Die Pferdelords 11 - Die Schmieden von Rumak. Michael Schenk

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Название Die Pferdelords 11 - Die Schmieden von Rumak
Автор произведения Michael Schenk
Жанр Языкознание
Серия Die Pferdelords
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783750236370



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„Sie soll nicht gleich das Schwert schwingen, Liebster. Doch es kann nicht schaden, wenn sie damit umzugehen weiß.“

      Kräftiges Pochen war an der Tür zu hören, und als sie aufschwang, standen Fangschlag und die Ehrenwache dahinter.

      Das Rundohr sah Nedeams Gesichtsausdruck und machte eine beschwichtigende Geste. „Es geht nicht um euren Jungwurf“, sagte er rasch. „Die Hochmark hat einen unerwarteten Gast. Einen hohen Gast, wie ich meine.“

      Hinter den beiden wurde eine dritte Gestalt sichtbar.

      Nedeams Augen weiteten sich. „Marnalf.“

      Kapitel 9

      Die Macht des Schwarzen Lords stützte sich vor allem auf die Masse seiner Legionen. Ihre Rundohren und Spitzohren wurden in den unterirdischen Bruthöhlen unter der Aufsicht der Brutmeister gezüchtet. Sie wuchsen in den Schleimbeuteln heran, umgeben von Nährschlamm. Ausreichende Nährstoffe und die richtige Temperatur waren die Grundvoraussetzungen dafür, dass die Würfe gelangen. Wer den Anforderungen der Brutmeister nicht genügte, wanderte zurück in den Nährschlamm und sorgte so für das Aufwachsen geeigneterer Legionäre. Die Bruthöhlen waren riesige Kavernen, heiß und voller Dünste. Die Decken der Gewölbe wurden durch gewaltige Säulen gestützt, und dies war auch erforderlich, denn der Allerhöchste schützte die Anlagen, indem er mächtige Festungen über ihnen errichtete. In diesen schmiedete man die Rüstungen und Waffen der Legionen, und dort entstand die Macht des Herrschers.

      Das große Beben, welches den Menschenreichen so viel Schaden zugefügt und den neuen Spaltpass hatte entstehen lassen, war auch am Reich des Schwarzen Lords nicht spurlos vorübergegangen. Im Gegenteil, zwei der Bruthöhlen waren ihm zum Opfer gefallen. Die Deckensäulen waren zerborsten und die von ihnen gestützten Festungen waren in die Hohlräume darunter gestürzt. Fertig ausgebildete und ausgerüstete Legionen und zahlreiche neue Würfe waren vernichtet worden. Weit schwerwiegender war der Verlust jener Grauen Wesen, die dort als Brut- oder Waffenmeister die Aufsicht geführt hatten. Nun mussten neue Bruthöhlen angelegt werden, und zahllose Orks waren damit beschäftigt, aus den Überresten zu bergen, was sich noch verwerten ließ. Dazu gehörten auch die Kadaver jener, die erschlagen worden waren und die nun den Nährschlamm anderer Bruthöhlen kräftigen sollten. Deren Wurfrate hatte man erhöht, um die Verluste rasch auszugleichen.

      Doch das große Beben beseitigte zugleich eines der größten Probleme des Schwarzen Lords. Im Verlauf der Jahrtausende waren unzählige Legionen gegen den Feind marschiert und nie zurückgekehrt. Legionen mit metallenen Waffen und Rüstungen, die verloren waren. Legionäre waren Wurfmaterial und leicht zu ersetzen, nicht jedoch das kostbare Metall. So waren im Land der Orks die alten Schlachtfelder der vergangenen Reiche abgesucht worden, und rostiges Metall wurde eingeschmolzen, um neue Waffen schmieden zu können. Das Material der Rüstungen und Waffen besaß nicht die Qualität, welche die menschlichen Schmiede hervorbrachten, was die Legionen schwächte.

      Dies war nun vorbei.

      Die zerstörerischen Erdstöße hatten im Bereich des Gebirges des Uma´Roll reichhaltige Erzadern freigelegt. Nie zuvor war der Reichtum an gutem Eisen so groß gewesen. In einigen Jahren würde das Heer des Schwarzen Lords eine ungeahnte Stärke erreichen. Aber das Beben gab dem Herrscher noch eine andere, überaus mächtige Waffe an die Hand.

      In einiger Entfernung von den Ausläufern des Uma´Roll war ein mächtiger Fels aus dem Untergrund geschoben worden. Er besaß die ungefähre Form des Dorns einer Stechblüte und war in einem Winkel von knapp sechzig Grad nach Südwesten geneigt. Er war zu jener Waffe geworden, die bei den wenigen Eingeweihten als „die Faust des Schwarzen Lords“ bekannt war.

      In diesem Augenblick standen einige der Grauen Wesen am Fuß des Felsdorns, und obwohl sie langlebige Magier waren, war ihre Ungeduld spürbar. Es war die Zeit kurz vor dem Sonnenaufgang, und es würde sicherlich ein angenehmer Frühlingstag werden. Doch die meisten der Grauen und der Orks schätzten die Hitze eines Sommertages, der an die Temperaturen in einer Bruthöhle erinnerte. Jetzt waberten die Morgennebel, und die Sicht war beschränkt. Unter den zehn Grauen Wesen, die hier versammelt waren, gab es nicht wenige, die fröstelten.

      Drei der Magier gehörten zu den wenigen Überlebenden aus der Festung und Bruthöhle von Cantarim. Obwohl der Wiederaufbau der Festung nahezu abgeschlossen war, hatte der Schwarze Lord eine neue Verwendung für sie gefunden.

      Die drei Gestalten unterhalb der „Faust des Schwarzen Lords“ ähnelten einander, und doch hätten sie kaum unterschiedlicher sein können. Obwohl sie alle eine menschenähnliche Statur besaßen, war Ardalf das einzige menschliche Wesen unter ihnen. Einst ein guter Grauer Magier, war er schließlich dem Schwarzen Lord verfallen. Auf seiner roten Robe prangten noch immer die Symbole eines Brutmeisters. Auch Santuals Antlitz war das eines Menschen, wenn man von den rötlichen Augäpfeln und den gelben Schlitzpupillen absah. Seine leicht hornige Haut machte ihn widerstandsfähig gegen die Hitze der Schmieden, und Santual war einer der führenden Waffenmeister. Er hatte als Erster die Möglichkeiten des Felsdorns erkannt. Santual litt besonders unter der morgendlichen Kühle und hatte sich eng in seine Robe gehüllt.

      Bar´Ses’ Menschenähnlichkeit hörte auf, wenn man seine Robe etwas genauer betrachtete. Sie schien ihm schlecht zu sitzen, dabei verbarg sie nur den reptilischen Schwanz und die lang gestreckte Schnauze mit den tödlichen Reißzähnen seiner Art. Seine grünbraun gesprenkelte Haut war schuppig wie die einer Schlange, und in den gelben Augen glitzerten schwarze Pupillen. Nur wenige Orks hatten je sein Angesicht gesehen, und noch weniger hatten dies überlebt. Bar´Ses war Auge und Ohr des Schwarzen Lords und herrschte in dessen Namen über die „Faust“ und alles, was vonnöten war, um sie zu nutzen.

      „Wir sind zu früh“, meinte der frierende Santual missmutig. „Wir hätten noch in der Wärme bleiben können, statt uns der Kälte auszusetzen. Die Vorbereitungen brauchen immer ihre Zeit, und zudem ist es dunkel und neblig. Wir müssen sehen können, was wir beherrschen sollen.“

      „Ja, die Vorbereitungen brauchen ihre Zeit“, gestand Bar´Ses mit dem ihm typischen leichten Zischen ein. Er deutete zur Spitze des Dornfelsens hinauf. Dabei verschob sich der Ärmel seiner Robe, und gebogene Krallen wurden sichtbar. Er strich sich über die Schnauze und witterte. „Zeit, die wir nicht beeinflussen können. Somit müssen wir uns bereithalten.“ Er sah Santual scharf an. „Und nötigenfalls ein wenig frieren. Ein geringes Opfer für die Macht des Allerhöchsten, findest du nicht auch?“

      Santual schrak zusammen und duckte sich zum Zeichen der Unterwerfung. „Natürlich. Genau das wollte ich zum Ausdruck bringen.“

      Jenseits der Klippe färbte sich der Morgennebel im Osten langsam rot. „Die Sonne steigt auf und gewinnt an Kraft“, sagte Ardalf leise. „Der Nebel wird sich nun rasch heben. Ich hoffe, es geschieht zur rechten Zeit.“

      „Es dauert, so lange es dauert“, warf einer der Grauen ein. Die schlichte Feststellung brachte ihm ein spöttisches Lachen von Bar´Ses ein.

      Ardalf winkte eine Gruppe von Spitzohren heran, die sich ängstlich abseits hielt. Nun kamen sie hastig heran, stellten eine Kiste mit Trinkgefäßen und Erfrischungen auf den Boden und beeilten sich, wieder aus der Nähe der unheimlichen Magier zu verschwinden.

      Bar´Ses schenkte sich frisches Wasser aus einem Krug ein. Ardalf bevorzugte Wein, während Santual seinen Pokal mit verdünntem Blut füllte. Letzterer schlürfte behaglich und schmatzte vernehmlich, wenn er etwas Geronnenes darin schmeckte.

      Der Nebel begann aufzureißen. Santual seufzte erleichtert, als ihn die ersten wärmenden Sonnenstrahlen trafen. „Endlich. Ich bin nicht für die Kälte geschaffen.“

      „Du bist geschaffen, um dem Willen des Allerhöchsten zu dienen“, wies ihn Bar´Ses mit scharfer Stimme zurecht.

      Santual verschüttete etwas von dem verdünnten Blut und leckte es begierig von seiner Hand. „So ist es, Bar´Ses, so ist es.“ Er deutete eine demütige Verbeugung an.

      Der Herr des Dornfelsens wandte den Blick zum Uma´Roll. An den Flanken des Gebirges breitete sich rötliches