Natascha. Nadja Christin

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Название Natascha
Автор произведения Nadja Christin
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738011333



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      »In Ordnung, dann aber später, ich muss jetzt los. Mach dir einen gemütlichen Abend, genug Konserven sind noch im Kühlschrank. Auf bald.«

      »Ja, bis später dann«, meine Stimme klang gequält und ich hoffte inständig, dass Josh es nicht hörte.

      Seine Schritte entfernten sich.

      Ich blickte in den Spiegel über dem Waschbecken, er war völlig beschlagen.

      Ich hob meine Hand und wischte einen kleinen Bereich frei, genug um mir selber in die Augen zu blicken. Was ich sah, ließ meine Hand in der Bewegung erstarren und mich packte das nackte Entsetzen.

      Meine Augen brannten, sie standen in Flammen, das war mein erster Gedanke. Schnell kniff ich sie ein paar Mal zu, keine Schmerzen, also kein echtes Feuer. Langsam und vorsichtig öffnete ich sie wieder und blickte mich erneut im Spiegel an.

      Wo mal meine Iris war, befand sich jetzt ein Feuerstrudel, ein brennender Strudel aus Feuer. Das harmlose, nette Braun mit den goldenen Flitterstücken war verschwunden. Tief in dem Feuer, sozusagen im Kern des Strudels, sah man ganz klein die Pupillen, sie waren leuchtend rot. Das Feuer drehte sich immer wieder um die eigene Achse, ich starrte fasziniert darauf.

      Das gab es doch nicht, ich schüttelte meinen Kopf. Bei Vampiren kannte ich nur gelbe Raubtieraugen, mit schmalen länglichen Schlitzen als Pupillen.

      Gut, bei Ansgar nicht, ich sah seine roten Augen vor mir, in denen die rote Lava heiß und glühend vor sich hin floss, aber das war was anderes, er war eben anders, viel älter und er gehörte dem hohen Rat an, die waren wohl alle anders als wir.

      Wie kam ich nur zu diesen feurigen Augen und welchen Sinn hatten sie?

      Ich hatte genug und wendete mich ab. Dann musste ich eben mit Feuerbällen herumlaufen, den hohen Rat würde es schon nicht stören, die sahen bestimmt alle merkwürdig aus.

      Ich ging aus dem Keller in Joshs Laden. Düster war es, er hatte die Lichter ausgeschaltet. Ich ging zu seiner Hintertür und überlegte einen kurzen Augenblick, was ich denn machte, wenn er die Tür auch abgeschlossen hatte, ein Fenster zertrümmern? Aber die Hintertür war offen, ich ging raus und verschloss die Tür hinter mir.

      Ich machte mich auf den Weg, weit war es zum Glück nicht.

      Unterwegs ließ ich mir durch den Kopf gehen, was ich alles über den hohen Rat wusste, es war wirklich sehr wenig.

      Ich wusste, dass der hohe Rat aus acht Mitgliedern bestand vier Männer und vier Frauen, sie bildeten sozusagen den Kopf, dann kamen die Vertrauten und Abgesandten, wozu wohl auch Ansgar zählte. Was blieb, war eigentlich nur noch das Fußvolk, sprich der Rest der Vampire, also mich eingeschlossen.

      Die Mitglieder des hohen Rates waren allesamt alt, nicht bloß dreihundert, vierhundert Jahre, sondern irre alt. Eintausend Jahre und mehr. Den höchsten und mächtigsten der acht nannte man Alarich das bedeutete: über alles mächtig. Dann kam Falk, er repräsentierte Stärke und Klugheit. Ihm folgte Conrad, der Kühne im Rat, zuletzt war da noch Oberon, das bedeutete Herrscher überirdischer Wesen.

      Bei den Frauen war Sarah, die Fürstin, mit Alarich gleichgestellt, neben ihr Lea, die Löwenstarke, Eleonore, die Barmherzige und Asta, die Auferstandene.

      Eine schöne Bande von Vampiren, die mir wahrscheinlich sehr wenig Verständnis entgegen brachten. Ob Ansgar ihnen meine Vergangenheit schon berichtet hatte?

      Was tat ich eigentlich? Ich begab mich zu den Löwen, um mich von ihnen, den Tigern zum Fraße vorwerfen zu lassen. Würde mein Plan auch aufgehen? Werden sie Justin und Dennis fassen können, mit mir als Köder?

      Wollte ich das eigentlich auch? Ich stutzte kurz, wie war das? Ob ich das auch wollte? Natürlich wollte ich, dass die Beiden gefasst wurden, immerhin wollten die mich umbringen. Außerdem ermordeten sie Unschuldige und hatten es auf den hohen Rat abgesehen, somit auch auf Ansgar.

      Es war, als wären in meinem Kopf zwei Stimmen vor mir zu hören, eine die Justin bluten, die Dennis am Boden sehen wollte und eine, die sich lieber von Justin töten lassen würde, als selbst einzugreifen. Die immer noch das Gute in ihm sah und nicht das mordende Monster.

      Eine völlig Verrückte.

      Ich war innerlich hin und her gerissen, ich konnte mich nicht konzentrieren. Für eine Jagd hatte ich aber keine Zeit. Außerdem hatte ich heute schon so viel Blut getrunken, wie schon lange nicht mehr.

      Ich musste in mich gehen, mich sammeln. Mir fiel auch sofort ein, wo ich hin könnte, es war nicht weit.

      Ich blickte mich rasch um, ob mich jemand beobachtete. Dann rannte ich los, in Richtung Stadtmauer, auf die hohen Zinnen. Da wollte ich hinauf und den Nachtwind um mich wehen lassen. Da oben konnte ich wieder klar denken und würde den für mich richtigen Weg gleich wissen.

      Nach der Sache im letzten Sommer, war ich oft hier oben. Hielt Ausschau nach meinem nächsten Opfer und dachte nach. Nur über die Vergangenheit, die Zukunft interessierte mich nicht sonderlich.

      Ich existierte, tötete, trank Blut und irgendwann würde ich sterben, so sah meine Zukunft für mich aus.

      Und wie sah sie jetzt aus?

      Ich stellte meine Füße eng nebeneinander auf das bröckelige Gestein der alten Mauer, breitete meine Arme aus und legte den Kopf in den Nacken. Der Wind pfiff um mich herum und versuchte mich von den Zinnen zu stoßen. Er zerrte an meinen Sachen und wehte über meine kalte Haut.

      Langsam tauchte ich ein, in mein Innerstes und vergaß alles um mich herum.

      Wie immer kamen erst die Bilder, hunderte von Bildern. Von Dennis, als er noch ein kleiner Junge war und ich noch ein Mensch.

      Von Justin, als Franks Halbblut, das Bild, wie er in seinem Badezimmer blutend vor mir lag. Dann immer wieder, in Einzelbildern, wie ich ihn in einen Vampir verwandelte, ihn zum Monster machte. Die nächsten Bilder von Justin zeigten nur noch seine Augen, braune, schöne und böse Raubtieraugen. Im Hintergrund hörte ich andauernd das Geräusch, das entstand, als er mir mit einer raschen Bewegung das Genick brach und ich sah seine Gestalt, die mich im Staub achtlos liegen ließ und von mir weg ging.

      Ich erhielt keine eindeutige Antwort, aus meinem Innersten, nur zwei Stimmen, die sich um eine Antwort stritten. Die völlig verrückte Stimme, die in Justin noch den lieben Kerl sah und die, die ihn lieber tot als alles andere haben wollte.

      Ich gab es auf und sprang von den Zinnen. Ich konnte keine Entscheidung treffen, heute noch nicht.

      Aber ich war dennoch bereit für den hohen Rat, ich würde mich ihnen als Köder zu Verfügung stellen, dann sah ich weiter.

      Ich war mit einem Mal vor dem großen Rathaus, ging um die Ecke, hinter das Haus und stand vor einer Tür, es war offen, die Klinke ließ sich leicht herunter drücken. Ich holte tief Luft und ließ die Tür aufschwingen. Dann ging ich hinein.

      Ich musste einen dunklen, engen Flur entlang und stieß abermals auf eine Tür, sie war aus Holz und wirkte alt und verwittert.

      Kein Türgriff zu sehen, nur ein großer Ring in der Mitte. Auch sie stieß ich auf.

      Sie quietschte ein bisschen, ganz so, wie man das aus Horrorfilmen kannte. Ich musste grinsen, tolle Tricks haben die hier, dachte ich, mal sehen, was als Nächstes kam.

      Vor mir führte eine schmale Treppe in die dunkle Tiefe, sie bestand aus sehr alten Steinen, die bereits sehr abgetreten waren. Ich ging sie herunter, langsam, ich hatte einen Kloß im Hals und fühlte Angst in mir aufsteigen.

      Als ich endlich nach, mindestens hundert Stufen, unten ankam, stand ich in einer kleinen Halle, die Decke von Säulen getragen. Die Wände der Halle reich mit Mosaik verziert. An ihrem Ende sah ich eine hölzerne Doppeltür und davor standen zwei Burschen. Sie blickten mich entgeistert an. Ich ging auf sie zu, immer düsterer zogen sich ihre Brauen zusammen, je näher ich kam.

      Zwei Meter vor ihnen hielt ich an, sie hatten tatsächlich Schwerter in ihren Händen. Ich sah mir die Vampire