Kurzgeschichten Band I. Anna Katharina Bodenbach

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Название Kurzgeschichten Band I
Автор произведения Anna Katharina Bodenbach
Жанр Языкознание
Серия Kurzgeschichten
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742713643



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verloren. Doch glauben Sie mir: Es gab ihn wirklich. Viele meiner Kollegen halten mich oder meine Theorien für verrückt, doch sie sind wahr. Er steht heute noch für die Unsterblichkeit, und meiner Meinung nach steckt in jedem Mythos ein Funken Wahrheit…

      Einen Großteil des Textes überflogen die Zwillinge.

      Doch an einer Stelle wurden sie wieder aufmerksamer:

      … Das Ei muss in ein Feuer von 600 - 800°C gelegt werden. So hoch geschichtet, dass das Ei komplett verdeckt wird. Mindestens für sechs Stunden. Ein normales Lagerfeuer ist ausreichend, um das Leben in den ersten Zyklus zu schicken …

      »Kommt jetzt, wir wollen los!« Wieder einmal war es ihre Mutter, die sie unterbrach.

      »Sollen wir es ausprobieren?«, fragte Eric.

      »Ja, warum denn nicht? Lass uns zur Hütte gehen und ein Lagerfeuer mit dem Ei veranstalten! Wer weiß, was passiert«, antwortete Eric.

      »Sicher, dass wir es nicht einfach nur zerstören? Dafür ist es zu schön.«

      »Jan, Eric, kommt jetzt!«, forderte ihr Vater energisch.

      »Ja, wie kommen ja schon«, antworteten beide gleichzeitig.

      »Lass es uns probieren, wenn wir zurück sind!«

      »Okay.« Jan gab der Bitte seines Bruders nach.

      Ihr Vater rief erneut.

      »Müssen wir unbedingt mit?«, rief Jan zurück. Daniel streckte den Kopf zum Wohnwagen herein und schaute entgeistert.

      »Ihr beide liegt mir doch seit der Urlaubsplanung schon in den Ohren, dass ihr unbedingt Bogenschießen wollt, also kommt ihr nun auch gefälligst mit!«

      Gerade als Jan den Mund öffnen wollte, schnitt ihm sein Vater das Wort ab: »Keine Widerrede!«

      So verbrachten sie den halben Tag beim Bogenschießen, doch die beiden Jungs konnten nur an eins denken: das Ei. Immer wenn ihre Eltern vorrausgingen, planten sie, wie sie das mit dem Lagerfeuer am besten anstellten. Je später es wurde, desto unruhiger wurden die Jungs. Am liebsten hätten sie ihren Fund sofort in ein Lagerfeuer gebettet. Von sechs Stunden war auf der Internetseite die Rede. Wenn sie wie geplant um sechzehn Uhr am Wohnwagen ankämen, loszogen und ein Feuer machten,

      wäre die Zeit frühestens um dreiundzwanzig Uhr vorbei. Das würde Überredungsarbeit bei ihren Eltern kosten, doch beide beschlossen, dass es ihnen das wert war. Denn die beiden waren sich einig, bis zum nächsten Tag wollte keiner warten. Es musste eine Lösung her.

      Am Ende des Bogenparcours kam beiden eine super Idee. Sie wollten ihre Eltern dazu überreden, an der Hütte zur Klamm hin übernachten zu dürfen. Dort war es perfekt. Sie hätten ihre Ruhe, und eine Feuerstelle war auch schon da. Genug Holz würden sie schnell im Wald sammeln können. Jetzt galt es nur noch, die Eltern von ihrer Idee zu überzeugen.

      Kurz nach vier waren sie endlich wieder am Wohnwagen.

      »Wann sollen wir fragen?«, fragte Eric.

      »Lass uns kurz warten, bis Mama weg ist, denn bei Papa sind die Chancen größer, dass er uns die Übernachtung in der Hütte erlaubt«, antwortete Jan.

      »Das ist eine sehr gute Idee. Frag du dann, ja?«

      »Okay!«

      »Ich werde jetzt anfangen zu kochen!«, verkündete Jenny und verschwand im Wohnwagen. Nun hatten die Jungs ihre Gelegenheit, denn sie saßen alleine mit ihrem Vater draußen unter der Markise.

      »Du, Papa?«, fragte Jan.

      »Ja, was ist denn?«, sagte Daniel.

      »Ich wollte mit Eric zusammen heute mal draußen übernachten. Wir haben doch Schlafsäcke und Decken dabei, und es soll die Nacht über trocken bleiben. Dürfen wir? Bitte!« Seine Stimme überschlug sich fast beim Fragen,

      und es war ein Wunder, dass sich Jan nicht verhaspelte.

      Einen kurzen Augenblick herrschte Stille, und sein Vater zog die Stirn in Falten. »In Ordnung, ihr dürft, doch stellt mir keinen Unsinn an!«

      »Wir?«, fragte Jan ungläubig. »Wir würden doch niemals etwas anstellen.«

      Ihr Vater hob eine Augenbraue an und musste grinsen. Nach dem Essen bereiteten die Zwillinge alles für ihre Übernachtung vor. Kurze Zeit später standen sie mit gepackten Rucksäcken vor dem Wohnwagen.

      »Wo wollt ihr denn noch hin?«, fragte Jenny, die von ihrem Buch aufblickte und ihre beiden Jungs in voller Survivalmontur sah.

      »Hat dir Papa nichts davon erzählt?«, fragte Jan unschuldig.

      Jennys Blick wanderte zu Daniel, und Eric musste ein Grinsen unterdrücken. Daniel hingegen zuckte nur mit den Schultern. »Die Jungs sind alt genug, um mal unter freiem Himmel zu übernachten, Jenny. Du machst dir immer viel zu viele Sorgen.«

      »Und du weißt ganz genau warum. Da reden wir später noch mal drüber«, schnaubte Jenny und verschwand beleidigt im Wohnwagen. Doch das waren die Jungs schon gewöhnt, deshalb fragten die beiden nur noch ihren Vater, wenn sie etwas wollten, und ihre Mutter war beleidigt, weil sie nicht gefragt worden war. Doch meistens hatte sie sich nach einer halben Stunde wieder beruhigt.

      Die Zwillinge verabschiedeten sich von ihrem Vater und zogen los. Bei der Hütte angekommen, legten sie ihr Gepäck neben die Feuerstelle und begannen, Feuerholz zu suchen. Die Sonne neigte sich schon dem Horizont zu, und bis zur Dämmerung wollten sie genug Holz zusammen haben, um das Feuer lange genug am Brennen zu halten.

      Eine Stunde später lag ein riesiger Holzhaufen neben der Feuerstelle bereit. Eric begann, kleine, trockene Äste zu stapeln, und Jan entzündete das Feuer. Die Flammen züngelten an den morschen Stöcken empor, und es knackte ab und zu.

      »Wollen wir das Ei sofort in das Feuer legen oder warten, bis es richtig brennt?«, fragte Eric.

      »Meinst du wirklich, dass es überhaupt eine gute Idee ist, unseren Fund zu verbrennen?«, fragte Jan, der an Erics Idee zu zweifeln begann.

      »Ja, ich denke es ist das Beste, was wir mit diesem Ei machen können!«, gab Eric euphorisch zurück. »Wir sollten das Feuer schüren, bis wir richtig viel Glut haben. Dann legen wir das Ei hinein und schichten weiter auf. Das machen wir so lange bis die sechs Stunden rum sind.«

      »Meinst du, wir schaffen es, die ganze Nacht wachzubleiben?«

      »Klar, und wenn wir müde werden, können wir uns immer noch abwechseln. Jeder schläft immer eine halbe Stunde, und dann wechseln wir.«

      Das Feuer loderte. In der Mitte hatte sich bereits ein großer Haufen Glut angesammelt. Vorsichtig packte Jan das Ei aus, und Eric nahm es so achtsam es ging mit der Grillzange ihres Vaters, um es danach mitten in den roten Haufen zu betten. Vorsichtig schichteten die Jungs weitere Äste darüber.

      »Meinst du, es wird etwas passieren?«, fragte Jan.

      »Woher soll ich das wissen?«

      »Ich dachte nur, du hättest eine Vorstellung. Immerhin hattest du die Idee.«

      »Nein, doch wir werden es morgen früh wissen«, antwortete Eric.

      Eine Weile später hatten die Jungs ihr Lager am Feuer aufgeschlagen. Der Mond stand über ihnen am Himmel, und die Dunkelheit hatte das Land in Stille eingehüllt.

      Rechts und links neben dem Feuer lagen die Schlafsäcke der Jungen. Darunter hatten sie die Decken ausgebreitet.

      Jan lag schon, während Eric auf seinem Schlafsack saß.

      »Wie lang muss es noch brennen?«, fragte Jan gähnend. Eric schaute auf seine Armbanduhr, bevor er Antwort gab: »Noch etwa vier Stunden. Plus minus zehn Minuten oder so.«

      »So lange noch«, gab Jan gequält zurück.

      »Schlaf du ruhig, ich übernehme die erste Wache. Wenn ich müde werde, dann wecke ich dich einfach.«

      »Gut.«