Pferdesoldaten 4 - Das Fort der Verlorenen. Michael Schenk

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Название Pferdesoldaten 4 - Das Fort der Verlorenen
Автор произведения Michael Schenk
Жанр Языкознание
Серия Pferdesoldaten
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742770813



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sich nach den vermissten Wagen und deren Eskorte umsehen. Ich werde Ihnen zudem Befehle für Major Willcox übergeben. Die Iowa Volunteers bleiben mit Braxton als Besatzung im Fort. Auf der Rückreise werden Sie die dort stationierten Männer der 2nd U.S.-Cavalry nach Fort Winnebago bringen. Männer, die wieder in Ihr Regiment eingegliedert werden. Wie ich schon erwähnte, zieht die Armee ihre regulären Regimenter aus den Forts ab und ersetzt sie durch Freiwillige.“

      „Wann sollen wir aufbrechen?“

      „Ich werde Lieutenant Braxton befehlen sich am Morgen des kommenden Tages bereitzuhalten. Bis dahin ist alles verladen und bereit. Äh, ich will es nochmals betonen, Braxton befehligt den Zug der Iowa Volunteers, untersteht aber natürlich Ihrem Befehl, Gentlemen.“

      Kapitel 3 Nur ein paar Schritte

      Fort Duncan lag auf einem kleinen Hügel, der sanft anstieg und an drei Seiten von Wald umgeben war. Vor der südlichen vierten Seite, an der sich auch das Haupttor befand, erstreckte sich ein Stück Ebene. Bei klarem Wetter und idealer Sicht konnte man dort in der Ferne das Glitzern des Turkey River erkennen.

      Duncan bestand aus einer Ansammlung großer und kleiner Hütten, die man in Blockbauweise errichtet hatte und die von einer umlaufenden Palisade umgeben waren. Diese war nur knappe drei Yards hoch. Wer sich auf den Rücken eines Pferdes stellte, hatte wohl nicht viel Mühe sie zu erklimmen. An der Innenseite zog sich ein Wehrgang entlang, der nur an der westlichen Ecke von dem kleinen überdachten Wachtturm und im Süden vom zweiflügeligen Tor unterbrochen wurde. Es gab keinen Überbau des Tores, welches rechts und links von den Leitern der Aufgänge flankiert war.

      Ein kräftiger Wind wehte und umhüllte die Anlage mit seinem eisigen Hauch. Das Sternenbanner der Union knatterte am weiß gekalkten Fahnenmast, die Enden zerzaust und die Farben schon ein wenig ausgeblichen.

      Das Fort wirkte hastig und lieblos errichtet. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, das Holz zu schälen und die Rinde zu entfernen. Es war nur eine Frage der Zeit bis die Käfer die Arbeit der Menschen zunichtemachen würden.

      Die beiden Männer auf dem Wehrgang neben dem Tor kauerten sich zusammen. Sie hatten die Kragen hochgeschlagen. Gelegentlich stampften sie mit den Füßen und zogen die Hände tiefer in die Ärmel hinein. Einer von ihnen war First-Sergeant der 2nd U.S.-Cavalry, der andere ein Corporal der Infanterie. Sie beide sehnten das Ende ihrer Wache herbei, um sich endlich in den Baracken aufwärmen zu können.

      First-Sergeant Vaughn verfluchte den Umstand, dass es so wenige Männer im Fort gab. Normalerweise hatte sein Rang gewisse Privilegien. Wachestehen gehörte nicht dazu. Man kontrollierte die Wachen, statt sich die Füße platt zu stehen und sich Erfrierungen zu holen. Aber in Duncan war manches anders. Der bullige Unteroffizier blickte neidisch zum Wachtturm hinüber. Der Mann dort hatte wenigstens ein Dach über dem Kopf.

      „Es wird wärmer“, murmelte der Corporal.

      Vaughn wandte sich ihm zu. „Hast du den Verstand verloren, Hall, oder ist dir das Gehirn eingefroren?“

      „Komm schon, es fällt nur noch gelegentlich Schnee und der Wind ist längst nicht mehr so beißend.“

      „Na, wenn du das sagst.“ Vaughn zog den Mützenschild seines steifen Kepis etwas tiefer in die Stirn. „Ich glaube, da draußen tut sich was.“

      „Die Patrouille von Phillips?“

      „Sonst ist ja keiner von uns draußen.“ Vaughn lauschte angestrengt. „Hört sich an als brächte er Besuch mit.“

      „Deine Ohren möchte ich haben“, knurrte Hall. Dann nickte er. „Du hast recht, Sarge. Das sind Schüsse. Die Patrouille wird verfolgt.“ Der Corporal wandte sich zum Innenhof und holte tief Luft, doch Vaughn legte ihm die Hand an den Arm. „Warte. Es gibt keinen Grund, die Leute jetzt schon hektisch zu machen. Lass uns ein bisschen Spaß haben und zusehen, welches Rennen Phillips den Roten liefert.“

      Sie grinsten sich an und blickten wieder über die Palisade hinaus. Die Wache auf dem Turm hatte offensichtlich noch nichts bemerkt. Vielleicht war der Mann auch eingenickt. Ihnen allen fehlte Schlaf und es fehlte ihnen an ausgiebigen Mahlzeiten. Die Vorräte neigten sich dem Ende entgegen und die Patrouille war mit zwei Aufgaben hinausgeritten: Nach dem überfälligen Proviantzug zu suchen und eventuell etwas Wild zu erlegen. Stattdessen war der Lieutenant offensichtlich auf Indianer gestoßen.

      Im Augenblick sah man nur ein paar dunkle Punkte, die über die weite Fläche näher kamen. Das Gras war nicht vollständig von Schnee bedeckt. An vielen Stellen trat bereits das Grün hervor. Vereinzelt wagten sich schon ein paar Blumen ans Sonnenlicht.

      „Phillips hat einstecken müssen“, stellte Hall fest. „Zwei Reiter fehlen.“

      „Ja, aber der verdammte Lieutenant ist noch dabei.“ Vaughn spuckte über die Palisade. „Es erwischt immer die Falschen.“

      Die sieben Reiter bildeten eine lose Gruppe. Der Offizier ritt hinten und war an seinem dunkelblauen Mantel gut zu erkennen. Gelegentlich wandte sich einer der Kavalleristen im Sattel nach der Gruppe der Verfolger um. Es waren rund zwanzig berittene Krieger, die ihre Reittiere antrieben. Es war offensichtlich, dass sie die Soldaten nicht einfach nur zum Fort treiben, sondern sie tatsächlich einholen wollten. In so großer Nähe zum Fort war dies eher ungewöhnlich, denn sie mussten mit einem Ausfall der übrigen Besatzung rechnen.

      Die meisten Krieger ritten die typischen kleinen Ponys. Zähe Tiere, die es an Ausdauer mit den großen braunen Quarterhorses der Kavalleristen aufnehmen konnten. Der Vorteil der Braunen war ihr hohes Stockmaß und der raumgreifende Schritt. Zudem konnte ein Quarterhorse ein indianisches Pony förmlich über den Haufen rennen. Doch hier waren die Braunen am Ende ihrer Kräfte und ein paar der Krieger holten sichtlich auf. Vermutlich benutzten sie überwiegend ihre Bogen, denn Vaughn und Hall hörten keinen Schuss, als einer der Fliehenden vom Pferd stürzte, sich überschlug und dann leblos liegen blieb.

      „Einer weniger“, kommentierte Hall lakonisch und ohne echte Anteilnahme.

      „Leider wieder der Falsche“, stimmte Vaughn zu. Er sah erneut zum Turm. Der Mann hatte noch immer nichts bemerkt. Unter anderen Umständen hätte der First-Sergeant dem Kerl Beine gemacht, doch im Augenblick war ihm die Unaufmerksamkeit des Postens recht.

      Der First-Sergeant hob seinen Sharps-Karabiner und vergewisserte sich, dass er geladen und der Mechanismus gängig war. „Mal sehen … Die müssen noch ein gutes Stück näher kommen.“

      Hall nickte und überprüfte sein Gewehr. „Nehmen wir die Vordersten aufs Korn. Das wird sie vielleicht von einer weiteren Verfolgung abschrecken.“

      Vaughn grinste. „Das war eigentlich gar nicht meine Absicht.“

      Phillips und die verbliebenen fünf Kavalleristen kamen immer näher. Erneut waren Schüsse zu hören und diesmal schreckte der Posten auf dem Turm auf.

      Vaughn sah den Oberkörper des Mannes auftauchen und das überraschte Gesicht, mit dem er auf die Ebene hinaus sah. Der First-Sergeant grinste bösartig. „Alarm!“, brüllte er mit Leibeskräften in den Innenhof hinunter. „Lieutenant Phillips wird verfolgt!“

      Der Ruf wurde von zwei Soldaten im Innenhof aufgenommen. Soldaten stürzten aus den Gebäuden und vor der kleinen Kommandantur erschien Captain Banks, der die kleine Kavallerieabteilung der 2nd U.S.-Cavalry befehligte. Er trug die rote Offiziersschärpe quer über die Brust, was ihn als Offizier vom Dienst kenntlich machte.

      „Wehrgang besetzen!“, befahl Banks. „Sergeant Maier, Ihre Gruppe zum Ausfall bereit machen!“

      Vaughn grinste erneut. Es waren keine gesattelten Pferde in Bereitschaft. Bevor Maier für einen Ausfall bereit war, würde sich das Schicksal von Phillips´ Gruppe längst entschieden haben.

      „Sie haben einen erwischt“, kommentierte Hall zufrieden.

      Einer der Krieger war vom Pferd gefallen. Zwei andere ritten zu ihm und hoben den reglosen Körper über den Rücken eines Ponys, um den Gefallenen heimzubringen.