihn doch, Emma. Waren wir als Kinder nicht genauso? Erinnerst du dich so gar nicht mehr an die Zeit, als wir unseren Eltern an den Lippen hingen, wenn sie uns von irgendwelchen Spukgeschichten erzählten?“

      „Sam, ich bitte dich! Du untergräbst meine Erziehung“, entgegnete Emma, teils ernst, teils leicht amüsiert; denn natürlich hatte auch sie nicht, die Tage ihrer Kindheit, vergessen.

      Laura sah die Drei der Reihe nach an. „Bitte, Sam. Auch mich würde die Geschichte um das Haus interessieren“, bat sie.

      Sam seufzte. Ein Seitenblick auf Emma zeigte ihm, dass es ihr alles andere, als recht war, wenn er die Geschichte des Hauses erzählte. Aber in Anbetracht dessen, dass die junge Frau neben ihm, dort wohnte, in genau diesem Haus … War es da nicht sogar seine Pflicht, ihr von der Vergangenheit des Hauses zu erzählen? Er bat Emma nochmals um eine Tasse Kaffee, um sich anschließend Laura und Rufus gegenüber, geschlagen zu geben. „Wenn es nicht anders geht.“ Sein Blick wanderte zwischen den beiden hin und her. Emma schenkte er ein entschuldigendes Schulterzucken. Nach einem weiteren Schluck aus der Tasse, holte er tief Luft und fing, zu erzählen an: „Wie von euch beiden gewünscht; werde ich euch, die Geschichte des Hauses, erzählen.“

      Emma stand auf. Sie legte einige Plätzchen auf einen Teller und hielt ihn Rufus hin. „Rufus, du gehst jetzt bitte auf dein Zimmer. Dort oben kannst du ohnehin besser lesen, als hier unten. Hier wirst du nur durch unser Gerede gestört.“

      Rufus sah seine Oma entsetzt an. „Jetzt soll ich in mein Zimmer? Gerade jetzt, wo es doch erst richtig spannend wird! Nein, Omi, ich möchte hier bleiben. Ich will auch wissen, was über das Haus erzählt wird.“

      „Nein, Rufus, dafür bist du noch viel zu jung. Deshalb, bitte, nimm den Teller und dein Buch und geh’ nach oben.“

      „Oma,