Название | Die Pferdelords 11 - Die Schmieden von Rumak |
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Автор произведения | Michael Schenk |
Жанр | Языкознание |
Серия | Die Pferdelords |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783750236370 |
Um seinen Willen durchzusetzen, nutzte Marnalf meist seine Freundlichkeit oder die Überzeugungskraft von Argumenten. Wer sich dem verschloss, konnte erleben, welch gefährliche Waffe ein einfacher Stock war. Als Graues Wesen bevorzugte Marnalf es, seine magischen Kräfte verborgen zu halten. Für jene Grauen, die nun dem Schwarzen Lord dienten, mochte dies nicht gelten, aber er selbst fühlte sich den alten Traditionen verbunden. Ein Magier sollte das Leben der sterblichen Wesen begleiten, es beobachten und nötigenfalls den Lauf der Geschichte in die richtigen Bahnen lenken, doch er sollte niemals direkten Einfluss nehmen, es sei denn, sein Leben war bedroht.
Seit jedoch die anderen Grauen dem Schwarzen Lord verfallen waren, hatte auch Marnalf seine strikte Neutralität aufgegeben. Er fühlte sich den Menschenwesen verbunden und schätzte das Volk der Zwerge sehr. Seine Möglichkeiten, in den Kampf einzugreifen, waren allerdings begrenzt. Bislang hatte der Schwarze Lord seine Grauen Wesen nur selten eingesetzt. Bei den wenigen Gelegenheiten, zu denen sie in Erscheinung getreten waren, hatten sie eher im Verborgenen gehandelt, Unfrieden gesät und heimlich gemordet. Sie hatten meist ihre gestaltwandlerische Gabe eingesetzt und nur selten einen Zauber. Marnalf befürchtete, wenn er seinerseits offen in der Schlacht antrat und seine Magie einsetzte, würde auch der Schwarze Lord seine Zauberer in den Krieg führen. Marnalf wusste, dass dies mit seiner eigenen Niederlage enden würde, denn der Herr der Orks verfügte über viele Zehnen an Magiern. Eine Übermacht, der ein Einzelner nicht standhalten konnte. Warum hatte es der Schwarze Lord nicht längst versucht? Mit den Zaubern seiner Grauen Wesen hätte er die Armeen der freien Völker leicht überwinden können. Es war ein Rätsel, und Marnalf konnte nur hoffen, dass die Krieger der Menschen nie gegen die Magie der entarteten Grauen bestehen mussten.
Auch Marnalf beherrschte die Kunst, seine Gestalt zu wandeln. Er konnte die Form jedes Lebewesens annehmen, sofern es der ungefähren Masse seines eigenen Leibes entsprach. Ein Zwerg, ein Mensch oder Elf, ja, sogar ein Raubtier oder ein kleines Pferd … Eine Gabe, die es dem Feind schon manches Mal leicht gemacht hatte, sich unerkannt unter den Menschen oder anderen Lebensformen zu bewegen. Allerdings musste das Wesen, in das man sich verwandeln wollte, direkt berührt werden. Die Wandlung war zwangsläufig mit dem Tod des betroffenen Wesens verbunden und nahm eine gewisse Zeit in Anspruch, in welcher ein Magier nicht auf Gefahren reagieren konnte.
Marnalf wusste nicht, wie alt er war. Er hatte schon zu viele Generationen der Sterblichen kommen und gehen sehen. Hatte miterlebt, wie die Evolution ihre Wandlungen vollzog. Wie das Hornvieh größer wurde und dünneres Fell bekam, wie die pferdeähnlichen Stirnhörner vergingen, sich das Leben geänderten Bedingungen anpasste. Umso mehr freute es ihn, dass er noch immer Gefallen am Gesang der Buntflügler oder dem schlichten Anblick der Natur fand und er gegen diese Eindrücke nicht abgestumpft war.
Mit dem Frühling schienen die Reiche der Menschen in mehrfacher Hinsicht aufzublühen. Nicht nur Pflanzen und Tierwelt entfalteten jetzt ihre volle Kraft, nein, auch die Menschen zog es wieder hinaus. Während der Zeit von Eis und Schnee war der Handel überwiegend zum Erliegen gekommen, und nur wer unbedingt hinaus musste, hatte weitere Wege auf sich genommen. Nun waren die bunten Kasten- oder Planwagen der fahrenden Handwerker und Händler wieder unterwegs. Gruppen von Schaustellern zogen aus, um die kleinen Siedlungen aufzusuchen, und Handelszüge nutzten die gepflasterten Straßen, um Waren in die entferntesten Winkel zu bringen oder von dort zu holen.
Marnalf war ohne Begleiter unterwegs und hatte auf eine schützende Eskorte der Garde verzichtet. Solange man nicht wusste, was es mit den Feuerbällen auf sich hatte, wollte er möglichst wenig Aufmerksamkeit erregen. Ein Mann mit Schutzeskorte fiel in jedem Fall auf, denn er musste eine Persönlichkeit von Bedeutung sein. Ein einzelner Reiter war hingegen nicht ungewöhnlich. Der graue Magier wusste aus den Berichten der Garde, wo sich eine der Einschlagstellen befand, und er hoffte auf Hinweise, die ihm die Herkunft der Himmelsgeschosse erklären konnten. Es kam vor, das glühende Steine aus dem Himmel fielen oder nachts über das Firmament glitten und dabei Feuerschweife hinter sich herzogen, doch die Häufung dieser Erscheinungen verhieß nichts Gutes, zumal sie alle aus dem Osten, dem Reich des Schwarzen Lords, kamen.
Marnalfs Schätzung nach musste er die gesuchte Einschlagstelle bald erreichen. Er wickelte die Hartwurst in ihr Tuch und schob sie wieder in seine Satteltasche, nahm einen letzten Schluck aus der Wasserflasche und registrierte, dass er sie bald nachfüllen musste. Doch das war kein Problem, denn in der Ostprovinz gab es viele kleine Bachläufe und Seen.
Er ritt durch eine weite Ebene, auf der eine kleine Herde wilden Hornviehs graste, und sah vor sich eine sanft ansteigende Hügellinie. Hinter ihr sollte sich die Stelle befinden, nach der er suchte.
Kurz bevor er den Hügel erreichte, spürte er eine Präsenz. Es hatte nichts mit seinen magischen Fähigkeiten zu tun, sondern mit dem Instinkt, den jedes Lebewesen im Verlauf seines Lebens entwickelt. Er spürte, dass er beobachtet wurde. Marnalf konzentrierte sich und wandte die Macht der Aura an. Wer immer sich dort verbarg, die Ausstrahlung seines Bewusstseins würde seinen Standort verraten und auch, ob er feindlicher Gesinnung war.
An einer Stelle auf der Kuppe bemerkte der Magier einen zartblauen Schimmer und nickte unbewusst. Auf die Macht der Aura war Verlass. Dort verbarg sich tatsächlich ein denkendes Wesen. Die Farbe der Aura deutete auf Angst oder Vorsicht hin. Solange sich das Bewusstsein des Unbekannten nicht in feindseligem Rot offenbarte, bestand keinerlei Gefahr.
Marnalf war sich eines gewissen Risikos bewusst, als er langsam auf die Hügelkuppe zuritt. Jener, der sich dort befand, hielt sich geschickt verborgen, und obwohl der Magier durch die Ausstrahlung der Aura die ungefähre Position kannte, war es ihm nicht möglich, einen Körper zu sehen. Was er nicht sah, konnte er jedoch auch nicht mit seiner Magie bannen. Der Fremde wiederum war durchaus in der Lage, einen Pfeil oder Bolzen zu lösen, wenn er in seinem Versteck blieb.
Magie gab einem Zauberer keineswegs jene Art von Unbesiegbarkeit, die sich die Sterblichen darunter vorstellten. Man konnte sie auch nicht erlernen. Marnalf war schon manchem Menschen begegnet, der darauf gehofft hatte, es gäbe geheime Bücher oder Sprüche, die das Erlernen der magischen Kunst ermöglichten. Aber dergleichen gab es nicht. Einem Wesen musste die Gabe der Magie mit der Geburt verliehen werden, so schwach sie auch ausgebildet sein mochte. Nur dann konnte man sie schulen und vervollkommnen.
In gewisser Weise war Marnalf erleichtert, als sich auf dem Hügel eine Gestalt erhob und damit deutlich sichtbar wurde. Jetzt war es dem Fremden nicht mehr möglich, dem Magier zu schaden, denn was immer der Mann beabsichtigte, Marnalf sah ihn und konnte dem mit einem Bann begegnen.
Der Unbekannte trug nicht die übliche Tunika der Alnoer, sondern ein leichtes Wams und eng anliegende Beinkleider. Sie waren in gedeckten Farben gehalten und erlaubten es ihrem Träger, sich im Grün der Umgebung zu verbergen. An dem geflochtenen Ledergürtel hingen ein Messer und ein Pfeilköcher, den Bogen hielt der Fremde in den Händen, und Marnalf bemerkte sehr wohl, dass ein Pfeil auf der Sehne lag. Ohne Zweifel ein Jäger, und er hielt sich bereit. Marnalf konnte es ihm nicht verübeln.
Er hielt den Knotenstab weiter über den Schenkeln und hob eine Hand, als er in Rufweite des Mannes gelangte. „Seid gegrüßt, guter Herr, und ohne Furcht. Ich führe nichts Böses im Schilde.“
Der Mann blieb vorsichtig, und die Aura wankte zwischen Blau und beruhigendem Grün. Empfand der Fremde Furcht vor einem einzelnen Reisenden, obwohl er den Bogen bereithielt?
„Ihr seid fernab der Wege zu den Siedlungen.“
Marnalf lächelte. „Nun, auch Ihr seid wohl weit von ihnen entfernt. Ein Jäger muss wichtige Beute jagen, wenn er einen so weiten Weg in Kauf nimmt.“
„Ich habe wie Ihr ein gutes Pferd hinter dem Hügel.“
„Ihr jagt zu