Название | Und dann war Totenstille |
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Автор произведения | Rainer Ballnus |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738097375 |
„Schatz, ich weiß nicht…wenn nun doch jemand kommt.“
Die junge Frau hielt inne und lauschte.
„Aber Bienchen, Liebes, wer sollte uns hier stören? Sieh dich doch um. Alles nur Wald und viele, viele Büsche. Kein Mensch weit und breit. Vielleicht ein Hase oder ein…“
„Ach Thorsten, Liebster, du hast ja recht. Ich sehe überall Gespenster. Und dabei ist es doch nur wichtig, dass wir zusammen sind!“
Sie umschlang ihren heimlichen Geliebten, und sie küssten sich lange und intensiv. Plötzlich löste sie sich von ihm und schaute erschrocken nach rechts.
„Hörst du, Toddy, da kommt ein Auto!“
Ihre Stimme klang aufgeregt und schrill.
„Aber Bienchen. Das ist doch nur die Straße, auf der wir auch gekommen sind, nach Schönwalde“, gelang dem jungen Mann, seine Freundin zu beruhigen. Eng umschlungen gingen sie weiter, turtelten miteinander, blieben stehen, küssten sich heiß und innig. Für einen Moment schienen sie ihre Umwelt vergessen zu haben. Die junge Frau stellte sich auf Zehenspitzen, biss ihrem Freund zärtlich ins Ohrläppchen und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er schaute sie verlangend an, küsste sie, drehte seinen Kopf in alle Richtungen und flüsterte dann:
„Wart’ Schatz, ich suche uns ein lauschiges Plätzchen. Ich bin gleich wieder zurück.“
Er ging ein paar Schritte auf ein Gebüsch zu, nahm mit beiden Händen ein paar Zweige beiseite, war für einen Moment nicht mehr zu sehen. Doch dann hörte sie seinen kurzen Aufschrei, und wenig später stürzte er aus dem Gebüsch hervor, kreidebleich und an allen Gliedern zitternd.
„Da… da liegt ein Mensch, in Motorradkleidung…“. Und als er merkte, dass seine Freundin nachschauen wollte, da versperrte er ihr mit seinem Körper den Weg.
„Nein, Bienchen! Nein! Ich glaub’ der Mann ist… er ist tot!“
Sie hielt ihre Hand an ihren Mund und begann zu wanken. Der junge Mann fing sie auf, holte sein Handy aus der Jeans und drückte die Notruf-Taste 1-1-0.
Kröling wirkte nachdenklich. Was sollte er machen? Zum Arzt gehen, nur weil er Sodbrennen hatte? Die würden ihn doch auslachen in der Praxis. Früher, da hatte er alles mit seiner Ingrid besprechen können. Und immer, wenn er so dachte, erfasste ihn Wehmut. Die Kollegen und Freunde hatten wahrscheinlich recht. Er musste den entscheidenden Schritt ins Leben endlich wieder wagen. Seine Ingrid würde wahrscheinlich ein wenig schmunzelnd gesagt haben ‚wegen Sodbrennen zum Arzt, Liebling. Das vergeht doch wieder’. Aber da war ja noch was anderes. Sein ganzer Oberbauch krampfte manchmal derart, dass er kaum Luft holen konnte. Und nach dem Tod von seiner Frau dachte er nur an Krebs, wenn ihn irgendwelche Stiche oder Krampfanfälle plagten. Er hatte einfach Angst. Aber er traute sich nicht, mit jemandem darüber zu sprechen, auch nicht mit seinen beiden Mitstreitern. Liesa wäre die einzige, der er sich anvertrauen würde und einmal hatte er sogar etwas angedeutet, aber mehr auch nicht. Und Leo Oberhof, der Inspektionsleiter und damit sein Chef. Und er war nicht nur sein Chef, sie waren auch befreundet. Doch der arme Kerl hatte mit sich und seinem Schicksal selbst zu tun. Seine Frau war ein Jahr früher als Ingrid gestorben. Und damit nicht genug. Er selbst war danach auch erkrankt. Niemand wusste genau, was es war, was ihn manchmal über Wochen ausfallen ließ. Und auch Werner Kröling kam nicht an ihn heran. Er hatte das Gefühl, als wolle Leo Oberhof ihn bewusst schonen. Und auch der MK-Leiter verhielt sich aus gleichem Motiv sehr zurückhaltend seinem Chef gegenüber.
„Mensch, Werner, ich habe es doch vorgestern nicht so gemeint“, versuchte Liesa die verkorkste Stimmung ein wenig aufzuhellen.
„Was vorgestern?“, fragte der Chef der Mordkommission zurück, völlig aus seinen Gedanken gerissen.
„Na ja, mit den Kosten für die belegten Brötchen“, erklärte die Kollegin beschwichtigend.
„Ach was. Das ist doch Schnee von gestern. Nee, nee, lasst mich nur einfach in Ruhe, okay?“
Seit ein paar Tagen wurde er immer ungenießbarer. Doch Liesa Freseke und Jörg Unger wussten beide, dass sie nicht weiter nachbohren durften.
„Sag’ uns lieber, was der Alte von uns will“, forderte Jörg Unger seinen Chef auf, den Inhalt des Telefonats mit dem Direktionsleiter zu verraten. Werner Kröling hatte zwar vor zwei Tagen am Geburtstag von Jörg so geheimnisvolle Andeutungen gemacht, aber es dann doch vorgezogen zu schweigen. Es gab Personalplanungen, jedoch noch nicht ausgereifte. Aber gerade erst heute in der Kommissariatsleiterrunde beim Direktionsleiter waren die Konturen dieser neuen Personalplanung geschärft worden.
„Also gut, ihr habt es nicht anders gewollt. Und ich warne euch, es wird euch nicht schmecken…“
„Nun mach schon, Werner!“, forderte jetzt auch Liesa. „Schließlich haben wir ein Recht auf vollständige Informationen!“, setzte sie noch nach.
„Nun denn.“ Kröling lehnte sich in seinem Bürostuhl etwas nach hinten und fasste wieder reflexartig an seinen Bauch, nahm seine Hand aber sofort wieder von dort, weil er den ohnehin mitleidigen Blick seiner Kollegen nicht noch verstärken wollte.
„Der Alte meinte, wir hätten im Moment so’ne Art Sommerloch und…“
„Sommerloch?! Spinnt der?“, echauffierten sich beide Mitstreiter wie aus einem Munde.
„Siehe, ich habe es euch zuvor gesagt“, zitierte der Chef-Ermittler ironisch irgendeine Bibelstelle und grinste dabei.
„Na ja, jedenfalls meinte er, dass einer von euch…“, er stockte.
„Oh ne. Das hatten wir doch schon mal!“ Liesa drehte sich zu ihrem Kollegen Jörg um.
„Kannst du dich erinnern? Vor einem Jahr, da sollten wir die Kollegen vom Raub unterstützen und…“
„Dieses Mal sind es die Männer vom Einbruch, die um Hilfe schreien“, nahm Werner Kröling seinen Gesprächsfaden wieder auf.
Die beiden stöhnten laut auf. Der Grund dafür war nicht der, dass sie es für unter ihrer Würde hielten, in einer Einbruchssache zu ermitteln. Solche Kollegen gab es auch in ihren Reihen. Nein, sie begehrten deshalb auf, weil der Alte einfach keine Ahnung von ihrem Geschäft hatte. Der glaubte, wie die meisten, die keinen blassen Schimmer von Ermittlungen in Kapitalverbrechen hatten, dass es nach einem geklärten Mord nichts mehr zu tun gab. Und ihr letzter Mord, der lag gerade erst einen Monat hinter ihnen, ein ziemlich grässlicher sogar. Ein Fünfzehnjähriger hatte seine Mutter im Schlaf kaltblütig regelrecht „abgestochen“. Und genauso hatte er es in seiner Vernehmung ausgedrückt. Und das nur, weil sie ihm keine Taschengelderhöhung zugestanden hatte. Natürlich wussten sie alle, dass mehr dahinter steckte. Und genau das war ihr Job nach der Inhaftierung dieses jungen Mörders. Sie mussten an das eigentliche Motiv herankommen.
„Das darf doch nicht wahr sein!“ Jörg sprang auf und rannte wie ein Tiger durch das Büro seines Chefs.
„Kann denn nicht dein Freund Leo für uns eine Lanze brechen? Das hat er doch früher auch immer getan!“
„Ja, eben. Von dem hört man doch eh nur Gutes. Und so wie ich ihn kennen gelernt habe, weiß er doch genau, was wir Mordermittler tun, wenn wir gerade nicht in einem aktuellen Fall recherchieren“, ergänzte Liesa, die natürlich nicht die Erfahrung wie ihr Kollege Jörg einbringen konnte, die aber in der kurzen Zeit ihrer Zugehörigkeit bei der Mordkommission die Qualität von Leo Oberhof erkannt hatte. Das Telefon klingelte, diesmal bei Kröling direkt. Der nahm ab, hörte kurz hinein, bedankte sich und legte auf.
„Das waren die Kollegen vom Bezirksrevier Eutin, genauer gesagt, der Chef der Truppe, den ich persönlich kenne. Da ist ein Motorradfahrer tödlich verunglückt.“
Seine beiden Mitstreiter schauten ihn irritiert an.
„Der Kollege meinte, dass uns vielleicht der Name des Toten interessieren würde, ein gewisser Baader, der…“
„Christian Baader?“, platzte Jörg